Kleiner Fehler Großer Schaden: LVT-Klickboden durchgehend schwimmend verlegt

Fehlende Materialkenntnisse kombiniert mit schweren Einbaumöbeln

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Vinylbelag, der im Zuge der Renovierung eines Restaurants verlegt wurde und schon kurz nach der Fertigstellung begann, aufzustippen und sich zu verwerfen.

Der Inhaber eines alteingesessenen italienischen Restaurants entschied sich, nach fast 30 Jahren erfolgreichen Wirkens, sein Lokal in neuem Glanz erscheinen zu lassen. So wurde nicht nur eine komplett neue Lokaleinrichtung inklusive Schanktheke und Garderobe bei dem ortsansässigen Schreiner in Auftrag gegeben, sondern auch der in die Jahre gekommene keramische Fliesenboden durch einen attraktiven Vinylbelag in trendigem Holzdesign ersetzt.

Aus zwei Gründen entschied sich der Bauherr für einen Vinylbelag: zum einen aufgrund der Pflegeleichtigkeit, zum anderen aufgrund der geringen Aufbauhöhe, um die Kosten der Entfernung des vorhandenen Fliesenbodens zu sparen. Der beauftragte Schreiner sah sich in der Lage, auch die Bodenbelagsarbeiten durchzuführen und somit befand sich der komplette Auftrag in einer Hand.

Das Praktische war, dass der Raum mit rund 100 m2 Fläche bei der Renovierung komplett leer war. So konnte der Schreiner den Bodenbelag relativ einfach im Stück durchverlegen und im Anschluss seine neue Einrichtung daraufstellen. Doch bereits kurz nach der Fertigstellung kam es vor allem im Eingangsbereich zu Aufstippungen und Verwerfungen im Bodenbelag. Der beauftragte Schreiner erkannte jedoch keine Fehler seinerseits und wehrte deshalb die Reklamation kategorisch ab. Somit wurde der Fall vor Gericht ausgetragen und der Sachverständige beauftragt, die Ursache festzustellen und zu bewerten.

Schaden: Aufstippungen und Aufwölbungen im Vinylbelag

Deutlich erkennbar zeigte sich die Aufstippung im Eingangsbereich bei der südlich ausgerichteten, bodentief verglasten Eingangstür. In der anschließenden Fläche dominierten zudem Aufwölbungen. Die Untersuchungen des Sachverständigen ergaben, dass es sich bei dem Bodenbelag um einen LVT-Klickboden in 4,5 mm Dicke handelte, der durchgehend schwimmend verlegt worden war.

Ursache: Schwere Einbaumöbel fixierenLVT-Klickboden ungewollt

Die Feststellung der Ursache stellte für den Sachverständigen keine Herausforderung dar. Auf gar keinem Fall hätte der LVT-Klickboden durchgehend schwimmend verlegt werden dürfen, da er anschließend in mehreren Bereichen mit schweren Einbaumöbeln punktfixiert wurde. Die Bewegungsfreiheit bei einem solchen, nicht flächensteifen Produkt, ist für die Funktionalität außerordentlich wichtig und wird auch in den Verlegeanleitungen gefordert.

LVT-Beläge haben einen starken Bewegungsdrang für den Fall von schwankenden Temperatureinflüssen. Somit war es auch nicht verwunderlich, dass bei dem durch Sonneneinstrahlung beeinflussten Eingangsbereich die negativen Auffälligkeiten am größten waren.

Verantwortlichkeit: Schreiner kannte notwendige Flächensteifigkeit nicht

Die Materialprüfung des verwendeten Bodenbelags gemäß EN ISO 23999 "Elastische Bodenbeläge-Bestimmung der Maßhaltigkeit und Schüsselung nach Wärmeeinwirkung" ergab einen Mittelwert von 0,185 %. Es ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass der Fall schon länger zurückliegt: Er ist aus dem Jahr 2015. Zu diesem Zeitpunkt war der Grenzwert mit 0,25 % bestimmt. Somit kann dem verlegten Belag auch keine Mitverantwortung angelastet werden.

Im Jahr 2018 wurde die Norm DIN EN ISO 10582 "Elastische Bodenbeläge- Heterogene Poly(vinyl-
chlorid)-Bodenbeläge" aktualisiert, der die LVT-Klickbeläge zugeordnet sind. Seitdem gibt es einen eigenen Grenzwert für lose oder schwimmend verlegte Platten und Dielen, der nun bei 0,15 % liegt.

Die Verantwortlichkeit liegt in diesem Fall eindeutig beim Verleger, der die Beratung zu dem Produkt und der Verlegeart durchgeführt hatte. Besser oder richtig wäre gewesen, den Unterboden zu spachteln und einen Vinylbelag verklebt zu verlegen. Doch diese Verlegeart war nicht im Leistungsspektrum des Schreiners vorhanden.

Im Grunde muss sich der Schreiner zwei Fehler anlasten lassen: Erstens zeigte er fehlende Materialkenntnisse. Er hatte bis zu dem Zeitpunkt schon mehrfach erfolgreich starre Klick-Beläge, wie Dreischicht-Fertigparkett oder Laminat, verlegt. Ein LVT-Klickboden jedoch ist semi-elastisch und besitzt nicht die erforderliche Flächensteifigkeit, um größere Flächen mit schweren Möbeln besetzt durchzulegen. Und Zweitens macht es durchaus Sinn, wenn man ein Produkt zum ersten Mal in der Hand hält, wenigstens die Verlegeanleitung durchzulesen. Dort wäre der Verleger vom Hersteller darauf hingewiesen worden, dass der Bodenbelag nicht mit schweren Möbel punktuell fixiert werden darf.

Im Endergebnis mussten alle Möbel entfernt werden und der Bodenbelag wurde wieder ausgebaut. Die Kosten hatte der Schreiner zu tragen.


Der Autor
Ernst Weinzierl ist von der Handwerkskammer
Niederbayern/Oberpfalz öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Parkett und Bodenbeläge.

Sachverständigenbüro Ernst Weinzierl
Brückenstraße 5 84137 Vilsbiburg
Tel.: 0 87 41 / 63 87 Mobil: 0 15 23 / 3 54 47 95
www.fussboeden-weinzierl.de
info@fussboeden-weinzierl.de
Fehlende Materialkenntnisse kombiniert mit schweren Einbaumöbeln
Foto/Grafik: Weinzierl
Deutlich erkennbar ist auf diesem Foto die Aufstippung im Eingangsbereich an der südlich ausgerichteten bodentief verglasten Eingangstür.
Fehlende Materialkenntnisse kombiniert mit schweren Einbaumöbeln
Foto/Grafik: Weinzierl
Der Verleger hätte empfehlen müssen, den Unterboden zu spachteln und einen Vinylbelag verklebt zu verlegen. So zeigte der Belag in der Fläche eine nicht planebene Oberfläche.
Fehlende Materialkenntnisse kombiniert mit schweren Einbaumöbeln
Foto/Grafik: Weinzierl
Schwere Einbaumöbel sorgten für eine Punktfixierung des Belags, der sich bei Temperaturveränderungen nicht ausdehnen und zusammenziehen konnte.
aus FussbodenTechnik 01/25 (Handwerk)