Kleiner Fehler - Großer Schaden: Schülerstreich endet im finanziellen Desaster
Wasserschaden verursacht Rückbau des Estrichs
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um den Neubau eines Schulgebäudes, das durch einen Schülerstreich massiv in Mitleidenschaft gezogen wurde.Dieser Schadensfall im Neubau eines zweigeschossigen Schulgebäudes mit jeweils rund 800 m
2 Fläche handelt nicht von missachteten Normen oder von Planungsfehlern. Hier verursachte ein vermeintlicher Schülerstreich sehr teure Folgen. Ein Estrichleger erhielt den Auftrag, einen Calciumsulfatestrich auf Wärme- und Trittschalldämmung in dem Neubau zu verlegen. Aufgrund des straffen Zeitplans und der jungen Betondecken entschied sich die Bauleitung, sämtliche Rohböden aus Stahlbeton mit einer zusätzlichen Abdichtungsbahn auf der Rohdecke zu versehen. Die Estricharbeiten im Obergeschoss wurden ordnungsgemäß an einem Freitagnachmittag fertiggestellt. Im Erdgeschoss waren die Dämmstoffarbeiten zu diesem Zeitpunkt inklusive der Folienabdeckung bereits abgeschlossen.
Gemäß eines Polizeiberichts verschafften sich an dem darauffolgenden Wochenende ehemalige Schüler Zugang zu dem Neubau und verstopften auf dem Flachdach die provisorischen Bodeneinläufe. Aufgrund eines Sommergewitters in der Nacht zum Montag gelangten große Wassermengen ins Gebäude und somit auf den noch "frischen" Calciumsulfatestrich.
Mit großem Entsetzen stellte die Estrichkolonne am Montagmorgen den Wasserschaden fest. Um den Schadensumfang genauer einschätzen zu können, wurde der Sachverständige mit hoher Dringlichkeit gebeten, sich die Estrichflächen anzuschauen.
Schaden
Massiv geschädigte Estrichkonstruktion
Der Sachverständige wurde bereits wenige Stunden nach der Schadensfeststellung beauftragt, sodass die erste Begutachtung noch am selben Tag erfolgte. Im Ortstermin zeigte sich, dass im Obergeschoss keine augenscheinlichen Schäden am handwerklich gut verbauten Estrich vorhanden waren. In Teilbereichen konnte der Sachverständige noch "freies Wasser" auf dem Estrich stehen sehen, welches noch nicht abgesaugt wurde. Durch das Verstopfen der Dacheinläufe konnte an verschiedenen Durchbrüchen das Wasser ins Gebäude und schließlich in die Estrichkonstruktion eindringen.
Da auf der Rohdecke eine Feuchtigkeitssperre verlegt war, sammelte sich das Wasser ähnlich wie in einer Wannenkonstruktion. Dementsprechend lagen die Dämmstoffe sprichwörtlich im Wasser. Das Wasser konnte nicht von den Rohböden aufgenommen werden, sodass nicht auszuschließen war, dass es zur Schimmelbildung und Aufquellen in der Dämmung, bis hin zum Zerstören des Calciumsulfatestrichs kommen könnte.
In aller Regel halten Calciumsulfatestriche kurzzeitig einen Wasserschaden aus. Somit wäre prinzipiell auch eine Dämmstofftrocknung möglich gewesen. Wegen der sehr geringen, auch durch den Wasserschaden verursachten Estrichfestigkeit, schien es dem Sachverständigen vor dem Hintergrund der Einhaltung der Bauzeiten wirtschaftlicher, die gesamte Konstruktion zu erneuern.
Ursache
Aufschwimmen
der Dämmung beeinträchtigt Estrichkonstruktion
Die Ursache der im Bauvorhaben entstandenen Wasserschäden sind eindeutig auf den Wassereinbruch zurückzuführen. Eine Bauteilöffnung im Flurbereich des Obergeschosses legte den Umfang des Wasserschadens offen. An dieser Stelle konnte kein Deckendurchbruch oder eine andere Schadensquelle ausgemacht werden.
Jedoch schien über den Randdämmstreifen trotzdem Feuchtigkeit in die Konstruktion gelangt zu sein. Unterhalb der Feuchtigkeitssperre war allerdings an dieser Stelle keine Feuchtigkeit vorhanden.
Aufgrund von mehreren weiteren Prüfbohrungen konnte festgestellt werden, dass vielfach erhöhte Feuchtigkeit sowohl in der Dämmung als auch auf der Feuchtigkeitssperre im Obergeschoss vorhanden war. Im Erdgeschoss war das Wasser annähernd vollflächig ungehindert in die Dämmebene gelaufen. Teilweise konnte sogar ein Aufschwimmen der Dämmung festgestellt werden.
Verantwortlichkeit
Schüler haften für Sanierung
In diesem Fall ist die Zuordnung für die Schadensursache sehr eindeutig. Die Verantwortung lag an der mutwilligen Verstopfung der Dacheinläufe durch die Jugendlichen. Der durchfeuchtete Estrich und die aufgeschwommene Dämmung machten den Rückbau erforderlich, sowohl im Ober- als auch im Erdgeschoss. Die Bauleitung hoffte zu Beginn des Termins noch auf eine mögliche Dämmstoff- und Estrichtrocknung, damit der zeitliche Ablauf nicht völlig in Schieflage geriet. Aufgrund der nachgewiesenen Wassermenge blieb der Bauleitung nichts anders übrig, als den Rückbau zu beschließen.
Wie zu Beginn bereits erwähnt, wurden in diesem Fall die Verursacher polizeilich ermittelt. Die ehemaligen Schüler haften und müssen die Kosten übernehmen. Zu den reinen Kosten für die Estricharbeiten kamen noch zusätzliche Ausgaben, wie zum Beispiel die Dachabdichtung und Schäden an den Wänden und teilweise an Leitungen hinzu, sodass dieser Streich extrem kostspielig endete.
Georg Kuntner - der Autor
Gutachter Georg Kuntner ist von der HWK Manhheim Rhein-Neckar-Odenwald ö.b.u.v. Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk.
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aus
FussbodenTechnik 04/20
(Handwerk)