Kleiner Fehler – Großer Schaden: Ausgleich zeigt zu geringe Oberflächenfestigkeit | Falsche Wasserdosierung mit schweren Folgen

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um die Folgen einer Überwässerung der Ausgleichsmasse beim Anmischen.

Im Zuge des Umbaus eines Verwaltungsgebäudes sollten auf einer bestehenden, in den 1950er-Jahren erstellten Fußbodenkonstruktion neue PVC-Bodenbeläge verlegt werden. Die Vorbereitung des Untergrunds wurde von der Bauleitung, losgelöst von den Belagsarbeiten, gesondert vergeben.

Im Leistungsverzeichnis war ein Bodenausgleich in Schichtdicken von 7 bis 15 mm auf dem bestehenden Fußbodenaufbau, inklusive aller Nebenarbeiten, ausgeschrieben. Das Gebäude sollte nach der Sanierung als Lager und Verkaufsgebäude genutzt werden. Es war planmäßig eine Belastung mit Rollwagen mit 1.000 kg Nutzlast für den Warentransport vorgesehen.

Für die Materialauswahl hatte sich der beauftragte Unternehmer für eine Objektberatung vertrauensvoll an seinen Materiallieferanten gewandt. Ein Mitarbeiter des Herstellers erschien auf der Baustelle und sprach nach Besichtigung der Flächen die Empfehlung aus, den Boden zu schleifen, mit einer Dispersionsgrundierung zu grundieren und anschließend eine zementgebundene Bodenausgleichsmasse einzubauen, die für Schichtdicken bis 30 mm geeignet war. Sowohl Nachfragen, ob Ergebnisse zu Untersuchungen des bestehenden Bodenaufbaus vorlagen, als auch eigene Untersuchungen durch den Hersteller erfolgten nicht.

Der Unternehmer schliff daraufhin die Bodenflächen mit einer Bodenschleifmaschine und saugte sie anschließend ab. Gemäß Vorgaben im Leistungsverzeichnis und den Empfehlungen des Herstellers wurden die Bodenflächen danach mit einer Systemgrundierung auf Basis einer Acrylatdispersion grundiert.

Aufgrund der Flächengröße und dem daraus resultierenden Materialbedarf beim Einbau der Ausgleichsmasse entschied sich der Verarbeiter für den Einsatz einer Mörtelpumpe mit Durchlaufmischer. Damit war eine kontinuierliche Materialbereitstellung am Einbauort in der erforderlichen Menge sichergestellt, was für ihn eine schnelle Abwicklung des Auftrags bedeutete.


Schaden

Risse und zu wenig Oberflächenfestigkeit im Bodenausgleich

Kurze Zeit nach Abschluss der Arbeiten wurden von der Bauleitung Rissbildungen im Bodenausgleich und Zonen mit geringer Oberflächenfestigkeit angezeigt. Beim Ortstermin war zunächst festzustellen, dass der Bodenausgleich auf der gesamten Fläche sehr starke Farbchangierungen mit Wolkenbildung aufwies. In den hellen Bereichen hatte die Ausgleichsmasse keine Festigkeit und konnte mit einem Schlüssel bzw. mit einer Hammerspitze ohne Kraftaufwand geritzt und abgetragen werden.

Die Bodenfläche war in Teilflächen von netzartigen Rissen mit Rissbreiten bis 0,9 mm durchzogen. Beim Abtasten der Oberfläche mit einem Hohlstellensuchgerät war in diesen Bereichen großflächig ein Hohlklang festzustellen, der Ablösungen einzelner Schichten vermuten ließ.


Ursache

Überwässerung der Ausgleichsmasse

An mehreren Stellen wurden Bauteilöffnungen in Form von Bohrkernentnahmen und der Aufnahme von Bruchstücken angelegt. Dabei wurde festgestellt, dass der Fußbodenaufbau in den Bereichen mit Rissbildungen aus mehreren Mörtelschichten bestand, die in unterschiedlichen Dicken mehr oder weniger im Verbund miteinander eingebaut waren. An der Bohrlochwandung und den entnommenen Bohrkernen war bereits visuell feststellbar, dass die Schichten unterhalb der Ausgleichsspachtelung nur geringe Festigkeiten aufwiesen. Nach dem Aussaugen der im Trockenbohrverfahren hergestellten Bohrlöcher war eine sehr löchrige, mit Ausbrüchen behaftete Bohrlochwandung vorhanden. Die Rissbildungen in der Ausgleichsspachtelung waren deckungsgleich in der oberen Mörtelschicht vorhanden. Entnommene Bohrkerne zerfielen zumeist. Die Ausgleichsspachtelung haftete auf einer sehr mürben 15 bis 25 mm dicken Mörtelschicht. Der Mörtel konnte zum Teil mit den Fingern zerbröselt werden.

Es war auch sehr deutlich zu erkennen, dass die verwendete Ausgleichsmasse in den Bereichen mit heller Färbung sehr stark sedimentiert war. Die groben Zuschläge setzten sich unten an, die feineren Bestandteile und die enthaltenen Kunststoffe schwammen nach oben auf. Dieses Erscheinungsbild in Verbindung mit der geringen Festigkeit und der Farbunterschiede ist ein eindeutiges Indiz für eine Überwässerung der Ausgleichsmasse beim Anmischen. Auf Nachfrage wurde mitgeteilt, dass der Durchlaufmischer ohne Druckregelung an die Baustellenwasserversorgung angeschlossen war und beim Anmischen/Pumpen der Ausgleichsmasse Druckschwankungen vorhanden waren. Wenn beim Einbau die Ausgleichsmasse visuell feststellbar zu dünn, also überwässert aus dem Förderschlauch austrat, wurde versucht, die Wasserzugabe an der Maschine nachzuregulieren.

Beim Anlegen einer größeren Bauteilöffnung wurde an der Unterseite des entnommenen Bruchstückes sichtbar, dass an der Unterseite der oberen Mörtelschicht weiße Anhaftungen aus Kalk vorhanden waren, die einen Verbund der einzelnen Schichten untereinander verhinderten. Die Unterseite war zudem relativ glatt - die Oberfläche der Schicht, auf der diese aufgebracht wurde, war vermutlich mit der Schaufel verdichtet und geglättet worden. Das Bruchbild lässt darauf schließen, dass die untere Mörtelschicht beim Einbau der nachfolgenden Schicht erhärtet und verunreinigt war. In Bereichen ohne Rissbildungen war eine homogene, feste Mörtelstruktur vorhanden. Die Kerne rissen beim Bohren in einer Tiefe von 45 mm ab.


Verantwortlichkeit

Verarbeitungsfehler
bei der Wasserdosierung

Ursächlich für diesen Schaden war ein Totalversagen aller Beteiligten. Dieser Boden war nicht dafür geeignet, mit einer Ausgleichsmasse beschichtet zu werden, um danach als Verlegeuntergrund für einen elastischen Bodenbelag zu dienen und mit Transportwagen befahren zu werden.

- Der Planer unternahm im Vorfeld keine Grundlagenermittlung und eingehende Untersuchung an dem Bestandsboden. Im Vordergrund stand eine möglichst preiswerte Sanierung des Bodens, um ihn für die Verlegung eines elastischen Bodenbelages herzurichten. Der Fußbodenaufbau hatte zum Zeitpunkt der Gebäudesanierung ein Alter von über 60 Jahren, seine "Lebenszeit" also bereits hinter sich. Bei Voruntersuchung hätten die zu geringen Grundfestigkeiten und das Ablösungen der einzelnen Schichten ohne großen Aufwand festgestellt werden können.

- Der Vertreter des Materialherstellers hat es ebenfalls an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen und keine Nachfragen zur Untergrundbeschaffenheit gestellt bzw. deren Prüfung anzuregen oder eigene Prüfungen vorgenommen. Er verließ sich bei seiner Beratung darauf, dass eine intakte Verbundkonstruktion vorlag. Zementgebundene Ausgleichsmassen sind schwindkompensiert eingestellt. Dennoch bauen sie im Zuge der Erhärtung und Austrocknung Schwindspannungen auf, die bei unzureichender Tragfähigkeit des Untergrunds zu Rissbildungen und großflächigen Ablösungen führen. Dünnschichtige Ausgleichsmassen bedürfen immer eines tragfähigen Untergrundes, um die Belastungen aus der Nutzung auch schadensfrei aufnehmen zu können.

- Der Verarbeiter hat ebenfalls den Untergrund nur unzureichend geprüft und zusätzlich eine Maschinenkonstellation eingesetzt, die so für die Verarbeitung von leichtverlaufenden Ausgleichsmassen nicht geeignet ist. Derartige Produkte sind hochsensible Systeme, bei deren Anmischen unbedingt die vorgegebene Wassermenge einzuhalten ist.

Bei der maschinellen Verarbeitung kommt der gleichbleibenden und verlässlichen Wasserdosierung eine entscheidende Bedeutung bei. Wenn kein gleichbleibend hoher Wasserdruck im Versorgungsnetz vorhanden ist, der mittels Druckminderer auf einen konstant niedrigeren Druck herabgeregelt werden kann und damit eine gleichbleibende Wasserzugabe sichergestellt ist, müssen Schwankungen in der Wasserzugabe durch einen Zwischenbehälter ausgeglichen werden, aus dem mit einer separaten Pumpe das Anmischwasser gleichbleibend dosiert wird.

Die Wasserdosierung ist vor Beginn des Einbaus der Ausgleichsmasse genau einzustellen und während der Pumparbeiten durch Überprüfung des Ausbreitmaßes zu kontrollieren. Überwässerungen der Ausgleichsmasse haben Sedimentierungen, Festigkeitsverluste und erhöhte Schwindverformungen zur Folge. Die Beschaffenheit der Ausgleichsmasse war also auf Verarbeitungsfehler zurückzuführen.



Dipl.-Ing. Burkhard Prechel der Autor
Von der HWK Dresden ö.b.u.v. Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk und das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk.

Posottendorfer Straße 7
02827 Görlitz
Tel.: 03581/845160
Fax: 03581/845159
Mobil: 0157/32803064
sv.prechel@online.de
www.sv-prechel-goerlitz.de
Kleiner Fehler – Großer Schaden:  Ausgleich zeigt zu geringe Oberflächenfestigkeit | Falsche Wasserdosierung mit schweren Folgen
Foto/Grafik: Prechel
Sehr weiche Oberfläche der Ausgleichsspachtelung in den Bereichen mit heller Färbung.
Kleiner Fehler – Großer Schaden:  Ausgleich zeigt zu geringe Oberflächenfestigkeit | Falsche Wasserdosierung mit schweren Folgen
Foto/Grafik: Prechel
Wolkige Oberfläche der Ausgleichsspachtelung.
Kleiner Fehler – Großer Schaden:  Ausgleich zeigt zu geringe Oberflächenfestigkeit | Falsche Wasserdosierung mit schweren Folgen
Foto/Grafik: Prechel
Bohrlochwandung mit starken Ausbrüchen und Rissbildung in der Ausgleichsspachtelung und oberen Mörtelschicht.
Kleiner Fehler – Großer Schaden:  Ausgleich zeigt zu geringe Oberflächenfestigkeit | Falsche Wasserdosierung mit schweren Folgen
Foto/Grafik: Prechel
Unterseite der oberen Mörtelschicht mit Kalkauflagerungen und sehr glattem Negativabdruck des Untergrundes.
aus FussbodenTechnik 01/21 (Handwerk)