Fachanwalt Andreas Becker informiert
Wann ist die Schlussrechnung des Handwerkers prüfbar?
Nach der Fertigstellung seiner Leistung schreibt der bodenlegende Handwerker eine Schlussrechnung. In nicht seltenen Fällen erhält der Auftragnehmer die Schlussrechnung im Original mit dem Verweis "nicht prüfbar" zurück. Mancher Auftraggeber glaubt, dass er damit auch keinerlei Zahlungsverpflichtungen habe. Fachanwalt Andreas Becker gibt Handwerkern Tipps für die Schlussrechnung.Der Fall
In einem Fall, der vor dem Kammergericht Berlin (Urteil vom 24. September 2001; 7 U35/15) verhandelt wurde, klagte ein Auftragnehmer gegen den Auftraggeber auf Zahlung des Restwerklohns aus einem gekündigten VOB-Bauvertrag. Die Parteien stritten neben der Abnahme auch über die Prüfbarkeit der Rechnung des Handwerkers.
Der Auftraggeber hatte die Schlussrechnung des Auftragnehmers als nicht prüfbar zurückgewiesen. Das Gericht beschäftigte sich damit, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit eine Schlussrechnung als prüfbar gilt. Es formulierte die Anforderungen an die Prüfbarkeit wie folgt:
Prüfbar ist die Rechnung, wenn sie unter Beifügung von Aufmaßen und anderen Unterlagen - nachvollziehbar angibt, welche Mengen (häufig "Massen" genannt) der Auftragnehmer für welche Position berechnet, welche Leistungen mit dieser Position gemeint sind und welcher Einheitspreis für sie angesetzt wird. Eine prüffähige Abrechnung setzt voraus, dass der Auftraggeber die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, prüfen kann.
Das Gericht gibt an, dass in vielen Fällen Aufmaßzeichnungen erforderlich sind, um dem Auftraggeber die Feststellung zu ermöglichen, worauf sich bestimmte Aufmaßblätter und -berechnungen beziehen. Das Gericht gibt aber auch an, dass die Prüfbarkeit der Schlussrechnung kein Selbstzweck ist, sondern sich danach richtet, welchen Umfang der Auftraggeber im Einzelfall erwarten darf.
Eine Schlussrechnung würde danach in der Regel prüfbar sein, wenn diese so aufgestellt worden ist, wie das Angebot bzw. das Leistungsverzeichnis mit der jeweiligen Positionsnummer der Menge, die durch ein Aufmaßblatt nachweisbar sein muss, sowie dem Einheits- und dem Gesamtpreis.
In manchen Bauverträgen werden weitere Forderungen gestellt, wie eine farbliche Kennzeichnung der jeweiligen Wände oder der Bodenbereiche, die bearbeitet worden sind, mit einer Zuordnung zu den Aufmaßpositionen. Ohne eine vertragliche Vereinbarung ist eine solche Leistung jedoch nur zu erbringen, wenn es ansonsten für den Auftraggeber besonders schwierig wäre, die jeweiligen Leistungsbereiche nachzuvollziehen. Eine Schlussrechnung ist prüfbar, wenn ein Fachkundiger eine solche Prüfung vornehmen kann. Es kommt also nicht darauf an, welche Befähigung der jeweilige Kunde hat.
Sollten einzelne Positionen oder Teile einer Schlussrechnung nicht prüfbar sein, so sind die prüfbar abgerechneten Positionen der Schlussrechnung fällig. Und nach Abzug der Abschlags- bzw. Vorauszahlungen ist der Rest an den Auftragnehmer auszuzahlen (BGH Urteil AZ: VII ZR288/02). Das heißt, dass auch bei einer Nichtprüfbarkeit von einzelnen Positionen dennoch kein Grund besteht, die gesamte Rechnung zurückzuweisen, sondern lediglich die Positionen nicht zu bezahlen, die nicht prüfbar sind, solange bis die Prüfbarkeit hergestellt wurde.
Kein pauschales
Zurückweisen
der Schlussrechnung
In einer Entscheidung des OLG Stuttgart vom 14. August 2018 (10U154/17) hatten ein Auftragnehmer und Auftraggeber über die Restwerklohn-Forderung gestritten. Die Zahlung der Vergütung wurde mit der Behauptung verweigert, die Rechnung sei nicht prüfbar.
Der pauschale Einwand der Nichtprüfbarkeit reicht jedoch nicht aus. Der Auftraggeber ist verpflichtet, im Einzelnen genau vorzutragen, bei welchen Positionen er eine fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung sieht. Er muss angeben, aus welchem Grund er die Schlussrechnung nicht prüfen kann.
In einem Fall, den das OLG Frankfurt (21U52/22) zu entscheiden hatte, wurde die Schlussrechnung als nicht prüfbar zurückgewiesen. Der Auftragnehmer hatte Leistungen mit einer Schlussrechnung abgerechnet und offene Werklohnansprüche geltend gemacht. Das Ingenieurbüro, das die Schlussrechnung prüfte, wies diese Rechnung zweimal als unprüfbar zurück. Die erste Schlussrechnung wurde bereits am 1. November 2016 an den Auftraggeber gesandt. Mitte 2017 wurde die Rechnung noch einmal angemahnt und im Juli2017 wurde die Schlussrechnung vom 1. November 2016 erneut, unter Beifügung der Bautageberichte zu den Stundenlohnarbeiten und Kalkulationsnachweisen an den Auftraggeber gesandt. Im Jahr2020 klagt der Auftragnehmer schließlich wegen der Restlohnforderung.
Der Auftraggeber gab an, dass die Forderung innerhalb von dreiJahren verjährt sei. Die Schlussrechnung sei am 1. November 2016 gestellt worden und damit am 31. Dezember 2019 verjährt. Damit bestehe kein Zahlungsanspruch des Auftragnehmers mehr.
Das OLG Frankfurt bestätigte, dass die Verjährungseinrede erfolgreich sei und der Auftragnehmer keinen Anspruch mehr auf den Werklohn habe. Die Schlussrechnung sei im Jahr2016 fällig gewesen. Das Gericht untersuchte, ob die Schlussrechnung prüfbar war, da dies Fälligkeitsvoraussetzung war. Das Gericht stellte schließlich fest, dass die Prüfbarkeit der Schlussrechnung vorlag und dass die Zurückweisung wegen einiger geforderter Nachweise nicht berechtigt war. Aufgrund der Fälligkeit der Schlussrechnung begann die Verjährung bereits im Jahr2016 zu laufen und endete am 31. Dezember 2019. Die Zurückweisung der Rechnung bedeutet also nicht, dass keine Fälligkeit der Schlussrechnung eintritt.
Prüffrist
unbedingt beachten
In einem Fall, den das OLG Frankfurt (29 U91/17) entschieden hat, wurde die Frage problematisiert, ob eine Schlussrechnung fällig wird, wenn nicht rechtzeitige Einwände gegen die Prüfbarkeit erhoben werden. Das Gericht gab an, dass der Anspruch auf Schlusszahlung bei einem VOB-Vertrag spätestens innerhalb von zweiMonaten nach Zugang der Schlussrechnung (und Abnahme) fällig wird.
Wenn der Auftraggeber diese Frist versäumt und keine Einwände gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung fristgerecht geltend mache, trete eine Fälligkeit der Schlussrechnung ein. Dabei sei zu beachten, dass Einwände mit Substanz, also mit Begründung, erhoben werden müssen. Das Gericht stellte jedoch auch fest, dass bei einer prüfbaren Abrechnung immer noch zu prüfen sei, ob und in welcher Höhe die geltend gemachte Werklohnforderung berechtigt ist. Auch wenn die Rügefrist versäumt wird, müsste ein Gericht die Richtigkeit der Schlussrechnung sachlich prüfen.
Es kann auch bedeuten, dass bei einer sachlich unberechtigten Abrechnung, zum Beispiel der Angabe zu hoher Mengen, kein Anspruch auf Auszahlung eines Rechnungsbetrages besteht.
Der Autor
Andreas Becker ist Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Becker-Baurecht
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aus
FussbodenTechnik 02/24
(Recht)