Zusatzmittel führt nicht automatisch zu Sonderkonstruktion

Der Einsatz von Zusatzmitteln zur Herstellung von Estrichmörteln ist seit mehr als 60 Jahren bekannt. Im Jahr 1988 veröffentlichte der frühere Leiter des Instituts für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF), Werner Schnell, erstmals einen Artikel zur Wirksamkeit und Prüfung von Estrichzusatzmitteln. Aufgrund der sich aus der Verwendung ergebenden Vorteile im Sinne der Einsparung von Kosten und Zeit sowie einer verbesserten Qualität sind Estrichzusatzmittel nicht mehr wegzudiskutieren. Im folgenden Beitrag erörtern Frank Seifert und Georg Kuntner von der Technischen Leitung von e-4 Bauchemie, ihre Auffassung, ob es sich dabei automatisch um Sonderkonstruktionen handelt.

Estrichzusatzmittel werden während des Mischvorgangs dem Estrichmörtel beigefügt, um die Eigenschaften des Estrichs im frischen und oder im erhärteten Zustand gezielt zu verändern. Die wesentlichen Wirkungen können als plastifizierend für eine verbesserte Pumpfähigkeit und eine verbesserte Verdichtungswilligkeit des Estrichgefüges, festigkeitssteigernd, trocknungsbeschleunigend sowie schwindreduzierend beschrieben werden. Estrichzusatzmittel können eine oder mehrere dieser genannten Wirkungen aufweisen.

Estrichzusatzmittel sind nicht genormte Produkte. Der Nachweis und die Dokumentation der Wirksamkeit sowie die Qualitätsüberwachung obliegt allein dem Hersteller dieser Zusatzmittel. Die Benefits, Anwendungsregeln, Methoden zum Nachweis der Belegreife in Bezug auf den Restfeuchtegehalt sowie Grenzwerte des Restfeuchtegehaltes werden in technischen Datenblättern dokumentiert und sind durch den bauseitigen Hersteller und Verarbeiter der Estrichmörtel umzusetzen.

In den Dokumentationen der Zusatzmittel angegebene Richtrezepturen und Erstprüfungsergebnisse stehen dem Estrichleger als Hersteller von Baustellenestrichen zur Verfügung. Baustellenestriche mit und ohne Zusatzmittel sind grundsätzlich Estriche nach DIN 18560-1, denn: "Diese Norm gilt für Baustellenestriche und Estriche aus Estrichmörteln und Estrichmassen nach DIN EN 13813, die unter Verwendung von Calciumsulfat, Gussasphalt, Kunstharz, kaustische Magnesia oder Zement hergestellt sind."

Bezüglich der allgemeinen Anforderungen steht im Abschnitt 5.1 der DIN 18560-1 auch beschrieben:
"Eigenschaften für Estriche aus auf der Baustelle gemischten Mörteln sind in Anlehnung an DIN EN 13813 zu deklarieren. Eine CE-Kennzeichnung für diese Baustellenestriche ist nicht möglich."

Die Produktnorm DIN EN 18318 merkt an, dass diese Norm zusammen mit Anwendungsrichtlinien und nationalen Festlegungen auf Estrichmörtel angewendet wird, die auf der Baustelle von demselben Unternehmer hergestellt und verlegt werden. Die in diesem Zusammenhang ebenfalls geltende europäische Norm DIN EN 13318 legt die Begriffe fest, die im Zusammenhang mit der Herstellung und Ausführung von Estrichmörtel und Estrichen gebraucht werden. Diese Begriffe gelten für DIN EN 13813 und für DIN 18560-1 gleichermaßen. Zusatzmittel werden hier explizit als ein mögliches Produkt zur Herstellung von Estrichmörteln benannt.

Nach EN 13318 ist ein Zusatzmittel ein "Stoff, der beim Mischen in geringen Mengen zugegeben wird, um die Eigenschaften des Estrichs im frischen und oder erhärteten Zustand zu verändern." Die Wirkung von Estrichzusatzmitteln und die sich daraus ergebenden Vorteile können auf der Grundlage der DIN EN 13813 geprüft und deklariert werden. Das betrifft besonders die Konsistenz und die Verarbeitungszeit der Frischmörtel und den zeitlichen Verlauf der Festigkeitsentwicklung am Festmörtel. Ergänzende Prüfungen zum Restfeuchtegehalt der Estrichmörtel bei Belegreife und das Schwindverhalten von Estrichmörteln sind in der DIN 18560-1 geregelt.

Die Notwendigkeit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, wie sie so oft gefordert wird, ist nicht gegeben. Allein die Verwendung eines Estrichzusatzmittels macht einen Estrich nicht zum Sonderprodukt und das daraus hergestellte Bauteil auch nicht zur Sonderkonstruktion. Es besteht darüber hinaus sogar die Möglichkeit der Deklaration abweichender Grenzwerte für den Restfeuchtegehalt eines Estrichs zur Feststellung der Belegreife, denn im Normentext der DIN 18560-1:2021-02, und nicht als Anmerkung formuliert, steht geschrieben:

"Bei anderen mineralisch gebundenen Estrichen oder Sonderprodukten können abweichende Werte gelten."

Mit dem Modalverb "kann" wird im Normentext üblicherweise die Auswahl von bestehenden Möglichkeiten angezeigt. Da nirgends definiert ist, was ein Sonderprodukt nach DIN 18560-1 darstellt, besteht keine Veranlassung, einen Estrich mit Zusatzmittel als Sonderprodukt einzustufen. Estrichzusatzmittel, die trocknungsbeschleunigend wirken und die normativen Vorgaben an die Belegreife erfüllen, sind nicht als Sonderprodukte zu bezeichnen.

Die normativ hinterlegte Wahlmöglichkeit zur Festlegung eigener Grenzwerte der Belegreife rechtfertigt auch nicht die Einstufung als Sonderprodukt. Herstellervorgaben sind immer bindend und stehen über den Vorgaben der Norm. Der Hersteller hat diesbezüglich natürlich auch die Verantwortung zu tragen, wenn erhöhte Restfeuchtegehalte des Estrichs als schadensauslösend nachgewiesen werden können. Trotzdem sind auch diese Estriche, Estriche nach DIN 18560-1.

Fazit: Es ist Stand der Technik und normativ hinterlegt, dass speziell flüssige Zusatzmittel zur Herstellung von Baustellenestrichen verwendet werden können, ohne dass diese Estriche als Sonderestriche bzw. Sonderkonstruktionen eingestuft werden.

Gelebte Praxis für uns, das Unternehmen e-4 Bauchemie, ist es, dass wir als Hersteller von Estrichzusatzmitteln und ternären Vollbindemitteln in unseren technischen Datenblättern die Anwendungsregeln definieren und Richtrezepturen vorgeben. Die Estrichleger bedienen sich unserer technischen Datenblätter und den darin dokumentierten Erstprüfungsergebnissen. Sie garantieren mit der uns übergebenen Dosierungsbestätigung für die Einhaltung der Richtrezeptur bzw. einer durch e-4 Bauchemie erstellten, objekt-bezogenen Dosierungsempfehlung.

Auf dieser Grundlage von uns durchgeführte Messungen der Restfeuchte dienen dem Zweck der Feststellung der Belegreife und sind Serviceleistungen im Namen unseres Kunden, die an den Bauherren mitgeteilt werden. Eine von e-4 Bauchemie erteilte, rechtsverbindliche Freigabe ist eine Sicherheitsgarantie für den Estrichleger und den Bauherrn. Der Bauherr erteilt mit diesem Dokument die Freigabe zur Belagsverlegung an den Bodenleger.

Das IBR-Prüfgutachten für Estrichzusätze kann unter estrich4.com/downloads sowie ausschreiben.de/catalog/e4_bauchemie eingesehen werden.


Die Autoren
Dipl.-Ing. Frank Seifert
Baustoffingenieur und Technischer
Leiter Nord bei e-4 Bauchemie
f.seifert@estrich4.com

Georg Kuntner
Estrichlegermeister, Sachverständiger
und Technischer Leiter e-4 Bauchemie
g.kuntner@estrich4.com
Zusatzmittel führt nicht automatisch zu Sonderkonstruktion
Foto/Grafik: e-4 Bauchemie
Estrichzusatzmittel werden während des Mischvorgangs des Estrichmörtels beigefügt, um die Eigenschaften des Estrichs im frischen und oder im erhärteten Zustand gezielt zu verändern.
Zusatzmittel führt nicht automatisch zu Sonderkonstruktion
Foto/Grafik: e-4 Bauchemie
Nach Ansicht der beiden Autoren sind Baustellenestriche mit und ohne Zusatzmittel grundsätzlich Estriche nach DIN 18560-1.
aus FussbodenTechnik 03/24 (Handwerk)