Kaufverhalten im Wandel
Ropo und Showrooming: So tickt der moderne Kunde
Hamburg. Je besser ein Geschäft seine Kunden kennt, umso konkreter kann es das Sortiment, die Präsentation und die Marketingstrategie ausrichten - das weiß jeder Händler. Doch die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten sind im Wandel. Ausgelöst durch die Digitalisierung und beschleunigt durch die Corona-Krise verändert sich das Kaufverhalten. Die Herausforderung für den stationären Handel lautet, die eigenen Handelsweisen zu überdenken und sich neu zu positionieren. Aber welche Konzepte sind dafür notwendig? Und was sind die Trends, die es zu bedienen gibt?
Der Online-Handel boomt - das lässt sich nicht wegdiskutieren. Einer aktuellen Studie des IFH Köln zufolge haben 44 Prozent der Deutschen in der Corona-Krise erstmals Produkte online bestellt, die sie vorher nur stationär gekauft haben - und planen, das auch in Zukunft zu tun. Zeitgleich hat regionales und nachhaltiges Einkaufen an Relevanz gewonnen. So wollen laut der Studie 57 Prozent der Konsumenten künftig mehr regional produzierte Produkte kaufen und 53 Prozent mehr auf die Nachhaltigkeit von Produkten achten. Diese Trendbewegungen beim Einkaufsverhalten können insbesondere für stationäre Händler in Kombination mit Cross-Channel-Konzepten eine Chance bieten.
"Cross-Channel-Konzepte in verschiedenen Ausrichtungen sind ein unumgänglicher Ansatz, wenn es um die Zukunftsperspektive des stationären Handels geht. Dass der Onlinekanal zielgruppenübergreifend immer wichtiger wird, liegt vor allem an der hohen Convenience. Das kann und muss der Handel vor Ort nutzen", empfiehlt Jens-Peter Gödde, Senior Projektmanager am IFH Köln. So könne beispielsweise durch lokale Onlinemarktplätze oder Click-and-Collect-Lösungen bequemes Einkaufen mit Regionalität und Nachhaltigkeit verknüpft werden.
Vor allem, wenn es um den Kauf von großen und teuren Produkten wie Möbeln geht, spielt der stationäre Handel nach wie vor eine große Rolle. Doch auch hier sind die Kunden verstärkt im Netz unterwegs. Weit über 80 Prozent informieren sich digital über Produkte, die sie im Anschluss stationär kaufen. "Research Online, Purchase Offline", kurz ROPO, nennt sich dieser Trend, bei dem der Verbraucher die Vorzüge des Online-Handels nutzt, ohne auf das Einkaufserlebnis im Geschäft zu verzichten.
Händler, die von dem ROPO-Effekt profitieren wollen, sollten ihrem Web-Auftritt hohe Aufmerksamkeit widmen. Dieser sollte ein
•vollständiges Produktportfolio inklusive Verfügbarkeit und Lieferzeiten abbilden
•ausführliche Produktbeschreibungen und -maße beinhalten
•Raum für Kundenbewertungen bieten
•alle Infos über das stationäre Geschäft wie Öffnungszeiten, Telefonnummer, Anfahrt oder Parkplatzsituation auflisten
•Serviceleistungen hervorheben
Ebenso weit verbreitet wie der ROPO-Trend ist aber auch der gegenteilige Effekt: Beim Showrooming begutachten Konsumenten Produkte im Handel nur noch, um sie anschließend online - vorzugsweise zu einem günstigeren Preis - zu kaufen. In der Möbelbranche nutzen große Online-Shops wie home24.de oder Made.com den Trend, indem sie in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt ein Produktangebot in eigenen Showrooms präsentieren. Gekauft werden kann hier nicht, bestellt werden aber schon.
Stationäre Händler ziehen aus dem veränderten Kaufverhalten das Fazit, den Kundenkontakt am besten über mehrerer Kanäle herzustellen und diese miteinander zu verknüpfen. Geschäfte, die sich darauf einstellen, dass Kunden bereits heute vielfältiger und umfassender informiert sind als jemals zuvor, können auch weiterhin von der noch immer vorhandenen Konsumlaune profitieren - und von der Tatsache, dass rund 86 Prozent der Verbraucher sogenannte "Hybrid-Kunden" sind, also online und offline einkaufen.
aus
Haustex 10/20
(Handel)