Kleiner Fehler – Großer Schaden
Naturwerksteinbelag zerrissen: Fehlende PE-Folie sorgt für nicht gewünschten Verbund
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen ergänzend eingebauten Estrich ohne PE-Folie, der für Zugspannungen im Estrich sorgte, die wiederum zu Rissen in einem Naturwerksteinbelag führten.
In der hochbelasteten Fläche eines Shopping-Centers beanstandete der Bauherr ein Jahr nach der Inbetriebnahme Rissbildungen im Naturwerksteinbelag neben den vorhandenen Bewegungsfugen. Die Fußbodenkonstruktion besteht aus einem 70 mm dicken Zementestrich gemäß DIN 18560-4 auf Trennschicht. Darauf wurde nach dem Erreichen der Belegreife des Estrichs der Nutzbelag aus Jura-Kalkstein mit unterschiedlichen Breiten und Längen verlegt. Bei der betroffenen Fläche handelt es sich um ein Einkaufszentrum, in dem beidseitig Ladengeschäfte angeordnet sind. Die Flächen werden durch Kunden und Besucher stark frequentiert. Zusätzlich erfolgt die Warenlieferung für kleinere Geschäfte ebenfalls über diese Verteilerebenen.
Schaden: Rissbildungen mit und ohne Hohlklang
Beim Ortstermin konnte der Sachverständige feststellen, dass der Naturwerksteinbelag parallel zum Verlauf der Fugenprofile, die über einer Gebäudetrennfuge des Gebäudekomplexes angeordnet waren, Rissbildungen mit und ohne Hohlklang aufwies.
Die Risse im Belag setzen sich längs des Fugenprofils in den anschließenden Naturwerksteinplatten fort.
Ursache: Fehlende PE-Folie sorgte für ungewollten Verbund
Nach der Aufnahme einer Naturwerksteinplatte zeigte sich, dass der Riss deckungsgleich auch im Verlegeuntergrund vorlag. Bohrkernentnahmen auf dem Riss offenbarten außerdem, dass wiederum deckungsgleich mit dem Rissverlauf die PE-Folie endete, die vor dem Estricheinbau als Trennschicht verlegt worden war.
Der Einbau des Estrichs auf Trennschicht erfolgte vor der Montage der Fugenprofile. Der Estrich wurde mit einem Abstand von rund 15 cm neben der vorhandenen Gebäudetrennfuge abgestellt. Die Montage der Fugenprofile erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt. Nach der Profilmontage versäumt es der Verleger, die an der Estrichkante endende PE-Folie in dem Zwischenraum bis zum Fugenprofil zu ergänzen. Dadurch baute er die Estrichergänzung mit direktem Verbund zum Betonuntergrund ein.
Das hat zur Folge, dass die ergänzte Estrichplatte unterschiedliche Lagerungsbedingungen aufwies. Während die große Fläche auf Trennschicht liegt und sich frei bewegen und verformen kann, hat der schmale Ergänzungsstreifen einen Verbund zum Untergrund.
Dadurch werden die schwindungs- und temperaturbedingten Bewegungen und Verformungen eingeschränkt bzw. behindert. Das hat Zwängungen zur Folge, die zu einem Abriss zwischen Estrich und Ergänzungsmörtel führten.
Weiter hat sich bei den Bohrkernentnahmen gezeigt, dass die freien Ränder des Estrichs auf Trennschicht sehr schlecht verdichtet worden waren. Das führte am Rand zu einem mürben Mörtelgefüge mit geringen Festigkeiten.
Da der Ergänzungsmörtel zusätzlich ohne Haftbrücke zum bereits vorhandenen Estrich eingebaut wurde, förderte dies die Rissbildung in der Kontaktzone zur Estrichplatte zusätzlich. Dieser Riss hat zwangsläufig in den Naturwerksteinbelag durchgeschlagen und zu dem sichtbaren Schaden am Belag geführt.
Verantwortlichkeit: Verarbeiter der Estrichergänzungen haftet
Bei der Ausführung ist unbedingt darauf zu achten, dass der Estrich und die nachträglich eingebauten Estrichergänzungen die gleichen Lagerungsbedingungen aufweisen. Das heißt, vor dem Einbau des Ergänzungsmörtels hätte die PE-Folie, die bei einem Zementestrich auf Trennschicht generell zweilagig einzubauen ist, ergänzt werden müssen.
Gerade in der Sanierung wird immer wieder der Fehler gemacht, dass z. B. bei Estrichen auf Dämmschicht nicht die gleiche Dämmstoffgüte eingebaut wird bzw. an herausgerissenen Trennwänden aufgrund von fehlenden Höhen gänzlich auf die Dämmung verzichtet wird. Dadurch wird der Estrich an diesen Stellen "aufgestelzt". Er erhält punktuelle oder linienförmige Abstützungen innerhalb der sonst elastisch gebetteten Estrichplatte. Dadurch ist zum einen die freie Verformbarkeit des Estrichs behindert. Zum anderen wird in der Estrichfläche ein Mittelauflager geschaffen. Bei Lasteinwirkungen in den angrenzenden Flächen kommt es über dem "Auflager" zu Zugspannungen an der Estrichoberseite, die bei Überschreitung der Zugfestigkeit des Estrichs Rissbildungen zur Folge haben kann.
Estriche müssen auf der gesamten Fläche, zumindest aber innerhalb eines Estrichfelds, die gleichen Lagerungsbedingungen aufweisen. Wird dies nicht berücksichtigt, liegt ein Ausführungsfehler vor, den der Estrichleger bzw. der Verarbeiter zu verantworten hat, der die Estrichergänzungen vorgenommen hat.
aus
FussbodenTechnik 01/19
(Handwerk)