Kleiner Fehler – Großer Schaden

Massive Wasserschäden: Fehlerhafte Abdichtung sorgt für Millionenschaden

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine mangelhafte Abdichtung in 76 Bädern, die einen immensen Sanierungsbedarf nach sich zog.

In den Bädern einer Wohnanlage kam es zu Wasserschäden, Durchfeuchtungen der angrenzenden Wände und teilweise zur Schimmelbildung. Betroffen davon waren die Wand- und Bodenflächen der Bäder sowie die Wandflächen der angrenzenden Räume wie Flur und Küche. Der Sachverständige erfuhr, dass in weiteren Bädern der Wohnanlage bereits zuvor Risse in keramischen Fliesen aufgetreten waren. Die gerissenen Fliesen wurden ausgetauscht, ohne jedoch eine entsprechende Ursachenforschung betrieben zu haben.

Die Ausführung der Duschen erfolgte in allen Wohnungen einheitlich. Die erforderlichen Gefälle zum Duschablauf waren vorhanden. Eingebaut wurde ein boden- und wandgleicher Duschablauf mit integriertem Folien- bzw. Abdichtungslappen, der später mit der Verbundabdichtung des Bodens und der Wand verbunden werden sollte. In den Wohnungen der Wohnanlage wurde dieses System nach Angaben des Auftraggebers in 76 Bädern eingebaut.
Schaden

Feuchteschäden an Wänden,
Aufwölbungen der Beläge

In den vorerst vier begutachteten Bädern zeigte sich ein analoges Schadensbild mit mehr oder weniger starken Feuchteschäden. Erkennbar waren gerissene Boden- und Wandfliesen, eine rund 1 cm hoch aufgewölbte Bodenfläche, offene Fugen mit ausgebrochenem Fugenmörtel und weiß-kristalline Ausblühungen an den Fugen der Bodenfliesen. An den Trennwänden der Küche mit einer Trockenbauwand und im Flur mit einer Massivwand kam es aufgrund von aufgestiegener Feuchte zur Schwarzschimmelbildung.

Alle Schichten des Fußbodenaufbaus waren stark durchfeuchtet bzw. nass. Der Fliesenkleber und der Heizestrich waren netzartig und über die gesamte Fläche verteilt gerissen. Die Bauteilöffnung ergab, dass der Folienlappen des Duschablaufes am Boden bis zu 15 cm Breite eingedichtet war. Außerhalb dieser Fläche waren nur eine Grundierung (Haftbrücke) und keine Abdichtungsschicht feststellbar.

Am Übergang zwischen Wand und Boden gab es ein Dichtband, das an der Wand und am Boden aufgeklebt war. Über dem Dichtband fehlte die Abdichtungsschicht. Die Gipskartonplatten waren nass und verschimmelt. Der eingelegte Randdämmstreifen war bis auf rund 4 mm zusammengedrückt, ursprünglich war es einmal 10 mm dick. Die innere Lage der Trockenbauverkleidung, direkt neben dem Duschablauf, war ebenfalls nass und verschimmelt.


Ursache

Mangelhafte oder
sogar fehlende Abdichtung

Für die festgestellten Schäden kommen folgende Ursachen in Betracht:

1.Nicht fachgerecht hergestellte bzw. nicht vorhandene Abdichtungsebene am Duschablauf und an Wänden und Böden der Bäder. Die Ursachen der Wasserschäden sind in einer nicht fachgerecht hergestellten und sogar nicht vorhandenen Abdichtungsebene mit undichten Bauteilanschlüssen an den Rändern und am Duschablauf zu sehen.

Erkennbar waren sowohl undichte Randanschlüsse als auch Fehlstellen in der Abdichtungsebene. Die Folienlappen der Duschabläufe am Boden war nur bis zu 15 cm Breite aufgeklebt. Außerhalb dieser Flächen waren nur eine Grundierung und keine Abdichtungsschicht eingebaut. Gleiches gilt für die Abdichtung der Duschwände. In den begutachteten Bädern war entweder keine oder eine zu dünne und nur einlagig ausgeführte Abdichtungsschicht vorhanden.
Abdichtungen sind nach DIN 18534 - Abdichtung von Innenräumen - und nach dem ZDB-Merkblatt Verbundabdichtungen auszuführen. Dies war hier nicht der Fall. Unabhängig vom Nutzungsbereich (Boden W2-I, hoch beansprucht; Wand W1-I, mäßig beansprucht) gelten für Abdichtungen aus Kunststoff-Mörtel-Kombinationen und Polymerdispersionen (Flüssigfolie) folgende Anforderungen: Grundsätzlich zweilagige Ausführung und Mindesttrockenschichtdicke bei Kunststoff-Mörtel-Kombinationen 2 mm, bei Polymerdispersionen (Flüssigfolie) 0,5 mm. Diese Vorgaben wurden nicht eingehalten.
2.Eindringen von Brauchwasser in die Fußbodenkonstruktion und in die angrenzenden Wände. Weil die Abdichtungsebenen falsch hergestellt worden sind und nicht funktionstüchtig waren, konnte Brauchwasser in den Estrich und die Wände eindringen. Dies führte am Estrich zu einer Nachhydratation bzw. zum Quellen und Schwinden der Estrichscheibe. Die festgestellten Verformungen des Estrichs und damit einhergehende Aufwölbungen, Ablösungen der Bodenfliesen und Risse in den Wandfliesen waren die Folge. Dass diese Verformungen stattgefunden haben, lässt sich an den stark zusammengedrückten Randdämmstreifen ablesen.

In den vorliegenden Fällen war generell eine fehlerhafte bauliche Ausführung der Abdichtungsarbeiten feststellbar, die auf fehlende Grundkenntnisse zur Ausführung dieser Arbeiten schließen lässt. Bei diesen Arbeiten war eine Vielzahl von handwerklichen Fehlern nachweisbar.
Verantwortlichkeit

Gewerke Fliesenleger und
Abdichtungsarbeiten haften

Im vorliegenden Fall besteht ein gravierendes Abdichtungsproblem, das komplett den Gewerken Fliesenleger und Abdichtungsarbeiten zuzuordnen ist. Schadenverursachende Aspekte des Gewerkes Estricharbeiten waren bei den untersuchten Fällen nicht erkennbar. Bei seiner Kostenschätzung ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass der komplette Fußbodenaufbau in den Bädern entfernt werden und eine neue Fußbodenkonstruktion eingebaut werden muss. Die angrenzenden Massiv- und Trockenbauwände mussten ebenfalls partiell zurückgebaut und getrocknet werden. Dies sei nicht im bewohnten Zustand möglich. Die Mieter mussten während der Sanierung ausziehen. Aufgrund der großen Anzahl der 76Bäder ist ein Millionenschaden entstanden. Die Sanierungskosten wurden auf 1,2 Mio. EUR veranschlagt.


Jens Schade der Autor
Jens Schade ist Sachverständiger für Schäden an Gebäuden an der Industrie-
und Handelskammer
Ostthüringen zu Gera.

Schade GmbH -
Baugutachter
Dipl.-Ing. Jens Schade
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aus FussbodenTechnik 01/20 (Handwerk)