Carpet! Magazine auf der Datenautobahn nach Belgien

Mehr E-Commerce, mehr Outdoor

Selbst Corona konnte uns nicht daran hindern, im Sommer nach Belgien zu reisen. Es hat kurz "Zoom" gemacht, und schon waren wir da: im Internet und im lebhaften Live-Gespräch mit wichtigen belgischen Anbietern wie Balta, McThree, Oostro, Verbatex, Louis de Poortere und B.I.C. Mc Three haben wir für unsere Titelgeschichte (siehe Seite 56) persönlich besucht.

Was für unsere Belgientour gilt, gilt für den Teppichhandel ebenfalls: Auch der wurde zu großen Teilen ins Internet verlegt. Entsprechend boomt der E-Commerce durch Corona noch stärker als zuvor, und der Trend wird anhalten. Gerade bei Teppichen, die sich gut online verkaufen lassen, wie die sehr fotogene und gut bezahlbare Maschinenwebware. Punkten wollen die belgischen Hersteller im internationalen Wettbewerb mit Design, Service und Nachhaltigkeit.

Menschen geben mehr Geld
fürs Wohnen aus

Insgesamt fließt während - und auch wegen - Corona spürbar mehr Geld ins Thema Wohnen, nicht nur online, sondern auch offline. "Die Leute geben einen Großteil ihres Reisebudgets für ihr Zuhause aus", bemerkte Christophe Harinck von Oostro. Als zunächst nur die Baumärkte geöffnet hatten, sind die Leute dorthin geströmt, anschließend ging’s zu den Möblern. Und dadurch, dass die "Lockdowns" in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten stattfanden, haben sich die jeweiligen Durststrecken entzerrt. In-/Outdoorteppiche liefen im heißen Sommer 2020 besonders gut; jetzt in den kühleren Monaten sollte es mit dem reinen Indoor-Programm bergauf gehen. Fiona de Witte von Angelo sieht außerdem einen deutlichen Trend zu mehr Farbe in der Inneneinrichtung, wohl um der Corona-bedingten "gräulichen" Stimmung entgegenzuwirken.
Einbußen musste das der Objektbereich rund um Textilien für Hotels, Flugzeuge und Schiffe hinnehmen. Insgesamt blickten die meisten Anbieter optimistisch in Richtung Herbst und Winter.

Recycling und Nachhaltigkeit
allgegenwärtig

Ein großes, weltweit relevantes Thema steht offenbar bei allen Anbietern auf dem Programm: Recycling und Nachhaltigkeit. Balta Home arbeitet intensiv am Thema Full Circularity - mit dem Ziel, die recyclingfähigen Kollektionen auch selbst wieder aufbereiten zu können. B.I.C. stellt gleich drei neue Kollektionen aus Econyl vor, einer Aquafil-Faser, die aus alten Fischernetzen gewonnen wird. Oostro befasst sich mit den Themen Recycling und Kompostierbarkeit; auch McThree hat etwas Größeres in der Pipeline.

Balta Home plant
Open Weeks im November

"Besser als erwartet" lief es laut Joke Hoorens (Balta Home Product & Marketing Management) im Frühjahr beim belgischen Branchenriesen, der zusätzlich in der Türkei fertigen lässt. Die dortige Produktion sei voll ausgebucht, im E-Commerce habe es große Zuwächse gegeben - vor allem in den USA (hier hat Balta ein neues Lager eröffnet), in Deutschland und in Frankreich.

Dennoch musste Balta Home im zweiten Quartal einen Umsatzrückgang von -35,2 % hinnehmen. Die gilt es nach dem Lockdown wieder wettzumachen; dabei setzt der Anbieter auch auf eine wirtschaftliche Planung. "Die wenigsten Menschen haben Sommer- und Winterteppiche, deswegen erscheint es uns nicht mehr sinnvoll, zweimal im Jahr Neuheiten zu zeigen", erklärt Hoorens. Die nächste Kollektions-Neuvorstellung ist demnach für den November geplant, dann soll bei Balta Home die Open Week stattfinden.

Trends sehen die Maschinenweber verstärkt bei strukturierten Oberflächen, beim Handmade-Look und vor allem beim kuschelweichen Flor. Auch das Thema Faltbarkeit verfolgt Balta Home weiter - so lassen sich die Teppiche deutlich kostengünstiger verschicken, und das ist gerade im Onlinehandel praktisch.

Farblich stehen neutrale und gleichzeitig warme und stärker gesättigte Töne mit "rosigen" Anklängen im Fokus. Akzentfarben gehen in Richtung Rost, Gold, Ocker und Honig, sind ausdrucksvoll, aber nicht knallig. Und: "Braun ist das neue Schwarz."

Mc Three in kreativer
Übergangsphase

Mit dem bisherigen Verlauf des Geschäftsjahres zeigte sich Mc Three durchaus zufrieden. Der große Maschinenweber befindet sich derzeit in einer kreativen Übergangsphase (ausführliche Titelgeschichte ab Seite 56). Für seine wichtigsten Kunden aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien lud der Maschinenweber im Juli zu seinen Show Weeks mit aktuellen Neuheiten ein; für den Jahreswechsel ist eine weiteren Neuheiten-Vorstellung geplant.

Verbatex
will deutschen Markt erschließen

Hochwertige Viskose-Maschinenwebteppiche, zum Teil mit Schurwolle, sind die Spezialität von Verbatex: eigentlich keine typische E-Commerce-Ware, zumal es hier besonders wichtig ist, die sehr hohe Garnqualität live zu fühlen und zu sehen. "Wenn ein Händler unsere Qualitäten schon kennt, ordert er natürlich auch online", erklärt Mit-Geschäftsführer Frank Verbauwhede. Um gerade auch den Kontakt zu Einzelhandelsunternehmen außerhalb Europas zu intensivieren, überarbeitet Verbatex zurzeit die Webseite. Bei den bestehenden Kunden seien momentan leichtere, dünnere Qualitäten mit Viskose gefragt, aber Verbatex kann auch dick und griffig: hochwertige Teppiche aus Wolle in Naturtönen, die sich gerade für den deutschen Markt eignen, den Verbatex in Zukunft stärker für sich erschließen will.

Bei Verbatex ist man stolz auf die große Farbvielfalt der Garne; als Trendschwerpunkte sieht man Flachgewebe und den Naturlook. Bei den Materialien setzen die Verbauwhedes auf Wolle, Viskose und Chenille. Insgesamt wollen sie ihr Sortiment im mittelpreisigen Bereich stark erweitern.

Louis de Poortere:
inspiriert durch moderne Kunst

Louis de Poortere ist Trendsetter in Sachen Chenille-Flachgewebe; der wichtigste Markt ist Europa. Mad Men, Atlantic Streaks und Medallion heißen die derzeit beliebtesten Kollektionen. Sie bieten moderne grafische Muster mit 60s-Flair, Fantasiemuster mit Farbverläufen und verfremdete Orientteppich-Medaillons. Die Gallery Collection (Domotex-2020-Neuheit), inspiriert von moderner Kunst, soll dieses Jahr noch um mehrere Designs erweitert werden.

In zwei weiteren aktuellen Kollektionen sieht man großes Potenzial, und beide haben eine Verbindung zum Wasser: Waves zeigt Wellenmuster, wie sie das Meer in den Sand "malt" ... und Monetti erinnert mit seinen leicht verschwommenen Farbübergängen an Claude Monets Gemälde von Seen und Teichen.

Oostro profitiert
vom Outdoor-Trend

Knapp 19 % Wachstum verzeichnete Oostro im letzten Geschäftsjahr. Im ersten Quartal dieses Jahres brachen die Umsätze leicht ein; das konnte allerdings im zweiten Quartal - also genau während der Lockdown-Zeit - wettgemacht werden. Das Unternehmen hat sich stark auf Indoor-Outdoor-Teppiche spezialisiert und bietet mit der Linie Roolf auch Indoor-Outdoor-Polstermöbel an. Vor allem kleinere Fachhändler im Mittel- bis Hochwertbereich will man mit dem Programm ansprechen.

Als Outdoor-Spezialist konnte Oostro besonders gut vom langen, heißen Sommer profitieren - gerade auch in Sachen E-Commerce. "Der hat richtig angezogen; vor allem aus Deutschland und den USA sind viele Bestellungen eingetroffen", berichtet Christophe Harinck. Der Oostro-Geschäftsführer will den Online-Bereich jetzt weiter ausbauen und in Zukunft auch Dropshipping anbieten; außerdem ist eine Kollektion speziell für den US-amerikanischen Markt in Planung.

Pflegeleichte Kunstfasern mit wollartigem Look und Griff haben 2019 vollständig das Wollgarn abgelöst; die Resonanz sei sehr positiv. Um den Kunden auch darüber hinaus ein gutes Preis-Leistungsverhältnis zu bieten, setzt Harinck auf Automatisierung und liefert das Oostro-Programm an den Handel; der Händler wiederum schneidet die Teppiche dann in den Wunschgrößen seiner Kunden zu.

B.I.C. setzt auf Econyl

Lindsey Michiels heißt die engagierte neue Verkaufs- und Marketingleiterin von B.I.C. Der Anbieter setzt unter anderem stark auf die Recyclingfaser Econyl aus Nylon, und zwar mit gleich drei Cradle-to-Cradle-Kollektionen made in Belgium - in acht durch das Meer und die Küste inspirierten Farben.• aus Carpet! 04/20 (Teppiche)