Versiegeln von Altparkett mit breiten Fugen

Dünne Aufträge sind die beste Lösung


Beim Renovieren von Altparkett ist der Umgang mit breiten Fugen ein heikles Thema: Wird der geschliffene Boden neu versiegelt, kann überschüssiger Lack hineinlaufen und Parkettelemente zusammenkleben. Wie lässt sich diese Gefahr vermeiden?

Bei trockener Luft im Winter schrumpfen die Holzboden-Elemente und Fugen können entstehen, schließen sich aber wieder bei feuchterem Raumklima. Elastische Klebstoffe machen diese Bewegung mit. Im Altbau mit massivem Parkettbestand sind die Dielen meist noch auf eine Unterkonstruktion genagelt, breite Fugen sind hier nichts Ungewöhnliches. Im vorliegenden Fall soll in einer Altbauwohnung ein schönes, fast schon historisches Fischgrätparkett mit breiten Fugen abgeschliffen und mit Lack versiegelt werden. Die Fugen stören die Besitzerin nicht, aber der Handwerker ist unschlüssig - wie vermeidet er, dass allzu viel Lack hinein gerät?

Das Abschleifen ist kein Problem. Das Altparkett ist massiv, hält seine Ausgleichsfeuchte und liegt seit Jahrzehnten unbeeindruckt. Was aber passiert in den Fugen, wenn der Boden neu lackiert wird? Die Antwort darauf berührt zunächst ein gängiges Thema der Parkettlackierung: die Seiten- oder Kantenverleimung. Wenn überschüssiger Lack in die Fugen fließt, klebt er die Stäbe an allen Seiten zusammen. Ist diese Klebkraft stärker als das Holz, reißen beim winterlichen Schwinden des Parketts Holzteilchen von den Stäben. Und in sehr große Fugen kann sogar so viel Lack fließen und aushärten, dass die Stäbe keine Chance haben, bei Auffeuchtung des Holzes die Fugen zu verringern, geschweige denn zu schließen.

Wie lässt sich diese Gefahr vermeiden? Offenbar nicht völlig. "Mit dem Stein der Weisen können wir leider nicht dienen", bringt Dr. David Reindl von Dr. Schutz die Problematik auf den Punkt. Fraglos spielt die Verlegeart des Holzbodens eine Rolle. Ist er geklebt oder verdeckt genagelt - auf eine Spanplatte oder Balkenlage? Auf den ersten Blick ist das nicht immer zu erkennen. Aber im Altbau aus Vorkriegszeiten sind Balkenlagen der typische Untergrund. Darf man die Fugen bei genagelten Böden verkitten? Welche Produkte lassen sich einsetzen?

Hinweise aus der
Lackindustrie variieren

Jochen Röck, Pallmann
Anwendungstechnik:
Vor rund 100 Jahren steckte die präzise Holztrocknung, wie wir sie heute kennen, noch in den Kinderschuhen. Damit einhergehend, dürfte die Spreizung der Holzfeuchte der in das Bauvorhaben eingebrachten Parkettstäbe signifikant größer und höher ausgefallen sein als heutzutage. Auch die mittlere Holzfeuchte in Häusern dürfte damals höher gelegen haben, da Zentralheizungen, Wärmedämmverbundsystem sowie Mehrscheibenisolierglas noch nicht vorhanden, die Räume entsprechend kühler waren und damit die relative Luftfeuchte höher sowie die Holzfeuchte analog angepasst war. Dies hat zur Folge, dass heute - mit den baulichen Optimierungen - ein gewisser Fugenanteil dauerhaft vorhanden ist. Das herkömmliche Verkitten macht bei solch einem Boden keinen Sinn, da Bewegungen in der Konstruktion sowie die etwa vorhandene Fugenverunreinigung ein dauerhaftes Verschließen der Fugen verhindern.

Wünscht der Kunde nun eine Versiegelung - unserer Meinung nach wäre in solch einem Fall ein Öl vorzuziehen - kann ein Verfüllen der Fugen mit Lack nur dadurch verhindert bzw. reduziert werden, indem pro Versiegelungsauftrag weniger Lack eingesetzt und dünnere Lackschichten appliziert werden. Die zunächst geringere Menge an Lack auf der Parkettfläche kann problemlos mit einem zusätzlichen Versiegelungsauftrag kompensiert werden.


Marcel Schmidt,
Technischer Leiter Bona Deutschland:
Grundsätzlich empfehlen wir, Fugen während der Schleifvorgänge zu verkitten. Bona Mix & Fill für kleinere Fugen und Mix & Fill Plus für größere Fugen. So wird beim Versiegelungsaufbau eine Kantenverleimung verhindert. Das gilt auch, wenn der Boden geölt wird, da ein Eindringen von oxidativ trocknendem Öl in den Unterboden zu Geruchsbelästigungen führen könnte. Genagelte oder geschraubte Böden und Schwingböden können bzw. dürfen nicht verkittet werden. Hier gibt es jedoch Lacke mit einer sehr geringen Eigenspannung.


Günter Bochenek, Key
Account Manager Technik und Vertrieb Saicos Colour:
Bei einem historischen, ge-
nagelten Parkett auf Unterkonstruktion empfehlen wir kein Verkitten der Fugen, da diese sich durch etwaige auftretende Schwingungen beim Begehen des Parkettbodens lösen oder sogar herausbrechen können. Zu beachten ist beim Lackieren des Bodens, dass entweder eine wässrige Grundierung, eine farblose oder auch farbige Öl-Grundierung eingesetzt wird. Alternativ kann ohne vorheriges Grundieren Saicos Multi-Top-Lacksystem direkt aufgetragen werden. Grundsätzlich ist zu beachten, dass eine Versiegelung verwendet wird, die eine seitenverleimende Wirkung reduziert.


Dr. David Reindl, Laborleiter Dr. Schutz/Eukula:
Gibt es größere Kopffugen im Fischgrät, bedeutet dies normalerweise, dass die Holz-
elemente sich verschieben konnten. Da das Holz in Längsrichtung das geringste Quell-/Schwindmaß aufweist, kann eine größere Kopffuge nicht vom Schwund herkommen und wird auch in der feuchten Klimaperiode nicht zuquellen. Hat sich das Holz bewegt und einen Freiraum gebildet, muss irgendwo anders ein Freiraum zugegangen sein. Umgehen kann man mit Fugen auf verschiedene Weise:
-Zuspänen oder Ersetzen von Stäben gegen etwas längere, was handwerklich sehr aufwändig ist.
-Fugen zuspachteln und oberflächenbehandeln. Bei normalen Fugenkittlösungen ist mit verlängerten Trockenzeiten und stärkerem Einfall bei der Trocknung zu rechnen. Wenn sich das Parkett bewegt, ist ganz normaler Ausbruch aus den Fugen oder auch ein Aufstippen des Materials im Fugenbereich möglich. Das führt zu einer lokalen verstärkten Abnutzung und sollte dem Kunden angekündigt werden.
-Fugen offen lassen und Arbeitstechniken verwenden, mit denen nicht zu viel Material in die Fugen eingetragen wird. Im Falle einer Versiegelung ist es günstig, den Lack etwas dünner aufzutragen und dafür eine Schicht mehr vorzusehen. Mit Wasserlack vollgelaufene Fugen können Weiß werden; mit Öl-Kunstharz-Systemen kann es bei vollgelaufenen Fugen zu verlängerter Geruchsbelastung kommen. Im Falle einer Öl-Imprägnierung dünn mit der Rolle bis zur Sättigung der Holzoberfläche einarbeiten.
aus Parkett Magazin 01/19 (Handwerk)