Digitaldruck in der Tapetenindustrie

In enger Zusammenarbeit mit Anlagenbauern und Komponentenlieferanten entwickelt die Tapetenbranche den Digitaldruck weiter. Trotz der vielen Vorteile wird die immer noch junge Technologie herkömmliche Verfahren aber vorerst nicht verdrängen.

Bodenbeläge jeglicher Art, Tapeten, Dekostoffe oder Textilien für den Sonnenschutz - sie alle werden mittlerweile auch digital bedruckt. Die neue Technologie bringt eindeutige Vorteile. Bei den Designs gibt es kaum Einschränkungen. Das ermöglicht die Gestaltung des jeweiligen Produktes ganz nach den individuellen Ansprüchen und Wünschen des Kunden. Losgröße 1 ist kein Problem mehr. So sinken die Lagerkosten, teilweise auch die Produktionskosten.

Eine Branche, die verstärkt auf Digitaldruck setzt, ist die Tapetenindustrie. "Wir müssen technisch auf dem neuesten Stand sein, um die immer individueller werdenden Wünsche des Endverbrauchers in Zukunft zu bedienen. Dabei hilft uns der Digitaldruck", stellt Ralf Taubert fest, Geschäftsführer der Hohenberger Tapetenmanufaktur. Für die Marburger Tapetenfabrik konstatiert deren Geschäftsführender Gesellschafter Ullrich Eitel: "Wir bereichern schon seit Jahren die bestehenden Kollektionen mit Digitaldrucken. Im Rahmen der Kollektionsentwicklung mustern wir Highlights ein, die im Digitaldruck als zusätzliche Veredlung aufgebracht werden." Stefan Gauger, Marketingleiter bei Marktführer A.S. Création, meint: "Digitaldruck lebt insbesondere von außergewöhnlichen und meist großen Motiven, ob Design, Illustration, Foto oder klassisches Tapetenmuster. Durch die ,Endlosproduktion’ und das Aufbrechen von Rapport-Wiederholungen entstehen echte Wandbilder, die für die Inszenierung von individuellen Interior-Ideen perfekt eingesetzt werden können. Hierbei können natürlich auch kundenindividuelle Motivideen umgesetzt werden - vorausgesetzt die digitale Vorlage ist von ausreichender Qualität."

Und vorausgesetzt, die richtige Technik ist vorhanden. Denn wie bei allen Produktionsverfahren ist auch hier eine enge Abstimmung zwischen den Herstellern und den Lieferanten von Maschinen und Vorprodukten, etwa Tinten, erforderlich. Weil die Technologie noch vergleichsweise jung ist, entwickelt sie sich auch noch ständig weiter. "Wir sind mit den Spezialisten von HP Indigo eine Partnerschaft eingegangen mit dem Ziel, digital gedruckte Tapeten in höchster Qualität anzubieten", berichtet Ralf Taubert. "Die Digitaldruckprofis und der Tapetenmacher - wir werfen unser Know-how in einen Topf und entwickeln gemeinsam. Auch unser eigenes Personal haben wir aufgestockt um Mitarbeiter mit Erfahrung im Digitaldruck. Alles in allem haben wir bisher rund 2 Mio. EUR in die neue Technologie und Peripherie investiert." Bei Marburger experimentieren sie seit Mitte 2019 mit Anlagenbauer Olbrich und Farbenhersteller Ricoh an einer laut Ullrich Eitel "neuen und bahnbrechenden Generation des rotativen Digitaldrucks. Die erste Beta-Maschine im Markt bietet kreative und noch nie dagewesene Optionen und Möglichkeiten."

Wird der Digitaldruck die herkömmlichen Verfahren also komplett verdrängen? Vorerst nicht - da sind sich die drei Vertreter aus der Industrie einig. "Ich könnte mir vorstellen, dass er auf lange Sicht eine Nische von 3 bis 5 % der Flächen belegt", wagt Ullrich Eitel eine Prognose. "Dass der Digitaldruck in Zukunft immer mehr als wirtschaftliche Alternative insbesondere für individuelle Kleinauflagen zunehmen wird, steht glaube ich außer Frage", meint Stefan Gauger. Ein vollständiger Ersatz ist aus seiner Sicht aber erst einmal nicht zu erwarten: "Technische Raffinessen wie die Registerpräge und das gekonnte Zusammenspiel von Farbe, Design, Material und Veredelung sind mit hohem handwerklichen Können verbunden und spiegeln auch Tradition und Gestaltungskunst im Druckergebnis wieder. Und diese wird es immer geben." So sieht das auch Ralf Taubert. Er ist überzeugt, dass es auch in Zukunft Kundenwünsche geben wird, die besser mit anderen Verfahren erfüllt werden können - oder in Kombination der unterschiedlichen Technologien. Schon heute würden bei Hohenberger digital gedruckte Fonds mit klassischem Druck veredelt. "So entstehen echte Raffinessen, wahre Kunstwerke auf Tapete, die dreidimensionale Effekte an die Wand zaubern, wie man sie so auf Tapete bisher nicht kannte."

thomas.pfnorr@snfachpresse.de
Digitaldruck in der Tapetenindustrie
Foto/Grafik: Kollektion Smart Art, Marburger Tapetenfabrik
Digitaldruck in der Tapetenindustrie
aus BTH Heimtex 05/20 (Tapeten, Wandbeschichtungen)