Technisch korrekter Aufbau nicht automatisch bauaufsichtlich zulässig
Brandverhalten von Bodenbelägen bei Wandanwendung
In den vergangenen zwei Jahren haben elastische Bodenbeläge an der Wand in Bädern an Bedeutung gewonnen. Neben dem Brandverhalten sind dabei auch weitere bauaufsichtliche Vorgaben für Innenwandbekleidungen zu berücksichtigen, die vom Belagshersteller eingefordert werden müssen. Ohne solche Nachweise bestehe ein erhebliches Risiko, einen zwar technisch korrekten aber bauaufsichtlich nicht zulässigen Aufbau zu erstellen, warnt Dr. Norbert Arnold, Leiter der Technischen Sortimentsentwicklung bei Uzin Utz.Der Absatz an Design-/LVT-Bodenbeläge hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Ein Grund dafür ist die praktisch unbegrenzte Auswahl an Oberflächendekoren. Neben der Holzoptik werden dabei auch immer öfter die Oberflächen von keramischen Fliesen oder Naturstein nachempfunden. So ist es letztendlich nicht verwunderlich, dass Designbeläge zunehmend auch für den Einsatz in Bädern oder Küchen, als Alternativen zu keramischen Fliesen oder Naturstein, nachgefragt werden. Naheliegend ist dort die Anwendung als Bodenbelag, ergänzend dazu wird allerdings auch die Verlegung an der Wand propagiert.
Neben der Abdichtungsthematik, die bereits fundiert behandelt ist [1], tritt immer wieder auch die Frage des Brandschutzes auf. Konkret: Welche Anforderungen an das Brandverhalten müssen die Bodenbeläge beim Wandeinsatz erfüllen? Diese Frage ist nicht nur auf Designbeläge beschränkt, sie betrifft prinzipiell alle Bodenbeläge aus brennbaren Materialien, die an der Wand verlegt werden sollen, also auch z. B. Parkett für Wandvertäfelungen oder Textilbeläge, z. B. in Treppenaufgängen.
Grundsätzliche Anforderungen an
das Brandverhalten von Bauprodukten
Die Anforderungen an das Brandverhalten von Bauprodukten sind in Deutschland in der Musterbauordnung und den daraus abgeleiteten Landesbauordnungen beschrieben. Grundsätzlich gilt:
-Ungeprüfte Bauprodukte aus brennbaren Materialien werden grundsätzlich in die Baustoffklasse "leicht entflammbare Baustoffe, B3 nach DIN 4102-1" (Klasse F nach DIN EN 13501) eingestuft (MBO, [2]). Die DIN 4102-1 beschreibt die unterschiedlichen Klassen für brennbare Baustoffe als
-"Leicht entflammbarer Baustoff, Baustoffklasse B3 nach DIN 4102-1",
-"Normal entflammbarer Baustoff, Baustoffklasse B2 nach DIN 4102-1" und
-"Schwer entflammbarer Baustoff, Baustoffklasse B1 nach DIN 4102-1".
Um die Lesbarkeit des vorliegenden Textes zu erleichtern, werden diese Bezeichnungen hier mit "B3", "B2" und "B1" abgekürzt.
In Deutschland dürfen nur Bauprodukte eingesetzt werden, wenn sie mindestens als B2 eingestuft sind. Dies entspricht der Klasse E nach DIN EN 13501 (MVV TB [3]). Ein Bauprodukt, das die Anforderungen einer bestimmten Klasse nach DIN EN 13501 erfüllt, erfüllt auch immer die Anforderungen der weniger strengen Klassen nach dieser Norm. Das bedeutet z. B. ein nicht brennbares Bauprodukt der Klasse A1 erfüllt auch die Anforderungen der Klassen A2, B, C, D und E oder ein Bauprodukt aus brennbarem Material der Klasse B erfüllt auch die Klassen C, D und E (DIN EN 13501, [4]).
Klassifizierung des Brandverhaltens
von Bauprodukten nach DIN EN 13501
Nach DIN EN 13501 werden drei Arten von Bauprodukten unterschieden:
1."Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen"
2."Bodenbeläge"
3."Rohrisolierungen"
Nach dieser Norm ist dabei explizit vorgegeben, dass die Klassifizierung des Brandverhaltens in einer Art von Bauprodukten nicht auf eine der beiden anderen Arten übertragen werden kann.
Klassifizierung von brennbaren
Bauprodukten nach
1. "Bauprodukte außer Bodenbelägen"
Baustoffklasse B2: Diese Einstufung gilt als erreicht, wenn die Anforderungen der Klasse E nach DIN EN 13501 erfüllt sind. Hierfür wird die Entzündbarkeit des Bauprodukts nach DIN EN ISO 11925-02 [5] ermittelt. In dieser Prüfung wird der Probekörper 15 Sekunden lang beflammt. Die Klasse E gilt als erreicht, wenn die Flammenspitze 30 Sekunden nach Beflammungsbeginn weniger als 150 mm Höhe auf dem Probekörper erreicht hat.
Baustoffklasse B1: Um diese Einstufung zu erreichen müssen die Anforderungen aus zwei unterschiedlichen Prüfungen erfüllt werden. Die Entzündbarkeit des Bauprodukts wird nach DIN EN ISO 11925-02 geprüft, wobei mit 30 Sekunden länger beflammt wird und die Flammenspitze 60 Sekunden nach Beflammungsbeginn weniger als 150 mm Höhe auf dem Probekörper erreicht haben darf.
Darüber hinaus wird die Wärmefreisetzungsrate nach DIN EN 13823 bestimmt. Dabei wird der potenzielle Beitrag eines einzelnen brennenden Gegenstands in einer Raumecke zu einem sich entwickelnden Brand simuliert. Werden die Anforderungen der Klassen B und C nach DIN EN 13501 erfüllt und die zugehörige Rauchentwicklungsklasse aus den Messdaten abgeleitet, kann das Bauprodukt als B1 klassifiziert werden.
Bei der Klassifizierung von Bauprodukten nach 1. wird auch mögliches brennendes Abtropfen bewertet, was bei der abschließenden Bewertung ebenfalls einzubeziehen ist. Brennendes Abtropfen ist für Bodenbeläge nicht relevant und daher im vorliegenden Beitrag nicht beschrieben.
Klassifizierung von Bauprodukten
nach 2. "Bodenbeläge"
Zur eindeutigen Identifizierung der Brandklassen für Bodenbeläge werden diese zusätzlich mit einem tiefergestellten "fl" gekennzeichnet.
Baustoffklasse B2: Diese Einstufung gilt als erreicht, wenn die Anforderungen der Klasse Efl nach DIN EN 13501 erfüllt sind. Die Anforderung zur Erreichung dieser Einstufung entspricht der für Bauprodukte nach 1. "Bauprodukte außer Bodenbeläge". Damit kann mit einer Prüfung die Erfüllung der Anforderungen von zwei unterschiedlichen Brandklassen nach DIN EN 13501, nämlich der Klassen E und Efl, nachgewiesen werden.
Baustoffklasse B1: Um diese Einstufung zu erreichen, müssen die Anforderungen aus zwei unterschiedlichen Prüfungen erfüllt werden. Die Entzündbarkeit des Bauprodukts wird nach DIN EN ISO 11925-02 geprüft. Die Prüfbedingungen und die Anforderungen entsprechen denen der Klasse Efl. Darüber hinaus muss der kritische Wärmestrom, ermittelt nach DIN EN ISO 9239-1 [7], mind. 4,5 kW/m
2 (Klasse Cfl) bzw. mind. 8 kW/m
2 (Klasse Bfl) betragen. Bei diesem Test (Bild 4) wird zudem die Klassifizierung der Rauchentwicklung abgeleitet.
Zusammenfassung und Fazit
-"Normal entflammbare, B2" Bodenbeläge (Klasse Efl nach DIN EN 13501) erfüllen auch die B2-Anforderung bei der Anwendung an der Wand.
-"Schwer entflammbare, B1" Bodenbeläge (Klassen Bfl oder Cfl nach DIN EN 13501) erfüllen auch die B2-Anforderung bei der Anwendung an der Wand. Sie erfüllen nicht die B1-Anforderung beim Einsatz an der Wand.
-Über das Brandverhalten hinaus sind auch die weiteren bauaufsichtlichen Vorgaben für Innenwandbekleidungen zu befolgen. Diese sollten immer beim Belagshersteller eingefordert werden. Ohne solche Nachweise besteht ein erhebliches Risiko, einen zwar technisch korrekten aber bauaufsichtlich nicht zulässigen Aufbau zu erstellen.
Literatur
[1] Designbeläge im Bad - Elastische Bodenbeläge und die neue DIN 18534, Hartmut Urbath, TKB-Fachtagung 2018, Köln
[2] MBO - Musterbauordnung, zuletzt geändert am 13. 5. 2016
[3] Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen, Ausgabe 2017/1, 31.08.2017
[4] DIN EN 13501 - Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten - Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus Prüfungen zum Brandverhalten von Baustoffen, 01-2010
[5] DIN EN ISO 11925-02:2011-02, Prüfungen zum Brandverhalten - Entzündbarkeit von Produkten bei direkter Flammeinwirkung - Teil 2: Einzelflammentest
[6] DIN EN 13823:2019-02 - Entwurf: Prüfung zum Brandverhalten von Baustoffen - Thermische Beanspruchung durch einen einzelnen brennenden Gegenstand für Bauprodukte mit Ausnahme von Bodenbelägen
[7] DIN EN ISO 9239-1:2010-11, Prüfungen zum Brandverhalten von Bodenbelägen - Teil 1: Bestimmung des Brandverhaltens bei Beanspruchung mit einem Wärmestrahler
aus
FussbodenTechnik 03/20
(Handwerk)