Nachhaltigkeit ist im Fachhandel angekommen

Eine Umfrage unter Raumausstattern macht deutlich, dass Kunden vermehrt Wert auf ökologische Produkte legen - wenn auch teils noch auf niedrigem Niveau. Eine verbesserte Beratung am PoS kommt dem entgegen.

Nachhaltigkeit hat viele Aspekte. Sie fußt auf den drei Säulen Ökologie, Ökonomie sowie Soziales und hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensverhältnisse bestehender und künftiger Generationen zu verbessern bzw. zu erhalten. Für die Fachhändler der Heimtextilienbranche spielt Nachhaltigkeit eine zunehmende Rolle, teils fragen Kunden inzwischen gezielt ökologische Produkte nach, die Ressourcenschonung, Langlebigkeit und Wohngesundheit versprechen. Viele Fachhändler und Raumausstatter nehmen die Herausforderung an und setzen dabei auf die Unterstützung durch ihre Lieferanten.

Langlebigkeit gehört dazu

"Nachhaltigkeit ist in unserem Geschäft nicht erst in letzter Zeit ein Thema. Wir verkaufen seit Bestehen unseres Unternehmens langlebige Produkte, die mit großer Sorgfalt sauber und fair in Deutschland oder im nahen Ausland produziert werden", sagt Sven Seeberger, Geschäftsführer von Vanoni in Günzburg. Auf diese Qualität werde im Beratungsgespräch auch hingewiesen. Für die meisten Kunden sei Nachhaltigkeit inzwischen allerdings einer der Hauptgründe, überhaupt bei Vanoni einzukaufen.

Dieser Aussage stimmt Katja Schulze zu. "Schon der Kauf beim Raumausstatter ist nachhaltig", meint die Inhaberin von Katja Schulze Raumausstattung in Loxstedt. So entschieden sich die Kunden unter anderem für langlebige Vorhänge oder ließen lieber das Sofa polstern anstatt ein neues zu erstehen. Deshalb werde selten speziell nach nachhaltigen Produkten gefragt. "Ist jedoch etwas nachhaltig, erwähne ich dies und die Kunden freuen sich." Schulze hat eine ganz eigene Meinung zur Nachhaltigkeit: "Ich persönlich glaube, Nachhaltigkeit kann einfach nur sein, wenig zu kaufen und die Dinge lange zu behalten."

Kriterium im
Verkaufsgespräch

Bei Haller Raumgestaltung in Horgenzell sprechen Kunden dagegen häufig auch von sich aus das Thema an. "Das ist meist schon im Verkaufsgespräch ein essentielles Kriterium, das abgefragt wird", betont Günter Fessler, Parkettlegermeister und Fachberater Bodenbeläge. "Gleichzeitig sind wir schon seit Jahren darauf bedacht, bei der Produktauswahl Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen." Ähnliche Erfahrungen mit interessierten Kunden hat man bei Heerdt Einrichtungsweisend in Wesseling gemacht. Nach Auskunft von Geschäftsführer Peter Heerdt verweisen die Berater auch von sich aus auf das Thema, wenn sie auf eine passende Produktlinie aufmerksam machen möchten.

Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Energiesparen sind bei Raumausstatter Schmidt - Ihr Ausstatter in Meißen fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Das Interesse an nachhaltigen Produkten ist nach Auskunft von Geschäftsführer Holger Schmidt allerdings unterschiedlich: "In der Polsterei ist das Upcycling von Lieblingsmöbelstücken ein echter Dauerbrenner und die Auftragsbücher sind gefüllt." Die Nachfrage wohngesunder Produkte wie "Bio"-Vinyl, Schurwollteppichböden und Erzeugnissen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Parkett und Kork sowie recycelte Teppichböden und Gardinen sei derzeit aber noch gering. Das Thema werde eher in Beratungsgesprächen aufgegriffen. "Aktuell bestimmen primär die Preise die Kaufentscheidung."

Bei Raumausstattung Werner Schneider in Breisach ist insbesondere bei Gardinen das Interesse an Nachhaltigkeit marginal. "Wenn nach Nachaltigkeit und Schadstoffgehalt gefragt wird, dann am ehesten im Bodenbereich. Hier sind auch Naturmaterialien stark gefragt", erläutert Catherine Schneider. Ansonsten werde sich stattdessen nach der Herkunft der Materialien erkundigt.

Für Rolf Schrempp, Inhaber von Bieser Raumausstattung in Offenburg, ist das Thema eher ein mediales. Denn nachhaltig leben, wohnen und einrichten sei bereits Standard. "Die Kunden sprechen uns nicht gezielt an, wir sprechen unsere Kunden auch nicht an", betont Schrempp und fügt hinzu: "Wir verkaufen gerne und oft Leinen- und Baumwollstoffe, jedoch nur weil sie schön sind, nicht aus Nachhaltigkeitsgründen."

Schrempp unternimmt deshalb im Gegensatz zu Kollegen am PoS keine Anstrengungen, auf nachhaltige Produkte aufmerksam zu machen. Auch Werner Schneider gibt sich zurückhaltend: "Wir nutzen bestenfalls das Material, dass von den Zulieferern zur Verfügung gestellt wird, das aber auch nur, wenn es sich optisch gut in den Verkaufsraum einfügt."

Bemühungen
am PoS

Ganz anders Peter Heerdt. Er will in Zukunft am Point of Sale verschiedene Maßnahmen umsetzen, um die Nachhaltigkeit der Produkte sichtbarer zu präsentieren. "Wir möchten unseren Kunden die Möglichkeit geben, bewusste Kaufentscheidungen zu treffen und sie dazu über die Vorteile nachhaltiger Produkte zu informieren", beschreibt er sein Ziel. Holger Schmidt und sein Team heben nachhaltige Sortimente hervor, indem sie auf die Energieeffizienz und entsprechende Zertifikate aufmerksam machen. "Unseren Kunden stehen wir mit unserem Umweltbewusstsein als inspirierender Partner unterstützend zur Seite."

Es ist aber nicht allein Aufgabe des Handels, das Trend-Thema mit Leben zu erfüllen. Auch den Lieferanten kommt eine wichtige Rolle zu, über die Nachhaltigkeitsvorzüge ihrer Produkte zu informieren und Beratungsmaterial zur Verfügung zu stellen. Diese Aufgabe erfüllen sie offenbar mehr und mehr und stehen dem Raumausstatter damit hilfreich zur Seite, wie unter anderem Günter Fessler positiv hervorhebt. Er fühlt sich von der Industrie ausreichend informiert. "Ergänzend hierzu beschaffen wir uns gerne einen Überblick vor Ort. Im Werk oder bei Betriebsbesichtigungen. So können wir uns selbst ein Bild machen."

Auch Sven Seeberger und sein Team werden selbst aktiv, obwohl sie sich von den Herstellern gut informiert fühlen. "Um nachhaltig zu verkaufen, schulen wir unsere Mitarbeiter selbst sowie durch den Außendienst unserer Hersteller oder gehen auf Schulungen."

Fest steht: Nachhaltigkeit ist bei Raumausstattungsbetrieben angekommen und wird von den Teams überwiegend gelebt. Sie stellen sich damit dem Zeitgeist und tragen ein Stück weit dazu bei, Umwelt und Ressourcen zu schonen. Ohne Engagement auch des Handels ist dies kaum möglich.
| Cornelia Küsel
aus BTH Heimtex 05/24 (Handel)