Kleiner Fehler – Großer Schaden: Konstruktionen in Bibliotheken setzen höhere Verkehrslasten voraus

Fehlende Kommunikation, fehlende Aufbauhöhe


Im Neubau einer Universitätsbibliothek wurde bereits bei der Planung versäumt, genügend Aufbauhöhe für den Fußbodenaufbau einzuplanen. Gemäß der Tabelle 6.1 DE der DIN EN 1991-1-1 sind Bibliotheken in die Kategorie E 1.2 eingestuft. Demnach sind hier Einzellasten von 7 kN anzunehmen. Erschwerend kam hinzu, dass der Rohbauer die Rohbautoleranz der DIN 18202 mehr als zulässig ausschöpfte. Dementsprechend war bereits zu diesem Zeitpunkt der planmäßige Dämm- und Heizestrichaufbau nicht mehr realisierbar. Als wäre dies noch nicht genug, wurden vielfach Bodensteckdosen in sogenannten Bodentanks mit Blechkanälen verbaut.

Die rund 800 m2 große Fläche wurde mit einem Gesamtaufbau von 13 cm inklusive Bodenbelag geplant. Gemäß Leistungsverzeichnis sollte sich die Fußbodenkonstruktion wie folgt darstellen:

- 10 mm textiler Bodenbelag
- 65 mm Zementheizestrich F5 für 5 kN Verkehrslast
- 30 mm Trittschalldämmung mi einer Zusammendrückbarkeit von 2 mm (EPS DES 30-2 mm)
- 25 mm Wärmedämmung als Ausgleichsdämmung

Bereits hier hätte jedem Beteiligten und besonders dem Fachplaner klar sein müssen, dass dieser Aufbau nicht realisierbar war. So bat der Bauleiter den Sachverständigen, die verursachten Unebenheiten des Rohbauers zu überprüfen, da der Estrichleger bereits sogenannte Mehrdicken im Estrich angemeldet hatte. Die tatsächlichen Rohbauhöhen im Objekt lagen zwischen 11,5 bis 16,5 cm Gesamtaufbauhöhe bezogen auf den bauseits vorhandenen Bezugspunkt.

Anhand dieser Fakten war offensichtlich, dass entweder sämtliche bereits verlegten Bodentanks samt der Anbindungskanäle und Rohrleitungen entfernt oder die Aufbauhöhen angehoben werden mussten. Da der Planer der Argumentation des Sachverständigen nicht auf Anhieb folgen wollte, zog man hierzu ein weiteres Ingenieurbüro hinzu, das nach einiger Zeit einen neuen Aufbau mit geänderten Höhen freigab. Resultierend daraus wurde dann in Abstimmung mit dem Bauherren auch der Begriff "Bibliothek" auf dem Papier in den Begriff "Ausstellungsfläche" modifiziert. Dadurch wurden die Einzellasten von 7 auf 5 kN (Tabelle 6.1 DE Kategorie C3) reduziert.

Nachdem sowohl der Fahrstuhl als auch die Toilettenanlagen auf die neue Höhe angepasst worden waren, konnte der Estrichleger mit seinem zementären Leichtausgleich eine ebene Fläche zur Aufnahme der Trittschalldämmplatte - auch Tackerplatte genannt - herstellen.

Seitens des TGA-Fachplaners für die Heizanlage wurde der Fugenplan erstellt und der Heizungsbauer mit der Umsetzung beauftragt. Jedoch wurde auch an dieser Stelle nicht miteinander kommuniziert und auch seitens des Fachplaners etwas vergessen: Die gesamte Fläche sollte lediglich über zwei Raumthermostate geregelt und ein textiler Belag verlegt werden. Der Heizungsmonteur teilte die Estrichflächen wie vorgegeben bei jedem Heizkreis. Diese übernahm auch der Estrichleger und baute seinen Zementestrich ein.


Schaden

Fehlende Höhenversatzdübel
an den Bewegungsfugen

Das so entstandene Erscheinungsbild erschien dem Bauleiter unüblich, sodass dieser erneut zum Hörer griff und den Sachverständigen auf die Baustelle bat. Am darauffolgenden Tag konnte sich der Sachverständige vor Ort ein Bild der Situation machen. Er stellte fest, dass der Estrichleger ohne einen fachlichen Einspruch den Estrich verlegte.

In Absprache mit Bauherrn und Bauleiter wurden die Estricharbeiten am zweiten Einbautag gestoppt. Der Sachverständige wies auf das Nichtvorhandensein der notwendigen Höhenversatzdübel an den Bewegungsfugen hin, da die lotrechte Flächenlast gemäß DIN EN 1991-1-1 immerhin 5 kN betrug. Auch wurde anschließend die Menge der Bewegungsfugen auf das notwendige Maß reduziert. In der Folge konnte der Estrich fachgerecht eingebaut werden.

Das nachträgliche Einarbeiten der Höhenversatzdübel und anschließende Überarbeiten der nicht notwendigen Bewegungsfugen wurde als Sonderkonstruktion vom Klebstofflieferanten empfohlen. Die Arbeiten führte der Bodenleger kostenpflichtig aus.


Ursache

Fehlende Kommunikation
und Fachwissen der Beteiligten

Die Ursache der im Bauvorhaben entstandenen Verzögerungen, Umplanung, Nacharbeitungen und daraus resultierenden Kosten sind aus Sicht des Sachverständigen nur dadurch entstanden, dass keinerlei Absprachen stattfanden. Lediglich der Bauleiter hatte zeitweise Bedenken bezüglich der Ausführung und kontaktierte den Sachverständigen. So konnte glücklicherweise ein großer Schaden abgewendet werden. Nicht daran zu denken, was beim Einräumen der Bibliotheksregale passiert wäre, wenn die Konstruktion wie zu Beginn geplant auch umgesetzt worden wäre.

Glücklicherweise kam es in diesem Fall nicht zu gravierenden Schäden. Jedoch ist es schockierend, dass an dieser Baustelle kein Planer, Bauherr, Architekt und Handwerker - darunter Heizungsmonteur, Estrichleger und Bodenleger - eingegriffen haben, nachdem der Heizungsfachplaner derart viele Fehler machte.

Möglich war diese Situation jedoch nur, da sich niemand der hilfreichen "Schnittstellenkoordination" bediente. In dieser Ausarbeitung wird sehr ausführlich für jedes Gewerk abgestimmt koordiniert, wer welche Arbeiten zu welchem Zeitpunkt mit Protokollen und Checklisten durchzuführen hat. Auf Nachfragen konnte sich keiner der beteiligten Handwerker daran erinnern, die Schnittstellenkoordination jemals benutzt zu haben.


Verantwortlichkeit

Fachplaner für Heizung haftet

Da es sich hierbei zweifelsfrei um planerische Fehlleistungen handelt, trägt der Fachplaner die Sanierungskosten. Die Kosten für das nachträgliche Einbauen der fehlenden Höhenversatzdübel des ersten Einbautags trägt der Estrichleger. Er hätte wissen müssen, dass bei höheren Verkehrslasten als im Wohnungsbau die Bewegungsfugen gegen Höhenversatz zu sichern sind.
aus FussbodenTechnik 05/19 (Handwerk)