Wie Handwerker neue Kunden gewinnen können
Derzeit sind die Auftragsbücher im Handwerk voll. Aber spätestens wenn die Zeiten wieder schlechter werden, müssen die Betriebe sich um neue Kunden kümmern. Zum Beispiel in Kooperation mit Baumärkten oder über Plattformen im Netz. Eine aktuelle Studie von Bau Info Consult kommt zu dem Ergebnis, dass nur noch 43 % der Deutschen "gerne" oder "besonders gerne" handwerkliche Arbeiten in den eigenen vier Wänden selbst ausführen. Damit liegen sie im Mittelfeld der elf europäischen Staaten, die im Rahmen einer Befragung von mehr als 6.000 Verbrauchern untersucht wurden. Umgekehrt gaben 32 % der Befragten in Deutschland an, "nicht gerne" oder "überhaupt nicht gerne" als DIY-ler aktiv zu werden. Für das Handwerk sind das gute Nachrichten, denn jemand muss die Arbeiten ja ausführen. Warum also nicht Handwerker und Verbraucher im Baumarkt zusammenführen?
Schon 2016 hatte das IFH Köln in der Studie Baumarkt 2.0 festgestellt, dass rund die Hälfte der privaten Kunden im Baumarkt ein Interesse daran hat, dort auch Handwerkerleistungen vermittelt zu bekommen - "do it for me" statt "do it yourself". Derartige Angebote sind inzwischen weit verbreitet. Genutzt werden sie aber offenbar noch wenig. Einerseits, weil sie beim Baumarktkunden nicht ausreichend bekannt sind. Andererseits, weil die Handwerker das Potenzial nicht erkannt haben oder es nicht nutzen wollen. So geben in der aktuellen IFH-Studie "Potenziale von Handwerkern" lediglich 0,2 % der befragten Handwerksbetriebe an, eine Partnerschaft mit einem Baumarkt für die Vermittlung von Aufträgen eingegangen zu sein.
Beim IFH betrachtet man die Vermittlungsangebote mit ganzheitlichen Serviceleistung als neue Entwicklungsmöglichkeit für Händler und Hersteller - und als einen entscheidenden Weg, um in Zukunft Kundenbedürfnisse zu stillen. Dazu müssen die Handwerker mitziehen, auch im eigenen Interesse: Trotz gegenwärtig hoher Auslastung gelte es perspektivisch, neue Wege der Kundenansprache im Blick zu behalten, sind die Autoren der Studie überzeugt. Als Beispiel für ein Full-Service-Angebot mit integrierten digitalen Lösungen nennt Dr. Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung am IFH Köln, Myster.de (ein Interview mit dem Gründer und Geschäftsführer Mirco Grübel lesen Sie in BTH Heimtex 11/19): "Derart ganzheitliche und auf Kundinnen und Kunden individuell zugeschnittene Angebote bieten großes Zukunftspotenzial."
Bis dahin scheint der Weg noch weit: Vermittlungsplattformen nutzen derzeit gerade einmal 2 % der Handwerker. Lediglich 6 % ziehen sie als Option für den Fall in Erwägung, dass sich die Auftragslage verschlechtert. Stattdessen dominiert bei der Neukundenakquise weiterhin das Empfehlungsmarketing; 71 % der Aufträge kommen so zustande.
Baumärkte - der "Kiosk des Handwerkers"
Neben dem Baustoffhandel gelten Baumärkte als ernst zu nehmende Konkurrenz für den Bodenbelags- und Farbengroßhandel. Im Rahmen der Studie "Potenziale von Handwerkern" nimmt das IFH Köln auch die Bedeutung der Baumärkte als Beschaffungsquelle für das Handwerk unter die Lupe. Und siehe da: Noch kauft nur jeder fünfte Handwerksbetrieb und ein Drittel der Mobilen im Baumarkt. Kritisiert werden eine unzureichende Qualität, aber auch hohe Preise und fehlende Fachberatung. Positiv sehen jene, die im Baumarkt kaufen, die schnelle Verfügbarkeit und die gute Erreichbarkeit. "Der Baumarkt ist der Kiosk des Handwerkers: Schnell und einfach die Produkte beschaffen, die benötigt werden", meint Christian Lerch, Senior Consultant am IFH Köln. Im Handwerkeralltag sei der Gang in den Baumarkt eher eine Lösung für den Notfall, wenn ein Produkt kurzfristig fehlt.
aus
BTH Heimtex 04/20
(Handwerk)