Gastbeitrag: Gute Akustik nach Plan
Raumausstatter und Inneneinrichter sollen immer häufiger einen Raum nicht nur schön machen, sondern auch für eine gute Akustik sorgen. Wie diese Nachfrage professionell und technisch versiert bedient werden kann, erklärt Sabine Wiegand, Geschäftsführerin vom FHR. Eine gute Raumakustik ist für das Wohlbefinden und die Aufenthaltsqualität in Räumen unabdinglich. Sie hat darüber hinaus einen großen Einfluss auf unsere Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Aber was ist eigentlich eine gute Raumakustik?
Das lässt sich nicht so einfach definieren. Es kommt dabei auf die Anforderungen an, die an einen Raum gestellt werden; sie sind also nutzungsabhängig. Daher gehört zu einer professionellen raumakustischen Planung ein individuell abgestimmtes Beratungskonzept. Das macht die Raumakustik zu einem umfangreichen und spannenden Betätigungsfeld, das viele Möglichkeiten bietet.
Die Nachfrage steigt
Im Objekt- und auch zunehmend im Privatbereich ist eine steigende Nachfrage nach Akustikoptimierung in Räumen zu verzeichnen. Das erfordert eine entsprechende fachliche Beratung und daran anknüpfend deren praktische Umsetzung. Um eine kompetente Beratung bieten zu können, sollten Planer, Handwerker und Fachhändler die Grundlagen der Akustik kennen. Das notwendige Akustik-Wissen sollte in einem Seminar oder Lehrgang mit Dozenten aus der Praxis erworben werden.
Jeden Raum
individuell beraten
Um den Begriff Akustik besser spezifizieren zu können, unterscheidet man innerhalb von Gebäuden zwischen der Bau- und der Raumakustik. Die Raumakustik beschäftigt sich mit dem Schallereignis im Raum, wobei sich also die Schallquelle innerhalb des Raums befindet. Die Bauakustik dagegen definiert die Schallausbreitung über Räume, Bauteile, Stockwerke usw. hinweg, bezeichnet also die Schallübertragung zwischen den Komponenten beziehungsweise zwischen dem Innern eines Raumes und außen.
Die Nachhallzeit ist die wichtigste Kenngröße der Raumakustik. Deren Beurteilung hängt von mehreren Faktoren ab wie zum Beispiel vom Raumvolumen, den Oberflächen der Begrenzungsflächen sowie der Inneneinrichtung des Raumes.
Eine zu lange Nachhallzeit lässt einen Raum "hallen". Das ist oft im Inneren einer Kirche der Fall. Umgekehrt lässt eine niedrige Nachhallzeit einen Raum "trocken" klingen, wie es etwa in Tonstudios erwünscht ist. Diese Beispiele zeigen, dass es eine ideale Nachhallzeit nicht gibt, weil sie stark von der Nutzung eines Raumes und der darin vorgesehenen Tätigkeiten abhängt. Die DIN 18041:2016 "Hörsamkeit in Räumen" definiert Anforderungen und gibt Empfehlungen und Hinweise für die Planung.
Absorber schlucken Schall
Wenn die Raumakustik während der Planungsphase nicht genügend beachtet wird, entstehen in diesen Räumlichkeiten zumeist ungünstige akustische Bedingungen. Raumausstatter und Fachhändler finden eine solche Situation häufig im Objektbereich vor. Gegen eine zu hohe Nachhallzeit werden sogenannte Absorber eingesetzt, die aus Materialien mit schallabsorbierender Oberfläche bestehen.
Deren Wirkungsweise lässt sich folgendermaßen erklären: Treffen Schallwellen auf eine harte Oberfläche werden sie reflektiert und verbleiben im Raum, bis sie die nächste Oberfläche erreichen. Auf diese Weise kommt es zu einem langen Nachhall. Treffen die Schallwellen allerdings auf eine absorbierende Oberfläche, wird die Schallenergie hauptsächlich in Wärme umgewandelt und die Nachhallzeit verkürzt, was zu einer angenehmeren Akustik führt.
Der raumakustisch relevante Frequenzbereich umfasst sechs Oktavfrequenzen von 125 bis 4.000 Hz. Welchen Frequenzbereich ein Absorber im Idealfall absorbieren soll, hängt sehr von der Art des Objekts und dessen Nutzung ab.
Hohe Frequenzen lassen sich technisch relativ einfach absorbieren, einfacher als mittlere oder gar tiefe Frequenzen. Zur Absorption von hohen Frequenzen eignen sich poröse oder dünne, fasrige Materialien wie Teppiche, Polstermöbel, leichte Vorhänge, Heimtextilien und sogar die Kleidung von im Raum anwesenden Personen. Diese Materialien sind normalerweise auch ohne raumakustische Planung in den Räumlichkeiten vorhanden.
Prüfzeugnis bringt Klarheit
Sogenannte poröse Absorber erfreuen sich bei Herstellern einer großen Beliebtheit, weil sie für eine breitbandige Schallabsorption einsetzbar sind und in einer großen Auswahl an Materialien zur Verfügung stehen. Geeignet sind Textilien, Schaumstoffe, Vliese, Mineralwolle und Perlite; aber auch natürliche Materialien wie Holzfasern, Jute, Schafwolle und Hanf finden Verwendung. Jedes Material hat dabei einen anderen Wirkungsgrad.
Welcher Frequenzbereich im Detail abgedeckt wird, hängt außerdem von Faktoren wie der Dicke und dem Strömungswiderstand des Absorbers ab. Absorber mit rund 10 mm Dicke eignen sich für die Absorption von hohen Frequenzen ab circa 2.000 Hz. Absorber mit einer Dicke zwischen 30 und 40 mm absorbieren neben hohen auch mittlere Frequenzen im Bereich von 500 Hz. Um auch tiefe Frequenzen bis 125 Hz weitgehend zu "schlucken", ist ein rein poröser Absorber 100 mm und dicker einzusetzen.
Ein aussagekräftiger Nachweis für einen Schallabsorber erfolgt über ein unabhängiges Prüfzeugnis nach den Richtlinien der DIN EN ISO 354:2003 "Akustik - Messung der Schallabsorption in Hallräumen" und einer Bewertung nach den Richtlinien der DIN EN ISO 11654:1997 "Akustik - Schallabsorber für die Anwendung in Gebäuden - Bewertung der Schallabsorption".
Aussagekräftiges Konzept erstellen
Bei der optimalen Planung eines Raumes unter raumakustischen Kriterien geht es darum, den Raum derart zu gestalten, dass er den definierten Anforderungen beziehungsweise der vorgesehenen Nutzung entspricht. Für das Erreichen einer guten Hörsamkeit sollte sich ein Planer zum Beispiel folgende Fragen stellen: Welche raumakustischen Anforderungen gelten für den Raum und dessen Nutzung? Entspricht der vorgesehene Raum bereits den Anforderungen oder sind weitere Maßnahmen zu treffen? Welche Produkte eignen sich für den Raum und wie kann deren Leistungsfähigkeit beurteilt werden?
Die Antworten auf diese grundlegenden Fragen bilden die Basis für eine erfolgreiche raumakustische Planung. Für einen sicheren Umgang mit diesem neuen Beratungsfeld ist ein fundiertes Wissen notwendig, das man sich in einem qualifizierten Seminar aneignen sollte. Neben einem Akustikrechner ist die Auswahl und Bemusterung von relevanten Materialien hilfreich.
Für die praktische Umsetzung empfehlen wir folgende systematische Vorgehensweise: Am Anfang sollte die Ermittlung der grundlegenden Raum- und Bauteilinformation sowie der raumakustischen Anforderungen (Soll-Zustand) stehen. Dann folgt die Untersuchung des Raumes (Ist-Zustand). Abgeschlossen werden die Planungen mit einer Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Zustand und der Ermittlung der notwendigen raumakustischen Maßnahmen.
Zielführend ist der Einsatz einer leistungsstarken Rechensoftware. Geeignete Anwendungen berücksichtigen bereits die Anforderungen typischer Regelwerke und verfügen über aussagekräftige Bauteilkataloge. Auch sind die notwendigen Rechenvorgänge standardisiert. Ein Rechner, der sich mit allen Produktebenen - Wand, Boden, Fenster und Decke - beschäftigt, ist hierbei förderlich. Dies bietet aktuell, exklusiv und einmalig in der Branche der FHR-Akustikrechner (siehe Seite47).
| Sabine Wiegand
aus
BTH Heimtex 11/19
(Handwerk)