"Unternehmen müssen heute wesentlich intensiver um Kandidaten werben"
Roland Bantel, in der Branche unter anderem als Vorstand bei A.S. Création Tapeten bekannt, ist in die Personalberatung gewechselt. Wir haben mit ihm über seine neue Aufgabe und die Herausforderungen bei der Personalakquise gesprochen.
BTH Heimtex: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie bei der Carrisma Personalberatung eingestiegen sind?
Roland Bantel: Wie so oft im Leben, spielt der Zufall eine große Rolle, so auch in diesem Fall. Ein Kollege aus meiner sehr frühen Zeit im Personalwesen, Jörg Volkmann, hat mich Weihnachten 2023 angerufen und mir mitgeteilt, dass der Gründer von Carrisma nach 33 Jahren in den Ruhestand gehen möchte und das Unternehmen mit zehn Mitarbeitern zum Verkauf steht. Jörg ist bereits über 25 Jahren bei Carrisma und langjährig als Geschäftsführer erfolgreich tätig. Er hat das Unternehmen entscheidend mitgeprägt und war der Meinung, dass es an der Zeit ist, unseren damaligen Wunsch nach einer gemeinsamen Personalberater-Tätigkeit endlich umzusetzen. Ich bin dann tatsächlich nach kurzer Bedenkzeit direkt im Januar 2024 in den M&A-Prozess eingestiegen und musste mich anschließend mit einigen weiteren, bekannten Personalberatungsunternehmen "messen" lassen. Ende April hat sich dann der Gründer für mein Konzept entschieden und ich freue mich sehr, nun als Alleingesellschafter gemeinsam mit meinem Geschäftsführer-Kollegen Jörg Volkmann unseren Herzenswunsch zu leben.
Sie waren lange Jahre Vorstand Marketing und Vertrieb beim Tapetenhersteller A.S. Création. Offenbar ist Personal für Sie aber kein neues Thema?
Nein, ganz und gar nicht. Ich war Mitte der 1990er für einige Jahre als Personalberater am Assessment-Center für Führungskräfte der Bundeswehr im Bundesamt für Personalmanagement tätig und wollte eigentlich danach auch Personalberatung machen. Doch dann hatte mich mein Jugendfreund Jörn Kämper zu A.S. Création geholt, ich bin dort 24 Jahre geblieben und habe in dieser Zeit mein Faible für Marketing und Vertrieb entdeckt. Das Thema Personalwesen hat mich aber auch dort immer intensiv begleitet: Ich konnte meine Erfahrungen und Kenntnisse über viele Jahre einbringen und so dem Unternehmen helfen. Meine intrinsische Motivation für Themen rund ums Personalwesen ist immer sehr hoch gewesen und ich konnte bereits mehrfach Branchenkollegen aus anderen Unternehmen unterstützen. Daher ist mir dieser Bereich insgesamt sehr vertraut, obwohl sich sicher einige Tools verändert haben. Aber das Gespür für die richtigen Menschen, die zueinander finden sollen, ist die entscheidende Kompetenz, und darin soll ich bereits nachweisbar ganz erfolgreich gewesen sein.
Für welche Branchen ist die Carrisma tätig?
Carrisma ist eine langjährig etablierte Personalberatung, die bereits seit über 33 Jahren mit Erfolg Fach- und Führungskräfte schwerpunktmäßig in der FMCG-Branche (Fast Moving Consumer Goods, etwa Schnelldreher; Anm. d. R.) vermittelt. Die DNA von Carrisma ist ein perfektes Matching von passenden Profilen auf Vakanzen in Industrie und Handel für Konsum- und Gebrauchsgüter sicherzustellen. Zu den langjährigen Kunden gehören aber auch bereits einige bekannte Firmen aus der Heimtextilien-Branche.
Wie können Sie Firmen helfen, geeignetes Personal zu finden - und umgekehrt?
Viele Vermittlungen erfolgen über persönliche Netzwerke sowie über ganz wenige auf Heimtextilien spezialisierte Personalberatungsunternehmen. Da haben sich oft Routinen etabliert und ich bin der Meinung, dass wir mit unserem zehnköpfigen Team neue Impulse und verstärkt professionelle Methoden bei der erfolgreichen Besetzung von Führungspositionen einbringen können. Zu erwähnen sind zielgerichtetes Recruiting mit professionellen Tools, Optimierung von Datenanalysen und automatisierte Prozesse bis zum Kandidatenpool. Erst danach beginnt der entscheidende Matching-Prozess.
Diesen Prozess beherrscht Carrisma hervorragend. Kürzlich wurde das Team bereits zum dritten Mal in Folge bei der Befragung der Zeitschrift Wirtschaftswoche in Deutschland unter die Top 5 Personalberatungsunternehmen im Mittelstand gewählt.
Stichwort Fachkräftemangel - ist der auch in den Managementetagen der Industrie zu finden?
Wir unterscheiden in der Regel zwischen Fach- und Führungskräften. Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, qualifizierte Führungskräfte zu finden, die über die notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, um die vielfältigen Herausforderungen in der Managementebene zu bewältigen. In dem ein oder anderen Fall kann das zu erheblichen Engpässen in der strategischen Planung und Umsetzung führen. Zusätzlich kann der Mangel an geeigneten Talenten das Unternehmen in Wettbewerbsfähigkeit und Innovationkraft beinträchtigen und schwächen. Daher ist es aus meiner Sicht geboten, gezielt Voraussetzungen zur strategischen Förderung und Entwicklung von Führungskräften zu schaffen. Früher gab es den "Goldfischteich" im Rahmen der Nachwuchsförderung. Da sich die Wechselbereitschaft des Führungsnachwuchses in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat, sind heute ganz andere strategische Maßnahmen zu treffen.
Gibt es weitere Herausforderungen bei der Personalakquise?
Die Unternehmen stehen vor erheblichen Bottle-Necks, die es zu bewältigen gilt, und vielfach müssen ihre Angebote angepasst werden. Wir kennen die veränderten Erwartungen der Arbeitnehmer, z.B. Flexibilisierung von Arbeitszeiten, Präsenzen im Unternehmen und Verbesserungen der persönlichen Work-Life-Situation. Darüber hinaus gibt es inzwischen weitere Anforderungen an die Unternehmen bei Themen wie Organisationsstrukturen, Partizipation, Nachhaltigkeit, Compliance, Arbeitsplatzgestaltung, persönliche Karriereförderung und vieles mehr. Auch eine zunehmend breite und tiefe Digitalisierung erfordert neue Fähigkeiten und Kenntnisse. Eine erfolgreiche Ansprache potenziell geeigneter Kandidaten muss über jeweils optimal passende Kanäle erfolgen, um eine ausreichend große Auswahl zu generieren.
Die Einstellungsprozesse verändern sich deutlich und die Unternehmen müssen sich darauf einstellen. Schnelligkeit, kontinuierlicher Dialog und Feedback sind sehr wichtig und oft ein Grund für ein gutes Gefühl beim Bewerber. Lange und aufwändige Schleifen im Bewerbungsprozess sind oft ein Grund für Absagen durch Kandidaten, die sich dann längst für ein "schnelleres" Unternehmen entschieden haben. Diese Veränderungen können wir auf Wunsch gerne begleiten.
Um es deutlich zu sagen: Unternehmen müssen wesentlich intensiver als früher um Talente und gute, passende Kandidaten werben. Das hat sich bei vielen Vakanzen stark verändert und diese Gegebenheiten erfordern neben einer strategischen Herangehensweise auch eine besondere Erfahrung und Professionalität bei der Personalakquisition.
| Die Fragen stellte Thomas Pfnorr.
aus
BTH Heimtex 01/25
(Handel)