Kleiner Fehler - Großer Schaden: Risse und Ablösungen des Bodenbelags

Zu geringe Estrichdicke eingebaut Schwindverkürzungen unterschätzt

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Estrich, der mit einer zu geringen Dicke eingebaut wurde.

Im Erdgeschoss eines Wohnhauses wurden Anfang 2018 Heizestriche der Bauart A (CT-C25-F4 und CA-C25-F4) eingebaut. Ein entsprechendes und angefordertes CM-Messprotokoll des Bodenlegers wurde nicht übersandt. Nach den telefonischen Angaben des Fliesenlegers waren die Estriche am Tag der Fliesenverlegung belegreif. Ein entsprechendes Aufheizprotokoll zum Funktionsheizen mit konstanter Vorlauftemperatur (3 Tage, Tv = 25° C) wurde ebenfalls nicht vorgelegt oder existiert nicht.

Nach dem Einzug in das Wohnhaus, bzw. nach ca. 1,5 Jahren, stellte der Bauherr in den Erdgeschoss-Räumen Absenkungen des Fußbodens in den Ecken, Hohllagen von keramischen Fliesen und Rissbildungen fest. Teilweise wurden bereits Fliesen ausgetauscht, die nicht wieder gerissen waren.


Schaden

Eckabsenkungen, Risse,
Hohllagen der Fliesen

An den Bodenfliesen waren Hohllagen und fehlende Dehnungsfugen zwischen den unterschiedlichen Estrichen (Heizestrich und Estrich auf Dämmschicht) feststellbar. An den Raumecken traten bis zu 8 mm tiefe Absenkungen des Belags mit Flankenabrissen des Dichtstoffes auf. Nach dem Entfernen der lockeren Bodenfliesen war ein Riss im Heizestrich, Länge ca. 3 m, Rissbreite 0,75 mm, erkennbar.

Die Bodenfliesen wurden in Richtung der Raumbreite weiter entfernt. Sie hafteten kaum am Untergrund und wiesen keine Kleberreste auf. Die werkseitige Prägung war gut sichtbar. Zur Überprüfung der Estrichdicke und der Rohrüberdeckung wurde der Estrich vor dem Heizkreisverteiler geöffnet. Eingebaut wurde ein Zement-Heizestrich (CT-F4) der Bauart A. Die Gesamtestrichdicke betrug genau 49 mm. Der Durchmesser des Heizungsrohrs betrug exakt 17 mm, sodass sich eine Rohrüberdeckung von 49 mm - 17 mm = 32 mm ergibt.
Zur Überprüfung der Estrichdicke sowie der Rohrüberdeckung wurde eine weitere Öffnung in einem anderen Raum mit PVC-Belag vorgenommen. Eingebaut wurde ein Calciumsulfat-Heizestrich (CA-F4) der Bauart A. Die Gesamtdicke des Estrichs betrug dort 55 mm. Daraus ergibt sich eine Rohrüberdeckung von 55 mm - 17 mm = 38 mm.


Ursache

Estrich zu gering dimensioniert

Sowohl die Gesamtestrichdicke von 49 mm als auch die erforderliche Rohrüberdeckung von 32 mm waren zu gering. Dieser Estrich wurde zu gering dimensioniert eingebaut. Nach DIN 18560-2 beträgt die Mindestrohrüberdeckung für konventionelle Zement-Heizestriche mindestens 45 mm, sodass dieser Estrich mit einer Gesamtdicke von 45 mm +17 mm = 62 mm hätte eingebaut werden müssen. Dies war hier aber nicht der Fall. Die geplante Estrichdicke von 65 mm wurde nicht ausgeführt, sodass außerdem noch Schwellen entstanden sind.

Die Gesamtdicke des eingebauten Calciumsulfat-Heizestrichs von 55 mm war gerade so ausreichend. Nach DIN 18560-2 beträgt die Mindestrohrüberdeckung für Calciumsulfat-Heizestriche mindestens 40 mm. Die gemessene Überdeckung von 38 mm entspricht gerundet der erforderlichen Mindestüberdeckung von 40mm, wenngleich die geplante Gesamtestrichdicke von 65 mm auch hier nicht erreicht wurde.

Im Erdgeschoss des Gebäudes (Flur) waren keine Risse oder Schäden feststellbar, weil dort ein anderer Heizestrich (Calciumsulfat-Heizestrich, CA-F4) mit einer größeren Gesamtdicke von 55 mm eingebaut worden war.

Die festgestellten Erscheinungen sind auf die Schwindverkürzung des Zement-Heizstrichs infolge einer zu starken und zu schnellen Austrocknung (ggf. durch zu schnelles Aufheizen des Estrichs) und auf eine zu geringe Estrichdicke von insgesamt nur 49 mm zurückzuführen. Eine Dehnungsfuge zwischen den unterschiedlichen Estrichen (Heizestrich und Estrich auf Dämmschicht) fehlte.


Verantwortlichkeit

Estrich- und Fliesenleger
haben Fehler gemacht

Aus rein technischer Sicht fällt der Schadensfall in den Verantwortungsbereich der Gewerke Estrichleger- und Fliesenlegerarbeiten im Verhältnis 50:50.

Einerseits wurde der Estrich mit zu geringer Dicke ausgeführt, anderseits hat der Fliesenleger den Untergrund nicht ausreichend geprüft und keine Bedenken hinsichtlich des Fehlens von Dehnungsfugen zwischen beheizten und unbeheizten Systemen angemeldet. In diesem Zusammenhang konnte die Frage nicht geklärt werden, warum die Mindestrohrüberdeckung und damit die Estrichdicken unterschritten wurden. Es handelte sich dabei um einen vermeidbaren Fehler bei der Ausführung.

Bei seiner Kostenschätzung ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass der gesamte Fußbodenaufbau ausgetauscht werden muss, weil zu geringe Estrichdicken, Risse und Hohllagen im Fliesenbelag feststellbar waren. Die Sanierungskosten betrugen rund 20.000 EUR.

Jens Schade der Autor
Jens Schade ist Sachverständiger für Schäden an Gebäuden an der Industrie-
und Handelskammer
Ostthüringen zu Gera.

Schade GmbH -
Baugutachter
Dipl.-Ing. Jens Schade
Am Vogelherd 10
98693 Ilmenau
Tel.: 03677/6899706
Fax: 03677/6899707
Mobil: 0175/7218849
aus FussbodenTechnik 05/20 (Handwerk)