Highlights der Frühjahrsauktionen 2019

Wilde Kelims und dekorative Schätze

Ob Old-School-Klassiker oder neuere "Youngtimer", ob Sammlerstücke oder einzigartige Deko-Stücke für das Vintage-Interieur des Kunden: Wer ganz besondere Teppich-Schätzchen sucht, ist auf Auktionen am richtigen Ort. Aber wo anfangen? Unsere Gastautoren Shervin Ghorbani und Yohann Gissinger bieten auf der Webseite www.rugmob.com einen Überblick über alle relevanten Teppichauktionen. Für Carpet! Magazine haben sie die Highlights der renommiertesten Häuser im ersten Halbjahr unter die Lupe genommen - und einen Auktionskalender für das restliche Jahr zusammengestellt. | von Shervin Ghorbani & Yohann Gissinger

Ob Old-School-Klassiker oder neuere "Youngtimer", ob Sammlerstücke oder einzigartige Deko-Stücke für das Vintage-Interieur des Kunden: Wer ganz besondere Teppich-Schätzchen sucht, ist auf Auktionen am richtigen Ort. Aber wo anfangen? Unsere Gastautoren Shervin Ghorbani und Yohann Gissinger bieten auf der Webseite www.rugmob.com einen Überblick über alle relevanten Teppichauktionen. Für Carpet! Magazine haben sie die Highlights der renommiertesten Häuser im ersten Halbjahr unter die Lupe genommen - und einen Auktionskalender für das restliche Jahr zusammengestellt.


Originell und dekorativ: In der Kategorie "Youngtimer" kam am 23. März 2019 bei Rippon Boswell in Wiesbaden Teil zwei der Sammlung von Theodor Poppmeier zur Auktion. Hauptsächlich seltene anatolische Kelims, aber auch ein paar wilde marokkanische Stücke, die das Interesse von Einrichtern wie von Teppichliebhabern mit einem Faible fürs 20. Jahrhundert auf sich zogen.

Noch ein spannendes - nicht-orientalisches - Lot hatte die Frühjahrsauktion von Rippon Boswell am 25. Mai 2019 im Angebot: einen deutscher Teppich (Lot 246), der sich in jeder Art von Einrichtung gut machen würde.

Wilde Kelims

Die Austria Auction Company vertraut dem Markt - und hat sich vom Prinzip der Mindestgebote verabschiedet. Für Käufer wie für Verkäufer bringt das zusätzlichen Nervenkitzel in die Auktionen: Bei außergewöhnlichen Stücken können die Gebote sehr hoch steigen, umgekehrt lassen sich oft einzigartige Stücke zu sehr interessanten Preisen erwerben.

Sehr erschwinglich waren zum Beispiel die beiden rustikalen persischen Kelims, die im Frühjahr bei der Austria Auction Company für 2.000 bzw. 900 EUR verkauft wurden: Mit ihrer optischen Wirkung wären sie eine tolle Ergänzung für jedes Interieur und passen selbst zu sehr modernen Stilrichtungen.

Faszinierend, sammelbar und modern

Auf der "Antiques, carpets & varia" am 27. Februar 2019 bei Bruun Rasmussen wurde ein antiker Kazak für berechtigte 18.000 USD (15.977 EUR) verkauft: Er gehört zu der kleinen Reihe von Kazaks mit weißem Medaillon, die in dem Buch "Rugs of the Caucasus" von Ian Bennett und Asis Bassoul (2003, S. 96, Abb. 24) vorgestellt wurden.

Meisterwerke, Symmetrie
und Harmonie

Im Auktionshaus Material Culture in Philadelphia stieg am 29. April 2019 eine Auktion zum Thema "Fine Antique Oriental Rugs". Ein höchst dekorativer Mohtaschem-Kaschan der alten Schule in sehr gutem Format (284 x 376 cm) gehörte hier zu den Highlights:

1978 war er auf der Deutschen Kunst- und Antiquitätenmesse in München ausgestellt und wurde in Eberhart Herrmanns Buch "Von Lotto bis Tekke: Seltene Orienttepiche" (München, 1978, S. 45 und 49, Nr. 44) veröffentlicht.

Historische Kunst und
wiederentdeckte Antiquitäten

Am 1. Mai 2019 konnten Teppichfans bei Sothebys in London einen extrem seltenen Seidenteppich aus dem Westiran (Joshaghan?) bestaunen: Datierung und Signatur weisen darauf hin, dass er im Auftrag von Vizeregent Baba Khan entstanden ist, dem späteren iranischen König Fath-’ali Shah qajar. Das antike, leuchtend gelbe Kunstwerk aus dem Jahr 1791 scheint zudem der älteste bekannte Seidenteppich aus der nach-klassichen Ära zu sein.

Ein wahres Museumsstück kam ebenfalls unter den Hammer: Der extrem seltene "Holbein"-Teppich mit zweifarbigem Grund und kleinteiligem Muster stand am 25. Mai 2019 bei Rippon Boswell zum Verkauf. Ulrich Brandt hatte ihn von seinem Heidelberger Hochschullehrer, dem Philosophie-Professor Erhard Scheibe (1927-2010), gekauft. Bis zu dieser Auktion war der Teppich unveröffentlicht. Jetzt wurde er zum Hammerpreis von 180.000EUR verkauft - keineswegs zu teuer für ein solches Stück.

Rekordpreis-Teppiche
für Museen und Investoren

Die Auktion Nr. 17177 des berühmten Auktionshauses Christie’s zur Kunst aus den islamischen und indischen Kulturwelten ("Art of the Islamic and Indian Worlds") am 2. Mai 2019 brachte Rekordpreise für zwei wichtige Safawiden-Polonaise-Teppiche mit Seide und Metallfaden. Zusammen erreichten die beiden Teppiche ein Ergebnis von fast 7,6 Mio. GBP (8,4 Mio. EUR). Höchstwahrscheinlich waren die beiden seltenen und außergewöhnlichen Stücke seit ihrer Entstehung vor über 400 Jahren nie getrennt.

Solch ein Preislevel übersteigt zwar die Budgets der allermeisten Bieter. Doch das rekordverdächtige Beispiel zeigt die riesige Vielfalt, die die Auktionslandschaft für alle bereithält, die sich aufmachen, sie zu entdecken.•
Wilde Kelims und dekorative Schätze
Foto/Grafik: Austria Auction Company
Sammlerteppich ohne Mindestgebot: Ghaschghai-Kelim (Lot 50, Austria Auction Company), Persien, um 1900, 262 x 159 cm. – Verkauft für 2.000 EUR
Wilde Kelims und dekorative Schätze
Foto/Grafik: Rippon Boswell, Wiesbaden
Pommerscher Fischerteppich (Lot 246, Rippon Boswell), Ostdeutschland, Pommern, Mitte 20. Jh., 182 x 105 cm. - Schätzung (nicht verkauft): 1.200 EUR
Wilde Kelims und dekorative Schätze
Foto/Grafik: Christie‘s
Safawiden-Polonaise’-Teppich (Lot 255, Christie’s), Isfahan, Zentralpersien, 1. V. 17. Jh., 201 x 145 cm, Seide und Metallfaden. – Verkauft für 3.724.750 GBP (4.149.030 EUR)
aus Carpet! 03/19 (Teppiche)