Infotag zur Ausbildung bei Teppich Schmidt

In Sachsen bringt das Projekt "Betriebstage - Einstieg in die Berufswelt" Firmen und Schüler zusammen. Teppich Schmidt in Meißen hat die Chance ergriffen, sich hier als attraktiver Ausbildungsbetrieb zu präsentieren. BTH Heimtex war beim Besuch der Schüler dabei.

Schüler lernen Berufe und Betriebe kennen. Betriebe können sich präsentieren und Auszubildende finden. Das sind die beiden Ziele des Projekts "Betriebstage - Einstieg in die Berufswelt", das vom Zentrum für Technologiestrukturentwicklung in der sächsischen Region Riesa-Großenhain seit zehn Jahren angeboten wird (siehe Kasten).

Der Fachmarkt Teppich Schmidt in Meißen ist eine von 50 Firmen, die an dem Projekt teilnehmen. Inhaber Holger Schmidt sieht darin gleich mehrere Vorteile: Er steigert die Bekanntheit seines Unternehmens und kann sein Ausbildungsangebot bewerben. Er lernt Schüler kennen, die für eine Ausbildung bei ihm geeignet wären. Und das Programm bindet den Fachkräftenachwuchs regional.

Beim Termin Mitte September erwartet Holger Schmidt zwölf Schülerinnen, einen Schüler und zwei begleitende Pädagoginnen, um ihnen beim Rundgang sein Unternehmen und die unterschiedlichen Ausbildungsberufe im Betrieb vorzustellen. Als Fachmarkt für Bodenbeläge, Heimtextilien, Farben, Tapeten, Teppiche und Accessoires sowie Matratzen bildet er Raumausstatter und Bodenleger aus, zudem Kaufleute im Einzelhandel, für Büro und neu im E-Commerce für den Onlinehandel, dazu Handelsfachwirte, Mediengestalter und auch Fachlageristen. Von insgesamt 23 Mitarbeitern sind aktuell sieben Auszubildende im Betrieb, sieben haben im letzten Jahr ausgelernt. An leistungsstarkem und motivierten Nachwuchs ist Schmidt auch in Zukunft interessiert und informiert die Jugendlichen umfassend und mit Herzlichkeit über die Ausbildungsmöglichkeiten in seinem Unternehmen.

Informativer Rundgang
durch den Betrieb

In der Bodenbelagsabteilung erklärt Schmidt, wer Bodenbeläge verlegt und wie das geschieht. Zudem arbeitet er mit den Schülern die Vor- und Nachteile der einzelnen Bodenbeläge heraus. Und welcher Handwerker legt nun den Boden, fragt er nach. Bodenleger - ist klar; Raumausstatter auch. Und wer noch? Ja, die Maler. Es ist erstaunlich, welches Hintergrundwissen manche Schüler zu den Belagsarten bereits einbringen können oder wie von anderen interessiert nachgefragt wird. "Kann man die Musterböden, wie sie hier in der Abteilung zu sehen sind, auch mit Klickvinyl zu verlegen?" Nein. Und Schmidt erklärt, das die LVT-Muster verklebt werden müssen, weil das Verriegelungssystem der Klickvarianten hier weggeschnitten werden würde. "Im Gegensatz zu den Hartbelägen wie Holz und Laminat dämpft Teppichboden Geräusche. Er hat einen ganz anderen Gehkomfort und bindet Staub", erläutert der Inhaber den Schülern die Vorteile eines textilen Belags. Wer mit einer richtigen Antwort oder einer guten Frage auffällt, bekommt zur Belohnung ein Päckchen Gummibären. Die sind heiß begehrt und motivieren zum Mitmachen.

Eine Etage höher locken jedoch erst einmal die Matratzen und der elektrisch verstellbare Lattenrost. Beim Probeliegen wird etwas Schabernack getrieben. "Hier berät unsere Schlafberaterin, eine für den gesunden Schlaf eigens ausgebildete Fachverkäuferin", informiert Holger Schmidt und zieht die Jugend rasch weiter zur digitalen Farbberatung. Am Monitor werden mit einem Klick Wände eingefärbt und so Räume gestaltet. Begeistert probieren die Schüler einige Varianten aus und erfahren, dass hier Maler und Raumausstatter sowie Einrichtungsberater die Beratung übernehmen.

In den Kojen, die Schmidts Azubis im ersten Lehrjahr gestaltet haben, wird sofort klar, wie vielfältig der Beruf des Raumausstatters ist. Hier sind Räume mit Boden- und Wandbelägen, Stoffen und Möbeln dekoriert. Die Tapetenabteilung nebenan ist neu gestaltet als "Haus im Haus". Das Konzept zieht die neugierige Gruppe ins Innere, wo sich die Musterbücher befinden und Tische zum Blättern. Die Vielfalt des Angebots ist berauschend. Dass es neben Tapete, Farbe und Putz noch eine Alternative für die Wand gibt, zeigt Schmidt mit der Wandbespannung an der nächsten Koje. Das haben die Jugendlichen noch nie gesehen. Die Technik wir heute kaum noch genutzt, war früher aber ein gängiger Wärmeschutz an der Wand, betont Schmidt und weist darauf hin, dass auch diese Arbeit ins Metier des Raumausstatters fällt.

Beim gepolsterten Sofa stutzen die jungen Leute erneut, besonders beim Blick auf das Preisschild. "Wenn ein Polsterer fünf Wochen daran arbeitet, weil er erst alles alte entfernen muss, um es mit hochwertigem Material neu aufzubauen, sind 5.000 EUR wohl gerechtfertigt", sagt Schmidt. Das leuchtet ein.

Im offenen Nähatelier schauen die jungen Leute dann einem Raumaussatter beim Konfektionieren eines Dekoschals über die Schulter. Modedesignerin Alrike Gutsche arbeitet als Einrichtungsberaterin bei Schmidt. Sie stellt ihre Ausbildung über ein Bachelor-Studium selbst vor. Dass eine Modeberaterin Vorhänge berät, erstaunt die Mädchen. Doch von Gutsche hören sie, dass ihr das Betriebsklima wichtiger ist als die Tätigkeit selbst und es genauso schön sei, mit Kunden Räume zu gestalten wie Kleider.

Nach der Abteilung Sonnenschutz, die dem Raumausstatter technische Fertigkeiten in der Montage abverlangt, geht es ins Büro zu den Mediengestaltern. Ihr Berufsbild, das mit viel Kreativität und der digitalen Welt verbunden ist, erfreut sich großer Beliebtheit.

Eine begeisterte Raumausstatterin

"Welche Voraussetzungen muss man für den Beruf des Raumausstatters mitbringen?", fragt eine Schülerin zum Schluss. Sie ist begeistert von der Vielfalt des Berufs und den schönen Räumen und kann sich vorstellen, in der nächsten Stufe der Berufsorientierung bei Schmidt auch ihr eintägiges Betriebspraktikum zu machen. "Eine 3 in Mathe sollte es schon sein", erklärt Schmidt, denn Maße müssen genau berechnet werden können. Doch für ihn ist viel wichtiger, dass jemand Leidenschaft für den Beruf entwickelt. Alles andere könne man in den drei Jahren der Ausbildung lernen. Zudem spezialisierten sich viele auf einen Bereich, der ihnen am besten liegt.

Auf die Frage, welchen Berufswunsch die anderen haben, kommen einige konkrete Aussagen wie Elektriker, Erzieherin, Justitzbeamtin, Verkäuferin, auch ein "vielleicht" zu Mediengestalterin. Aber ein Ziel dieser ersten Projektphase ist auch, den Jugendlichen Alternativen zu ihren aktuellen Vorstellungen aufzuzeigen. | Silvia Mändle

Betriebstage: Einstieg in die Berufswelt
Seit 2008 veranstaltet das ZTS - Zentrum für Technologiestrukturentwicklung in Meißen das Projekt "Betriebstage - Einstieg in die Berufswelt". Im Schuljahr 2018/19 nehmen 220 Schüler daran teil, insgesamt waren es schon mehr als 2.200. Über das Schuljahr verteilt, läuft die Aktion in drei Phasen:

1. Präsentationsveranstaltungen
Den Schülern der Klassen 8 und 9 werden Firmen in der Region vorgestellt, die eine duale Ausbildung und Praktika anbieten.

2. Vertiefte Informationsveranstaltungen in
Unternehmen
Die Schüler wählen sechs Betriebe aus, in denen sie sich über die dort angebotenen Ausbildungsberufe genauer informieren.

3. Kurzpraktika
In drei der Unternehmen absolvieren sie ein eintägiges Kurzpraktikum im Ausbildungsberuf ihrer Wahl.

Das Projekt wird von der Bundesagentur für Arbeit und dem europäischen Sozialfonds gefördert. Weiter Informationen dazu bieten die Webseiten www.zts.de und www.facebook.com/Betriebstage/.
aus BTH Heimtex 01/19 (Handwerk)