Fachanwalt Andreas Becker informiert

"Gefälligkeiten" können Handwerker viel Geld kosten

Für einen Bodenleger kann es teuer werden, wenn nach seiner Arbeit Mängel auftreten. Oft muss dann ein vom Gericht bestellter Sachverständiger die Ursachen für die entstandenen Schäden ermitteln, damit die Schuldfrage geklärt werden kann. Fachanwalt Andreas Becker erläutert im Folgenden, wie ein solches Verfahren abläuft und was es zu beachten gilt.

Sachverhalt

Ein Bodenleger-Betrieb verlegte einen Bodenbelag auf einer Holzfaserplatte. Nach einem Dreivierteljahr begann sich der Belag zu lösen. Der Auftraggeber meldete dem Handwerker den Mangel und setzte diesem eine Frist für die Beseitigung. Dabei ist es ausreichend, dass der Auftraggeber darauf hinweist, dass sich der Boden löst.

Der Bodenleger verklebte den Bodenbelag dann nach. Dieses war allerdings nicht erfolgreich: Der Belag löste sich an immer mehr Stellen vom Untergrund. Der Auftraggeber zeigte den Mangel noch einmal an und setzte erneut eine Frist zur Beseitigung der Mängel. Der Bodenleger führte jedoch keine Tätigkeiten bis zum Fristablauf aus.

Nach dem Fristablauf holte der Auftraggeber ein Angebot für die Mangelbeseitigung ein, hier für den Ausbau des Bodenbelags und dessen Neuverlegung. Das Angebot belief sich auf 30.000 EUR. Der Rechtsanwalt des Auftraggebers forderte von dem eingangs beauftragten Bodenleger die Zahlung von 30.000 EUR, damit die Mangelbeseitigung durchgeführt werden kann. Der Bodenleger zahlte dieses Geld aber nicht.

Daraufhin wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Der Auftraggeber ließ eine Klageschrift beim Gericht einreichen. In der Klageschrift wurde der Anspruch geltend gemacht, hier über die Zahlung von 30.000 EUR zuzüglich Zinsen als sogenannter Kostenvorschuss-Anspruch. Demnach wird ein Geld-Anspruch bereits vor der Mangelbeseitigung geltend gemacht. Mit dem Geld soll die Mangelbeseitigung finanziert werden. Es sollte erreicht werden, dass der Bodenleger die 30.000 EUR zahlt. Nach der Zahlung sollten die entsprechenden Arbeiten erfolgen.

Am Ende der Mangelbeseitigung muss eine Abrechnung über die Kosten der Mangelbeseitigung erfolgen. Sind die Kosten höher als im Kostenvorschuss-Anspruch muss der Bodenleger die weiteren höheren Kosten evtl. auch noch zahlen. Sind die tatsächlichen Kosten niedriger als die eingeklagten 30.000 EUR, würde der Bodenleger den Differenzbetrag erstattet bekommen.

Der Bodenleger hatte die Möglichkeit, sich gegen die Klage zu verteidigen und Gründe anzugeben, warum der Anspruch nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall wurde angegeben, dass alle Leistungen ordnungsgemäß ausgeführt worden seien und dass eine Prüfung des Untergrundes stattgefunden habe. Zudem wurde angegeben, dass der gesamte Untergrundaufbau entsprechend den Herstellervorschriften erfolgt sei, ebenso die Verlegung des Bodenbelages.

Lösung

Dem Gericht lagen nun widersprechende Aussagen zu dem Mangel vor. Zum einen löste sich der Boden, zum anderen wurde behauptet, dass sämtliche Arbeiten fachgerecht ausgeführt worden seien. Das Gericht war nun zur Aufklärung dieser offenen Fragen verpflichtet. Da das Gericht selbst nicht über die Fachkenntnis verfügt, beauftragte es zur Klärung einen Sachverständigen.

In der Regel schreibt das Gericht dazu die Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer an und bittet diese, einen oder mehrere Sachverständige zu benennen. Nach der Benennung der Sachverständigen haben beide Parteien die Möglichkeit, evtl. Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen zu erheben. Geschieht dies nicht, wird der Sachverständige durch das Gericht beauftragt.

Das Gericht legt dabei bestimmte Beweisfragen fest. Hier wurde die Frage gestellt, ob der Bodenbelag fachgerecht verlegt worden ist, was die Ursachen der Mängel sind, welche Arbeiten notwendig sind, um die Mängel zu beseitigen und welche Kosten entstehen.

Der Sachverständige vereinbart hierzu einen Ortstermin. Zu diesem werden beide Parteien mit Anwälten eingeladen. Beide Parteien haben das Recht, an einem Ortstermin teilzunehmen. Der Auftraggeber - auch, wenn er noch so verärgert ist über das Verhalten des Bodenlegers - hat kein Recht, den Handwerker bei einem solchen Termin z. B. nicht ins Haus zu lassen. Der Ortstermin ist ein Gerichtstermin.

Nach dem Ortstermin erstellt der Sachverständige ein Gutachten, in dem er die Fragen des Gerichts beantwortet. Die Parteien haben in der Folge Gelegenheit, ihre Einwendungen gegen das Gutachten geltend zu machen: Etwa ob der Sachverständige tatsächlich nur die Fragen beantwortet hat, die das Gericht gestellt hat, oder ob der Sachverständige evtl. von falschen Tatsachen ausgeht usw.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Sachverständige vor Gericht geladen wird und dass beide Parteien den Sachverständigen noch einmal anhören. Er erläutert dort sein Gutachten und es besteht die Möglichkeit, zu diesem Fragen zu stellen.

Urteil

Das Gericht muss anschließend eine Entscheidung treffen - auf Basis des Vortrags der Parteien und des Sachverständigen. In diesem Fall kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass sich Feuchtigkeit in den Holzfaserplatten befunden hat. Aufgrund der Feuchtigkeit hatte sich der gesamte Untergrundaufbau von der Holzfaserplatte gelöst und dadurch der Bodenbelag. Der Bodenleger konnte nicht nachweisen, dass er eine fachgerechte Feuchtigkeitsprüfung durchgeführt hatte. Damit konnte der Betrieb nicht beweisen, dass seine Leistungen insgesamt fachgerecht waren.

Das Gericht muss auf Basis der Aussagen des Sachverständigen und des weiteren Vortrags die Entscheidung treffen. Da das Gericht an die Vorgaben des Sachverständigen gebunden ist, wenn es keine offensichtliche Unrichtigkeit gibt, musste die Entscheidung des Gerichts so getroffen werden, dass der Bodenleger verurteilt wurde, 30.000 EUR plus Zinsen und sämtliche weitere Kosten - hier Gerichtskosten, Sachverständigenkosten und Kosten des gegnerischen Anwalts - zu zahlen. Dies sind mindestens 6.400 EUR plus Kosten des Sachverständigen, in der Regel 2.500 bis 3.000 EUR.

In diesem Fall hatten die Bauherren und der Architekt den Bodenleger dazu gedrängt, den Boden schnell zu verlegen, da die Eigentümer einziehen wollten. Der Handwerker hatte nicht ausreichend geprüft, ob der Untergrund belegreif war, und auch keine Bedenken angemeldet. Aus diesem Grunde haftete der Bodenleger für die Missachtung seiner Prüfpflichten. Eine solche "Gefälligkeit" kann also viel Geld kosten.

Praxis-Tipp

Es ist klar, dass auf der Baustelle schnelle praxisgerechte Entscheidungen getroffen werden müssen. Wenn diese Entscheidungen jedoch später dazu führen, dass ein Mangel auftritt, zählt eine gemeinsame Absprache vor Ort in der Regel nicht. Nur die Einhaltung der formellen Voraussetzungen für eine Haftungsbefreiung (Bedenkenanmeldung) zählt vor Gericht.


Andreas Becker - zur Person
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Becker-Baurecht
Nienburger Str. 14a
30167 Hannover
Tel.: 05 11 / 1 23 137 0
Fax: 05 11 / 123 137 20
www.becker-baurecht.de
info@becker-baurecht.de
aus FussbodenTechnik 02/20 (Recht)