Fachkräftemangel: Kreative Lösungsansätze aus der Bettenbranche

Die Zahlen des Handelsverbands Deutschland HDE zeigen es: Der Einzelhandel ist mit mehr als 300.000 Unternehmen und über drei Millionen Beschäftigten, die einen Umsatz von 535 Milliarden Euro im Jahr erwirtschaften, einer der bedeutendsten Arbeitgeber in Deutschland. Doch die Branche leidet zunehmend unter Personalmangel. Besonders betroffen sind Fachgeschäfte, die auf engagierte und qualifizierte Fachkräfte angewiesen sind. Die vielfältigen Gründe reichen vom demografischen Wandel über rückläufige Ausbildungszahlen bis hin zu neuen, veränderten Ansprüchen an den Arbeitsplatz im Verkauf. Um zu erfahren, ob und wie sehr das Thema auch den Bettenfachhandel betrifft und welche kreativen Ansätze es gibt, um Fachkräfte zu halten bzw. neue zu gewinnen, haben wir Fachhändlern folgende Fragen gestellt:

- Wie wirkt sich der Fachkräftemangel auf Ihr Unternehmen aus, insbesondere in Bezug auf die Rekrutierung und den Erhalt qualifizierter Mitarbeiter?

- Welche Strategien und Maßnahmen ergreifen Sie, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und qualifizierte Mitarbeiter für Ihr Unternehmen zu gewinnen?

- Wie bewerten Sie die Unterstützung durch staatliche Programme und Initiativen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, und welche zusätzlichen Maßnahmen würden Ihrer Meinung nach helfen?

Gregor Thaler, Der Traumbote/Betten Thaler, Luzern/CH
"Unser Team ist ein Dream-Team und leistet täglich vollen Einsatz für die gute Nacht. Wir schätzen uns glücklich, dass wir dank attraktiver Aufgabengebiete, viel Freiraum und ständiger Weiterentwicklung auf viele langjährige Teammitglieder zählen dürfen. Jedoch dauern die Suchen für unser Lieferteam wie auch für den Verkauf viel länger und es kommt auch schneller zu einem Austritt nach wenigen Wochen oder Monaten.

Das Gewinnen von neuen Teammitgliedern ist die große Herausforderung. Unternehmenswerte, Engagement und eine große Portion Lerneifer gehören dazu. Wir glauben daran, dass wir mit unseren familienfreundlichen Bedingungen und der ansteigenden Bedeutung des Schlafs in der Gesellschaft künftig wieder mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Wenn es betrieblich möglich ist, unterstützen wir Sabbaticals, um die Work-Life-Balance zu stärken und langfristig die Menschen bei uns zu wissen. Wir haben im letzten Jahr teilweise die Öffnungszeiten verkürzt und starten den Tag (intern) früher, das trägt erstaunlich viel zu mehr Feierabend bei. Wir bieten viele Teilzeitstellen, äußerst attraktive Einkaufskonditionen, Flexibilität für Familie und sich verändernde Situationen. Dank Weiterbildungen im In- und Ausland, attraktiven Produkten, topmodernen Läden und jetzt einer ganz neuen IT-Infrastruktur bieten wir viel. Besonders freut uns, dass wir auch in der Verkaufsberatung mehrere Männer beschäftigen dürfen und unser Team äußerst heterogen zusammengesetzt ist. Weiterhin hat das Gewinnen von Fachkräften auch mit Glück zu tun, wir dürfen hier noch mehr nachhelfen und vielleicht auch mal Kundinnen und Kunden aktiv ansprechen.

Staatliche Programme in der Schweiz sind mir kaum bekannt. Die regionalen Arbeitsvermittlungen bieten Plattformen mit Jobsuch-Profilen an. Störend sind die äußerst ineffektiven Pflichtbewerbungen in der Schweiz, die viel Administration bedeuten."


Talat Günther, Betten Günther, Brechen+Usingen
"Der Fachkräftemangel wirkt sich von Mensch zu Mensch aus -
das bedeutet, richtiges Verkaufen,
komplett ohne Verkäufer wird es
auch in der Zukunft nicht geben. Da kann die KI noch so intelligent sein. Ich habe noch niemanden gehört, der sagt, ich habe genug Fachkräfte. Natürlich sind wir auch auf der Suche nach neuen Mitarbeitern, die zu unserem Unternehmen passen. Inzwischen haben wir so viel Bürokratie, dass wir fast so viele Mitarbeiter im Backoffice haben, wie Verkäufer im Geschäft. Wir rekrutieren hauptsächlich über Facebook und Instagram, da hier hier die Zielgruppen einfacher zu erreichen sind. Neue Mitarbeiter müssen nicht unbedingt aus der Betten- oder Möbelbranche kommen. Wichtig ist die Leidenschaft, die Ware zu verkaufen und weiter an seinen Aufgaben zu wachsen.

Für den Erhalt unserer Mitarbeiter ist es wichtig, dass sie sich alle im Unternehmen wohlfühlen. Aus diesem Grund verreisen wir auch einmal im Jahr mit dem kompletten Team für drei Tage, wobei das Ziel und die Unternehmungen vom Team zusammengestellt werden.

Zu den Strategien und Maßnahmen, die wir ergreifen, zählen Werbung in den sozialen Medien, Empfehlungen von Mitarbeitern, Kunden oder Bekannten. Ausgebildetes Fachpersonal zu bekommen ist schwer, daher sind auch Quereinsteiger bei uns herzlich willkommen. Durch ein von uns selbst speziell entwickeltes Einarbeitungsprogramm qualifizieren wir unsere neuen Mitarbeiter für unser Unternehmen innerhalb von acht Wochen.

Von Unterstützung durch staatliche Programme und Initiativen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels habe ich bis jetzt nicht viel mitbekommen. Und, es ist auch nicht richtig, sich die Fachkräfte aus z.B. Indien oder Afrika zu holen, da genau diese Fachkräfte in deren eigenen Ländern dringend benötigt werden. Die Unterstützung vom Staat muss schon bei der Familienplanung und Schulbildung beginnen. Nur so erhalten wir für die Zukunft genügend geeignete Fachkräfte und Führungskräfte."


Dr. Christiane Huber,
Betten Huber, Augsburg
"Der Fachkräftemangel beschäftigt uns gerade ganz aktuell. Es wird immer schwieriger, motivierte und kompetente Persönlichkeiten zu finden, die bereit sind, sich den Herausforderungen des Einzelhandelszu stellen. Doch gerade diese engagierten und qualifizierten Fachkräfte sind einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren für unser Unternehmen. Unsere Mitarbeiter sind nicht nur das Rückgrat unseres Betriebs, sondern auch die Gestalter des ersten und letzten Eindrucks, den ein Kunde von uns behält. Ihre Professionalität, ihr Engagement und ihre Kompetenz tragen maßgeblich dazu bei, dass unsere Kunden zufrieden sind und gerne wiederkommen.
Staatliche Programme zur Gewinnung neuer Mitarbeiter erweisen sich oft als wenig erfolgreich. Die bürokratischen Hürden und die mangelnde Flexibilität solcher Programme führen dazu, dass sie nicht immer die gewünschten Ergebnisse liefern. Hier sind also unsere eigene Kreativität und Innovationskraft gefragt! Wir müssen neue Wege finden, um talentierte Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Dies erfordert nicht nur innovative Recruiting-Strategien, sondern auch eine Unternehmenskultur, die Mitarbeiter wertschätzt und fördert.

Umso wichtiger ist es, das bestehende Team zu halten und deren Zufriedenheit und Motivation zu steigern. Eine hohe Mitarbeiterbindung reduziert nicht nur die Fluktuation, sondern erhöht auch die Produktivität und das Engagement der Belegschaft. Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen, um unserem gesamten Team meinen tiefsten Dank für euren Einsatz und euer Herzblut auszusprechen. Euer Engagement und eure Professionalität sind unverzichtbar für unseren Erfolg. VIELEN DANK an euch alle."


Holger Braun, Aunold Orthoschlaf, Köln
"Mitarbeiter - mit oder ohne Qualifikation - sind so gut wie nicht zu finden. Junge Menschen wollen schnell Geld verdienen und dafür nicht den ganzen Tag vergeuden.

Strategien und Maßnahmen, die wir ergreifen, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen sind: Die Leistungen wie Lohn und Provision werden erhöht, die Arbeitszeit wird reduziert und flexibilisiert. Die Unterstützung durch staatliche Programme und Initiativen ist eher schwierig. Wir benötigen sprachlich gewandtes Personal, das in dem "einfachen" Beruf des Einzelhandels schwer zu finden ist. Maßnahmen der staatlichen Programme führen leider nicht zu diesem Ziel."


Carsten Bürgel (l.),
Betten Meier, Stadthagen
"Wir arbeiten mit einem sehr kleinen Team, bestehend aus nur acht Köpfen und haben das große Glück, dass dieses Team seit Jahren harmonisch und erfolgreich zusammenarbeitet. Aufgrund dieser Tatsache haben wir in jüngster Vergangenheit nicht suchen müssen. In Bezug auf Erhalt dieses Teams versuchen wir möglichst viele Wünsche aller Teammitglieder zu erfüllen in Bereichen wie Urlaubsplanung, freie Tage, Aufgabenverteilung etc. Darüber hinaus sind wir bemüht, alle Mitarbeiter möglichst viel eigenverantwortlich arbeiten zu lassen, eine bestmögliche Atmosphäre zu schaffen und bestmögliche Eigenbedarfskonditionen.

Bezüglich der Strategien und Maßnahmen, die wir ergreifen, um Mitarbeiter zu gewinnen: In der Vergangenheit haben wir immer allerbeste Erfahrungen mit Quereinsteigern gemacht. Aktuell ist niemand in unserem Team, der in seiner Vergangenheit Erfahrungen in unserer Branche hatte. Im Falle der Suche nach Verstärkung unseres Teams würden wir nur im Notfall jemanden aus der Branche einstellen und Quereinsteigern immer den Vorzug geben.

Ich glaube nicht, dass staatliche Unterstützungen dem hochwertigen Fachhandel die geeigneten Mitarbeiter vermitteln können."


Eckhard Hillebrand,
Hillebrand Liegen +Sitzen, Kassel
"Erfreulicherweise hatten wir in der letzten Zeit keine Probleme, neue Mitarbeiter zu finden und sind aktuell sehr gut besetzt. Geholfen hat uns dabei unser guter Ruf und dass wir, im Gegensatz zu den meisten Mitbewerbern in der Großfläche, keine provisionsbasierten Gehälter zahlen, sondern attraktive Fixgehälter, die durch Sonderzahlungen ergänzt werden. Das ist für viele Mitarbeiter, zusammen mit einem guten Betriebsklima und akzeptablen Arbeitszeiten, ein wichtiges Detail.

Ich denke, wichtig ist auch eine gute Kommunikation auf allen Kanälen in Form von PR-Berichten und klassischen Werbeanzeigen, damit potenziell Arbeitssuchende auch Interesse haben, in unserem Unternehmen und vor allem in unserer Branche zu arbeiten. So haben wir als Kassels ältestes und größtes Bettenhaus eine hohe Bekanntheit und einen sehr guten Ruf. Außerdem haben wir unsere Social Media-Aktivitäten verstärkt. Zusätzlich haben wir durch einen guten Kontakt zur Agentur für Arbeit sehr gute und qualifizierte Mitarbeiter gefunden.

Was allerdings überhaupt nicht klappt, ist das finden "qualifizierter" Auszubildender. Wir hatten seit 1995 immer ein bis zwei Azubis. In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal leider niemanden gefunden. Auf staatliche Initiativen zur Bekämpfung des Fachgeschäftemangels würde ich nicht setzen. Sie gehen komplett an unserer Branche vorbei."
aus Haustex 07/24 (Handel)