Wo steht die Laminatbodenindustrie?
Was beschäftigt die Laminatbodenindustrie in diesen herausfordernden Zeiten, was treibt sie an, welche Schwerpunkte setzt sie? Das offenbart eine Umfrage bei bedeutenden Playern auf dem deutschsprachigen Markt. Die Antworten auf acht Themenkomplexe wurden zusammengefasst und anonymisiert.Laminatböden basieren überwiegend auf Holzwerkstoffen wie einer HDF-Trägerplatte (früher auch Spanplatte), Dekorpapieren und in der Regel weiteren Melaminharzpapieren zum Schutz der Oberfläche. Klicksysteme vereinfachen die Installation und machen Laminatböden einfach in der Anwendung und Verlegung. Die Dekore sind heute auf so hohem optischen und haptischen Niveau, dass Laien und selbst Fußbodenkenner sich oftmals schwer tun, Laminatböden und Parkett zu unterscheiden. Das Produkt gilt als ausgereift, dennoch werden die Laminatbodenhersteller nicht müde, mit immer neuen Entwicklungen in Produktion und Design selbst diesen hohen Standard weiter zu verbessern.
Kapitalintensive Fertigungsanlagen und -werke sind eine Grundvoraussetzung, um wettbewerbsfähig bleiben zu können. Trend- und Marktbeobachtung sind das A und O, um das Produkt weiterhin für den Handel, das verlegende Handwerk und natürlich den Konsumenten attraktiv zu halten. Immer mehr Auflagen und Normen begleiten diese Entwicklungen und stellen die Hersteller vor immer neue Herausforderungen. Dazu kommen die allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die aktuell von verschiedenen Krisen und Problemen geprägt sind, was die Gesamtlage zusätzlich erschwert.
Welche Schwerpunkte setzt die Industrie in diesen Zeiten und was treibt sie somit an? Wir haben dazu namhafte Laminathersteller befragt und ihre Antworten zusammengefasst.
1. Produktneuheiten
85 % der befragten Unternehmen haben in 2023 Produktneuheiten vorgestellt, was aufgrund der Messedynamik nach dem Ende der Corona-Pandemie zu erwarten war. Die restlichen haben inzwischen nachgezogen oder folgen zeitnah. Die Branche ist damit nach den messefreien Jahren wieder geschlossen in den Markt zurückgekehrt.
Im Mittel wurden nach unserer Befragung fünf Kollektionen neu eingeführt. Wir wollten dazu im Detail wissen, welche Schwerpunkte dabei gesetzt wurden und zwar bei den Dekoren, Strukturen, Formaten, Glanzgraden, Klicksystemen, Trägerplatten, Kantenausführungen und sonstigen Features nach Gewichtung. Wichtigster Neuheitenbereich, nämlich zu 100% waren neue Dekore, dicht gefolgt von neuen Strukturen (86 %). Aktualisierungen der Glanzgrade und Klicksysteme waren ebenfalls wesentliche Themen (je 70%). Weniger Bedeutung wurden Modifizierungen der Kantenausführungen, der Verpackung (je 46 %) und integrierten Trittschalldämmungen sowie anderen Sondereigenschaften (je 42%) beigemessen. Interessanterweise wurde zum Beispiel die Wasserbeständigkeit nur von zwei Unternehmen genannt, obgleich sie gerade das Top-Thema ist. Hintergrund kann hier sein, dass der Großteil der Sortimente bereits wasserresistent ausgerüstet ist.
2. Digitaldruck
In der Dekorgebung hat der Digitaldruck in den letzten Jahren deutlich an Geltung gewonnen. Vier von sieben befragten Unternehmen setzten diese Technologie bereits ein, zwei Drittel planen, in Digitaldruck zu investieren. Als besonderer Vorteil steht für 100% der Befragten die Dekorvielfalt als stärkstes Argument an der Spitze. Mit deutlichem Abstand wurden die Flexibilität gegenüber Kundenwünschen an zweiter Stelle genannt. Schnellere Reaktionszeiten, kleine Losgrößen und Exklusivdekore halten 56 % für wichtig. Die Verringerung von Lagerbeständen (42 %) und die Unabhängigkeit von Vorlieferanten (28 %) bilden die Schlusslichter. 85 % der Befragten bewerten übrigens die Druckqualität als besser (51%) oder gleich gut (34%) gegenüber klassischem Tiefdruck.
Als nachteilig empfunden werden die hohen Investitionskosten, der Knowhow-Aufbau und die allgemeinen Kosten (jeweils 70 %). Technologische Risiken und das Fachpersonal sehen 42 % als schwierig an. Von den Unternehmen, die schon den Digitaldruck einsetzen, bevorzugen alle eine mechanische Strukturgebung der Oberfläche, zwei nutzen zusätzlich eine digitale Strukturgebung.
3. Design
Das Design ist das emotionalste Moment beim Fußbodenkauf, sicher auch bei Laminatböden. Als entscheidender gestalterischer Baustein (Durchschnittsnote 1,5) wird das Dekor genannt, dicht gefolgt von der Farbe (2,3) und der Struktur (2,85). Alle drei Aspekte zusammen definieren somit den gestalterischen Kern. Deutlich dahinter kommt das Dreigestirn Format (4), Glanzgrad (4,5) und Besonderheiten wie zum Beispiel das Fasenbild (4,85).
Die durchschnittliche Laufzeit einer Kollektion beträgt laut der Umfrage drei Jahre.
Und welche Inspirationsquellen nutzen die Hersteller? Vor allem Deko-Trends (Schulnote 2,85), andere Bodenbelagsgattungen (3,33) und Möbeltrends (3,5), sowie etwas Impulse von externen Designbüros und Kundenwünsche. Nur eine untergeordnete Rolle spielt nach Aussagen der Befragten die Wettbewerbsbeobachtung, ebenso Modetrends und eigene Entwicklungen.
Das Design haben wir bereits als wichtigstes Kriterium bei der Kaufentscheidung identifiziert (Schulnote 1,5). Ebenso elementar ist die Qualität (1,5), die Langlebigkeit, dauerhaft gute Optik und Nutzungsmöglichkeiten impliziert. Die technische Ausführung wird als weniger wesentlich angesehen (3), vielleicht, weil sie bei der Verlegung zum Tragen kommt, danach aber weniger.
4. Preise
Kaum überraschend ist, dass 100 % die Frage bejahten, dass die Durchschnittspreise seit 2020 angezogen haben. Im Mittel konnten wir aus den Herstellerangaben eine Preissteigerung von ca. 27% errechnen. Mittelfristig wird keine weitere Verteuerungen erwartet, auch kein Wunder angesichts des derzeit schwachen Marktes, sondern die Hälfte der Befragten glaubt an eine Stabilisierung, die andere an einen Preisverfall, der im Mittel auf 9 % beziffert wird.
Als stärkste Kostentreiber werden Energie, Holz und Chemie angeführt. Mit Abstand folgen auf Platz 4 und 5 Personal und Papier. Behördliche Auflagen, Verpackung und Entsorgungen fallen hingegen weniger ins Gewicht.
5. Klicksysteme
Klicksysteme haben sich als Standard für Laminatböden durchgesetzt. Aber ist das wirklich so? Diese Frage kann eindeutig bejaht werden: Alle Laminatböden der Umfrageteilnehmer sind mit einer Klickverbindung ausgestattet. Ebenso ist für alle Anbieter das Klicksystem von entscheidender Bedeutung für die Vermarktung. Alle sind sich einig, dass sie ihre Laminatböden nicht ohne Klicksystem verkaufen könnten.
Dabei bauen 50 % auf die sogenannte Fold-Down-Technik, 38 % auf die Angle-Angle-Technologie, das Einwinkeln, und 12 % auf die Horizontal-Push-Verlegung.
6. Kreislaufwirtschaft
Mit dem Green Deal der EU ist das Ziel einer klimaneutralen Produktion gesetzt. Haben die einzelnen Unternehmen entsprechend offizielle Ziele für sich formuliert? Auf jeden Fall sind alle Befragten mit diesem Thema beschäftigt, ein Drittel hat bereits konkrete Ziele, alle anderen solche in Arbeit.
Ebenso befassen sich alle mit der Kreislaufwirtschaft, haben diese schon eingeführt oder in Planung. Lediglich eine Firma sagte offen, dass sie hier noch am Anfang stehe.
Der Anteil an recycelten Laminatböden liegt zumeist noch bei Null. Ein Unternehmen gab eine Recyclingquote von 5 % an. Ein mögliches Recyclingziel bzw. -anteil variiert zwischen 20 % und 100 % bzw. von "ohne Limit" bis zu "so hoch es geht". Zwei Drittel schätzten das Thema als verkaufsfördernd ein.
7. Kommunikation
Als wichtigstes Kommunikationsmedium zu den Konsumenten wird die eigene Webseite genannt (1,85). Auf den Plätzen 2 bis 4 liegen schon soziale Medien wie Instagram (2), Youtube (3,33) und Facebook (3,9). Auch Endverbrauchermagazine (5) und Tageszeitungen (6,33) werden genutzt, Radio (7,2) und TV (8,85) weniger. Andere Optionen wie Pinterest, LinkedIn und Amazon tauchen nur vereinzelt auf.
Absatzmittler wie Handel und verlegendes Handwerk werden bevorzugt - und mit weitem Abstand - über das persönliche Gespräch, sprich den Außendienst (1,3), kontaktiert. Danach kommen die eigene Webseite (3,33), Mailings (3,5), Fach- und Hausmessen sowie Fachzeitschriften.
8. Besondere Herausforderungen
Die Laminatbodenindustrie ist derzeit mit vielen Herausforderungen konfrontiert; als besonders belastend beschrieben werden die Energiekosten (2) angesichts der volatilen Versorgungslage mit immensen Preissteigerungen, die Marktentwicklung/Absatzsicherung (2,85) vor dem Hintergrund der schwachen Nachfrage und der Fachkräftemangel (3,17), der in einer technikbetonten Industrie wie der Laminatbodenproduktion zu einigen Veränderungen führen könnte.
Die Kreislaufwirtschaft (4,17), die Digitalisierung (4,65) und die Umweltauflagen (5,34) haben aktuell weniger Priorität, könnten aber künftig an Bedeutung gewinnen. Dass die Logistik (6,17), die Innovationskraft (6,34), Investitionsvorhaben (6,85) sowie die Qualitätssicherung als weniger relevant bezeichnet werden, zeigt auf, wie sicher diese Themen beherrscht werden und daher die geringsten Risiken beinhalten.
| Ralf Eisermann
Expertenbefragung Methodik
Die Methodik der Expertenbefragung basierte auf einfachem Ankreuzen oder dem Einsetzen von Prozent- oder Mengenzahlen. Aus den Antworten wurden entweder arithmetische Mittelwerte gebildet oder es wurde eine Gewichtung für die Zustimmung zu den einzelnen Begriffen abgeleitet. Die Antworten wurden anonymisiert zusammengefasst, d.h. es werden keine Aussagen über die individuellen Antworten der Umfrageteilnehmer getroffen. Insgesamt wurden acht Themenfelder behandelt.
aus
BTH Heimtex 11/24
(Bodenbeläge)