Kleiner Fehler – Großer Schaden: Wasserschaden sorgt für Estrich-Rückfeuchtung
Im Erd- und Obergeschoss eines Wohnhauses baute ein Estrichleger einen beheizten Zementestrich der Bauart A mit Glasfaseranteil ein. Nach dem vorliegenden CM-Messprotokoll des beauftragten Fliesenlegers war der Zementestrich in den Wohnräumen zum Zeitpunkt der Verlegung mit 1,7 CM-% belegereif. Sechs Wochen später kam es im Gebäude aufgrund eines undichten Rohranschlusses der Badewanne im Obergeschoss zu einem Wasserschaden. Dadurch bedingt traten 200 bis 250 l Wasser aus und liefen in den Fußbodenaufbau des Hausanschlussraums und der angrenzenden Räume im Erdgeschoss.
Eine Woche später veranlasste der Bauherr eine 14Tage dauernde technische Trocknung des Fußbodenaufbaus im Hausanschlussraum. Parallel dazu war die Fußbodenheizung der Heizestriche in Betrieb. Ein entsprechendes Aufheizprotokoll zum Funktionsheizen mit konstanter Vorlauftemperatur (drei Tage bei 25°C) wurde nicht vorgelegt oder existiert nicht. Nach Angaben des Bauherrn verlegte der Fliesenleger während der technischen Trocknungsarbeiten die keramischen Fliesen auf dem Boden.
In der Folgezeit stellte der Bauherr in den Erdgeschoss-Räumen mit Wohnzimmer, Küche, Speisekammer und Arbeitszimmer 1 sowie in den Obergeschoss-Räumen mit Bad, Flur und Arbeitszimmer 2 Absenkungen des Fußbodens sowie ein Abreißen der Dichtstofffugen fest.
Schaden: Massive Eckabsenkungen und Flankenabrisse an Dichtstofffugen
Alle EG-Räume zeigten 8 bis 12 mm tiefe Absenkungen des Estrichs an den Ecken und Wänden bis unter die Oberkante des Randdämmstreifens.
Die Bauteilöffnung ergab, dass ein falscher, rechtwinkliger und nicht paralleler Kleberauftrag an Estrich und keramischen Fliesen sowie Hohlstellen vorlagen. Feststellbar war zudem eine 8 bis 12 mm starke Absenkung des Zementestrichs.
Ursache: Wasserschaden und nicht vorhandene Estrich-Belegreife
Für die festgestellten Absenkungen und Abrisse kamen zwei Ursachen in Betracht: Zum einen die Wiederbefeuchtung des Estrichs in den Erdgeschossräumen, eine Folge des vom Gewerk Heizung und Sanitär verursachten Wasserschadens. Aufgrund der Verteilung des ausgetretenen Wassers im Fußbodenaufbau und der damit einhergehenden Wiederbefeuchtung des Estrichs hat der Verformungsmechanismus des beheizten Zementestrichs erneut stattgefunden, sodass unzulässig große Absenkungen auftraten oder sich diese zu den normalen Absenkungen addierten.
Nach den im CM-Protokoll enthaltenen Angaben war der Estrich nach dem Wasserschaden trocken bzw. belegreif. Tatsache ist, dass lediglich der Hausanschlussraum getrocknet wurde, sodass in den übrigen Räumen noch Wasser (Wasserdampf) im Fußbodenaufbau vorhanden gewesen sein muss. Dieser konnte erst allmählich austrocknen und eine Auffeuchtung des Estrichs verursachen. Ein Aufheizprotokoll legte der Handwerker nicht vor.
Zum anderen war die nicht vorhandene Belegreife des Estrichs zum Zeitpunkt der Fliesenlegerarbeiten ursächlich. Das festgestellte Schadensbild war typisch und spricht dafür, dass der Heizestrich zum Zeitpunkt der Fliesenverlegung nicht belegreif war. Nach dem vorliegenden CM-Messprotokoll wurde gemessen, dass der Heizestrich mit 1,7 CM-% belegreif war. Eine Woche zuvor kam es im Gebäude bekanntlich zu einem Wasserschaden. Danach erfolgte eine technische Trocknung des Fußbodenaufbaus im Hausanschlussraum.
Eine weitere, erforderliche CM-Messung führte der Fliesenleger nicht durch. Zudem erfolgte während der technischen Trocknungsarbeiten die Verlegung von Bodenfliesen, sodass eine Austrocknung des Estrichs nach oben stark behindert wurde bzw. nicht möglich war. Das im CM-Messprotokoll enthaltene Datum kann nicht korrekt sein, weil zuvor ein Wasserschaden eintrat, der zu einer viel höheren Feuchte im Estrich geführt haben muss. Der Estrich war eine Woche nach dem Wasserschaden nicht belegreif, zumal zu der Zeit noch keine technische Trocknung erfolgte.
Verantwortlichkeit: Heizungs- & Sanitärinstallateur sowie Fliesenleger haften
Aus rein technischer Sicht fallen die Ursachen in die Verantwortung der Gewerke Heizung & Sanitär sowie Fliesenlegerarbeiten im Verhältnis 70 zu 30 %. Ein Verursachungsbeitrag des Estrichlegers war nicht erkennbar, auch wenn keine Glasfasern im Estrich feststellbar waren. Ein Faseranteil im Estrich dient lediglich dazu, Frühschwindrisse zu minimieren. Die unvermeidlichen Verformungen eines zementären Heizestrichs können durch Faserbewehrung nicht vermieden werden, insbesondere dann, wenn der Estrich stark wiederbefeuchtet wird.
Bei seiner Kostenschätzung ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass der vorhandene Estrich verbleiben kann und nicht ausgetauscht werden muss, weil keine Risse im Fliesenbelag feststellbar waren. Er schlug vor, die Sockelfliesen tiefer zu versetzen. Die Sanierungs- und Trocknungskosten betrugen rund 20.000 EUR.
aus
FussbodenTechnik 04/19
(Handwerk)