Was Corona mit dem Fachhandel macht
Corona wird die Krise des Fachhandels in den Cities der Groß- und Mittelstädte verschärfen, prognostizieren Handelsexperten. Bei den Shoppingcentern kommt es auf die Positionierung an. Fachmarkt- und Stadtteilzentren kommen hingegen ganz gut durch die schwierige Zeit. In einem Whitepaper mit dem Titel "Quo vadis Einzelhandel?" untersuchen BBE Handelsberatung und IPH Handelsimmobilien die Auswirkungen von Corona auf Innenstädte, Shoppingcenter, Fachmarkt- und Stadtteilzentren.
Innenstädten droht die Verödung
Für die Innenstadt, das "Herzstück des Einzelhandels", sehen die Handelsexperten die Lage als dramatisch an, weil der Handel dort schon vor Corona unter Druck gestanden habe. Seit Jahren geben vor allem kleinere Fachbetriebe nach und nach auf. Die Lücken füllen vermehrt Gastronomie und Dienstleistung. "Gerade die Innenstädte der großen Metropolen und Mittelstädte mit ihrem weiträumig ausstrahlenden Angebot an übergeordneten Waren sind negativ betroffen", meinen die Berater. 2020 könnte der Umsatzeinbruch in den Großstädten zwischen 20 und 30 % liegen, in den Mittelstädten zwischen 15 und 25 %. In kleineren Städten seien die Folgen weniger dramatisch, sofern das Angebot eher auf die Erfüllung direkter Bedarfe ausgerichtet sei, beispielsweise durch Lebensmittelhandel, bedarfsorientierte Textilangebote und Fachgeschäfte mit Stammkundschaft. Die Prognosen reichen von 10 bis 20 % Umsatzrückgang.
Welche strukturellen Veränderungen das nach sich ziehen werde, sei nicht allgemeingültig zu klären. Aber wo es schon vor Corona Probleme gab, seien Ladenschließungen kaum zu verhindern. Und ein Ersatz durch Gastronomie erscheint derzeit ebenfalls schwer vorstellbar. BBE und IPH fordern von Kommunen und Immobilienbesitzern proaktives Handeln, um den Einzelhandel und damit verbunden die Aufenthaltsqualität in den Innenstädten zu erhalten.
Differenziertes Bild
bei Shoppingcentern
Bei den Shoppingcentern unterscheidet das Whitepaper in solche mit einem großen Textilhändler als Ankermieter und jene, die eher eine Nahversorgungsfunktion haben. Letztere seien aktuell besser aufgestellt. Lebensmittel- oder Drogerieanker wirkten wie eine "Lebensversicherung". Für ein solches Shoppingcenter könnten die Einbußen im laufenden Geschäftsjahr insgesamt bei 13 bis 18 % liegen. Ohne den Nahversorgercharakter sind allerdings auch 20 bis 25 % möglich.
Beim Blick voraus erwarten die Handelsberater auch Veränderungen für die Mieterstruktur. Der Wegfall von Ankermietern etwa aus dem textilen Bereich könne dann eine Neupositionierung erfordern.
Fachmarkt- und Stadtteilzentren stabil
Vergleichsweise gut kommen Fachmarkt-, Stadtteil- und Quartierszentren durch die Krise, meinen BBE und IPH. In den Fachmarktzentren dominierten großflächige Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser. Sie bringen als Nahversorger Frequenz, von der die angrenzenden Fachmärkte profitieren. Das begrenzt insgesamt den Umsatzrückgang auf 3 bis 8 %, so die Prognose, und der könne schon 2021 wieder ausgeglichen werden.
Zum Teil sogar gestärkt könnten Stadtteil- und Quartierszentren (weitestgehend auf Grundversorgung ausgerichtete Standorte mit einem geringen Anteil von Nonfood-Angeboten) aus den Coronazeiten hervorgehen. Sie punkten mit den Angeboten der Lebensmittel- und Drogeriemärkte und profitieren von der Rückbesinnung der Verbraucher auf ihren Stadtteil. Mit einem Korridor von -3 bis +2 % beim Umsatz lässt sich hier von einem stabilen Jahr sprechen. 2021 seien dann bis zu 3 % Umsatzplus drin.
aus
BTH Heimtex 07/20
(Handel)