Nadelvlies Großhandelsumfrage 2024
Klarer Sieger mit einigen Fragezeichen
Kurioses Ergebnis der Großhandelsumfrage Nadelvlies 2024: Dauersieger Findeisen liegt wieder klar an der Spitze - und hat inzwischen Insolvenz angemeldet. Die Bewertungen zeigen aber, dass der Hersteller eine Zukunft haben dürfte. Hinter ihm ist das Feld dicht gedrängt.Das gab es noch nie in den vielen Jahren, die BTHHeimtex den Großhandel die Qualität seiner Lieferanten - in diesem Fall von Nadelvliesbodenbelägen - beurteilen lässt: Dauersieger Findeisen setzt sich in elf von 14 Kategorien durch, lässt die Konkurrenz in der Durchschnittsnote (2,1) mit einem beachtlichen Vorsprung von 0,5 Punkten hinter sich, und dann kommt die Meldung, das Unternehmen ist insolvent (siehe Seite 6) und will sich in Eigenverwaltung sanieren. Auch bei den Zukunftsperspektiven hatten die Grossisten den Ettlinger Hersteller an der Spitze positioniert. Können sie sich so geirrt haben?
Nicht unbedingt. Als Kunden kennen sie die Produkte und den Außendienst, können die Lieferschnelligkeit und das Marketing beurteilen. Aber in die Bücher ihrer Lieferanten schauen, das können die Großhändler nicht. Daher haben sie bei der Umfrage im August die Zukunftsperspektiven von Findeisen als gut bewertet. Und die Tatsache, dass in Ettlingen ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bevorsteht, spricht dafür, dass die Aussichten für den Hersteller gar nicht schlecht sind. Trotz des Verfahrens läuft der Geschäftsbetrieb nach Aussage des Unternehmens uneingeschränkt weiter, alle Produkte seien weiterhin lieferbar. Angesichts der guten Bewertungen ist davon auszugehen, dass der Großhandel seinem Lieferanten die Treue halten wird, sollte ein Investor gefunden werden und die Restrukturierung gelingen.
Fünf Lieferanten bewertet
Aber Nadelvlies, das ist in Deutschland nicht nur Findeisen. Vier weitere Unternehmen wurden in unserer Umfrage bewertet: Die Filzfabrik Fulda, Forbo Flooring und Vebe mit der Marke Strong landen mit der Note 2,6 gleichauf auf Platz zwei. Das Qunitett komplett macht mit der Note 2,8 Fabromont. Abgesehen vom Spitzenreiter liegt das Feld also sehr dicht beieinander.
Das gilt auch für die meisten Einzelkategorien. In neun von 14 trennen den Erst- und den Letztplatzierten weniger als eine Note. Besonders groß ist die Lücke mit 1,8 Punkten hingegen bei der Qualität des Außendienstes. Und auch bezüglich der Vertriebspolitik ergibt sich ein breites Notenspektrum.
Als insgesamt ausgesprochen gut wird die Produktqualität beurteilt. Die Noten für die Produktinnovationen fallen hingegen schlechter aus. Beides ein Indiz dafür, dass es sich bei dem strapazierfähigen Objektbelag um einen ausgereiftes Produkt handelt. Für ein solches muss nicht mehr so viel geworben werden, meint man offenbar seitens der Lieferanten. Die Großhändler sehen das anders: Im Vergleich zu anderen Kategorien verteilen sie für das Marketing keine guten Noten. Auch beim Zukunftsthema Nachhaltigkeit sind die Beurteilungen zwischen 2,5 und 2,8 nicht herausragend. Da geht noch mehr, meinen die Kunden.
Was im Vergleich zur Umfrage im Vorjahr auffällt: Die Marktverbreitung der einzelnen Anbieter ist signifikant zurückgegangen. 2023 wurde Findeisen von 82 % der antwortenden Großhändler gelistet, 2024 sind es nur noch 50 %. Vebe/Strong hat mit 52 % die Spitzenposition übernommen, hatte im vergangenen Jahr aber noch 77 %. Offenbar haben die Grossisten ihre Sortimente gestrafft und konzentrieren sich auf weniger Lieferanten.
An dieser Stelle aber ein wichtiger Hinweis: Wir fragen den Großhandel nur, welche Hersteller er gelistet hat. Absatzmengen und Umsätze spielen in unserer Umfrage keine Rolle.
Die Firmen im Detail:
Findeisen
Gute Zukunftsperspektiven -
warum nicht
Der Gegensatz könnte kaum größer sein: Auf der einen Seite stehen elf gewonnene Einzelkategorien, sämtliche erste Plätze in den aggregierten Kategorien Mensch, Service, Produkt, Image und Management sowie ein deutlicher Vorsprung in der Gesamtdurchschnittsnote (2,1). Auf der anderen die Insolvenz in Eigenverwaltung, die Notwendigkeit zur Umstrukturierung und die Suche nach einem Investor. Bei Findeisen - von uns bereits 2023 zum Dauersieger in der Großhandelsumfrage Nadelvlies erklärt - stehen momentan sicher andere Dinge im Vordergrund als die Freude über das erneut beeindruckende Ergebnis. Steigende Kosten und nachlassende Nachfrage haben zu einer finanziellen Schieflage geführt, aus der nun ein Ausweg gefunden werden muss.
Aber die Beurteilung durch die Kunden im Großhandel sollte den Ettlingern Mut machen. Und potentielle Investoren dürfte es auch interessieren, wie der Nadelvliesspezialist wahrgenommen wird: Die Produkte überzeugen ebenso wie das Personal. Bei Lieferzuverlässigkeit/-schnelligkeit ist Findeisen top; daran soll sich in der aktuellen Situation nach Aussage von Geschäftsführer Stephan Naacke auch nichts ändern: "Die Produktion und der Vertrieb laufen uneingeschränkt weiter." Der Sympathiewert ist hoch, mit dem Marketing, der Vertriebspolitik und beim Thema Nachhaltigkeit überzeugt das 1921 gegründete Unternehmen ebenfalls. Schwächen: Fehlanzeige; in keiner einzigen Kategorie schneidet Findeisen schlechter ab als Platz zwei. Dass die Zukunftsperspektiven bei der Befragung im August als die besten aller fünf Lieferanten bewertet wurden, mag kurios anmuten. Ganz unberechtigt ist die positive Einschätzung der Großhändler aber nicht.
Filzfabrik Fulda
Wieder auf dem zweiten Platz
Trotz einer geringfügigen Verschlechterung in der Durchschnittsnote von 2,4 auf 2,6 kann sich die Filzfabrik Fulda auf dem zweiten Platz behaupten. Anders als 2023 belegt sie diesen aktuell aber nicht mehr alleine, sondern muss ihn sich mit Forbo Flooring und Vebe/Strong teilen. Und der Abstand zu Dauersieger Findeisen ist auch von 0,2 auf 0,5 Punkte gewachsen. Aber das Glas ist aus unserer Sicht nicht halb leer, sondern halb voll: Auch wenn die Hessen keine der Einzelkategorien für sich entscheiden können, liegen sie bis auf wenige Ausnahmen immer in den Top 3. Verbesserungsbedarf sehen die Befragten vor allem bei Markenstärke und Produktinnovation. Bei der Lieferzuverlässigkeit ist es nur Rang 4, aber die Note 2,5 ist im Vergleich zur Konkurrenz in Ordnung.
Schwach fällt die Bewertung der Zukunftsperspektiven mit der Note 3,0 aus. Das mag aber auch mit dem Hin und Her zusammenhängen, dass es um eine Verlagerung der Produktion von Fulda in das wenige Kilometer entfernte Großenlüder gegeben hat. Aufgrund steigender Kosten sowie Auflagen für den Standort, die das Unternehmen nicht erfüllen wollte, wurden die Pläne schließlich aufgegeben. Stattdessen wird das dortige Areal wie bisher als Logistikstandort genutzt und das Werk in Fulda zeitnah umgestaltet und modernisiert. In sofern sind die Weichen gestellt. Was außerdem für die Filzfabrik spricht: Nadelvliesbeläge sind nur eine Produktgruppe des Herstellers. Seine Filze kommen auch in Industrieanwendungen, der Automobil- und Filtrationsindustrie oder im Bereich Akustik zur Anwendung. Eine vorübergehende Nachfrageschwäche bei Bodenbelägen hat da weniger gravierende Folgen als bei einem Bodenbelagsspezialisten.
Forbo Flooring
Solides Ergebnis
Rund ein Viertel der Großhändler, die in diesem Jahr abgestimmt haben, führt Nadelvliesbeläge von Forbo Flooring. Insgesamt scheinen sie mit der Leistung ihres Lieferanten zufrieden zu sein. Zwar ist die Durchschnittsnote von 2,5 auf 2,6 gefallen, bewegt sich aber immer noch im guten Bereich. Und tatsächlich rangiert die Paderborner Vertriebsgesellschaft des Schweizer Herstellers textiler und elastischer Beläge mit dieser Note aktuell sogar einen Platz besser als 2023 - auf Rang zwei.
Zumeist findet sich Forbo Flooring im Mittelfeld, der Außendienst und die Rekalmationsbearbeitung schaffen es jeweils auf den zweiten Platz. Gute Noten gibt es für den Innendienst, die Produktqualität, die Logisitk und die Markenstärke. Aber es zeigen sich auch einige Baustellen: Forbo wird als wenig Innovativ empfunden (letzter Platz), beim Marketing sieht der Großhandel Luft nach oben und in puncto Nachhaltigkeit haben die Paderborner in einem insgesamt ohnehin schwachen Feld die rote Laterne. Um die Betrachtung mit einem positiven Aspekt abzuschließen: Die Note 2,5 für die Zukunftsperspektiven ist in diesen insgesamt unruhigen Zeiten absolut in Ordnung. Hier dürfte sich auch die Einbindung in einen weltweit operierenden Konzern positiv niederschlagen, der neben Bodenbelägen mit Bauklebstoffen sowie Bändern für Antriebs- und Leichtfördertechnik noch weitere Standbeine hat.
Vebe/Strong
Preis-Leistungs-Verhältnis
ist unschlagbar
Vebe produziert und vertreibt Nadelvliesbeläge, Teppichfliesen, Schmutzfangmatten, Läufer und Kunstrasen. Strong gehört erst seit 2018 zum Portfolio, damals wurde die Marke von der insolventen DLW Flooring übernommen. Produziert hatte Vebe die zugehörigen Produkte für den damaligen Wettbewerber jedoch schon länger. Die Gesamtnote von 2,6 für Vebe/Strong hat sich gegenüber 2023 nicht verändert, aber 2024 landet das Unternehmen damit nicht mehr auf dem vierten, sondern zusammen mit der Filzfabrik Fulda und Forbo Flooring auf dem zweiten Platz. Bei der Marktverbreitung haben die Niederländer diesmal sogar die Spitzenposition inne und liegen mit 52 % vor der Konkurrenz.
Wie schon im Vorjahr, ist das Preis-Leistungs-Verhältnis das beste im Teilnehmerfeld. Gute Noten gibt es von den Großhändlern für die Produktqualität und die Zukunftsperspektiven des Herstellers aus der Condor-Gruppe. Die pflegt insgesamt ein gutes Verhältnis zu den Grossisten, auch weil sie diese mit White-Label-Produkten beliefert. Das mag andererseits ein Grund dafür sein, dass die Markenstärke von Strong nicht überragend ist und auch das Marketing gerade noch als gut bewertet wird. Auf den hinteren Rängen landen sowohl der Innen- als auch der Außendienst von Vebe; hier gibt es tatsächlich Nachbesserungsbedarf.
Fabromont
Die stärkste Marke
Mit seinem Kugelgarn reklamiert Fabromont eine Sonderstellung im Markt für Nadelvliesbeläge. Und tatsächlich hören sie im schweizerischen Schmitten das Wort in Verbindung mit dem eigenen Produkt gar nicht gerne: Die Vernadelung sei nur ein Teilschritt in der Herstellung, die Besonderheit hingegen der Pol aus Faserbällchen, die den Belag stabilisieren und ihm eine richtungsfreie Optik verschaffen. Vielleicht auch, weil Kugelgarn so einmalig ist, wird es von knapp der Hälfte der antwortenden Großhändler geführt.
Die schätzen einerseits die Produktqualität und andererseits die Markenstärke; beide Einzelkategorien hatte Fabromont schon 2023 für sich entschieden. Weitere Pluspunkte sammelt der Lieferant mit seiner Logistik, die sowohl zuverlässig als auch schnell ist. Die Zukunftsperspektiven werden ebenfalls als gut eingeschätzt. Neben der besten in der Umfrage vergebenen Note (1,6 für Produktqualität) erhält Fabromont leider auch zweimal die schlechteste vergebene Bewertung: Sowohl für den Außendienst als auch für die Vertriebspolitik gibt es eine 3,9. In Summe erreichen die Schweizer eine 2,8 und belegen damit Rang fünf.
| Thomas PfnorrBTH Heimtex Großhandelsumfrage Nadelvlies 2024
Panel und Methodik
Die Exklusiv-Umfrage von BTH Heimtex zur Qualität der Anbieter von Nadelvliesbelägen im deutschen Großhandel wurde im August 2024 schriftlich durchgeführt. Auf Produkt-, Segment- oder Vertriebsschwerpunkte geht die Befragung ebenso wenig ein wie auf Umsatzvolumina und Absatzmengen. Die Großhändler bewerten ihre Lieferanten mit Schulnoten zwischen 1 (sehr gut) und 5 (mangelhaft). Für jeden Anbieter werden 14 Kriterien abgefragt, darunter objektiv messbare wie Lieferschnelligkeit genauso wie subjektiv empfundene wie Sympathiewert und Zukunftsperspektiven. Anschließend werden sämtliche Noten zusammengezählt und durch die Anzahl der Bewertungen geteilt. Heraus kommen vergleichbare Durchschnittsnoten, aus denen die einzelnen Rankings und das Gesamtergebnis gebildet werden.
aus
BTH Heimtex 11/24
(Handel)