Frank Uwe Ruschke: Drei Gewerke müssen sich abstimmen
Hydraulischer Abgleich von Fußbodenheizungen
Die Fußbodenheizung und ihre Auswirkungen auf Parkett und andere Bodenbeläge bleibt ein brisantes Thema. Kaum ein Neubau, der heute nicht mit einer Warmwasser-Bodenheizung ausgestattet wird. Hier treffen in der Folge drei Gewerke aufeinander: erst der Heizungsbauer, dann der Estrichleger und am Ende der Parkett- und Bodenleger. Eigentlich sollten sie sich abstimmen, über die Schnittstellenkoordination oder das persönliche Gespräch die nötigen Vorgaben klären - doch im Baualltag geht oft jeder seiner eigenen Wege."Der Heizungsbauer sollte eigentlich wissen, welcher Bodenbelag später oben drauf kommt", sagt Frank Uwe Ruschke, Sachverständiger aus Odenthal. "Denn eine keramische Fliese wird schneller warm als ein dicker Teppich." Ohne Kenntnis des Gesamtbodenaufbaus kann der Heizungsbauer den hydraulischen Abgleich der Fußbodenheizung nur nach eigenem Gutdünken einstellen. Aber was ist ein hydraulischer Abgleich und warum muss er korrekt justiert sein? Die Antwort ist leicht nachvollziehbar: Das warme Wasser soll gleichmäßig durch alle im Boden verlegten Rohre fließen, damit überall möglichst die gleiche Temperatur abgegeben wird. Technisch bedeutet der hydraulische Abgleich die Durchflussmenge in Litern pro Minute. Grundlage ist die Schnittstellenkoordination. Dort wird die Heiz- und Kühllast beschrieben und berechnet. Es geht um Soll-Wasserströme.
Nun sind Heizkreise aber unterschiedlich lang und Rohre vielleicht nicht identisch. "Wasser sucht den Weg des geringsten Widerstandes und fließt eher durch kurze und dicke, als durch lange und dünne Rohre", erklärt Ruschke. "Je länger diese Kreise sind, desto weniger kommt am Ende an." Wenn der Heizungsbauer dann noch Schlauchmeter sparen wollte und zu große Abstände zwischen den Rohrschlangen gelassen hat, wird es mit der gleichmäßigen Wärmeverteilung besonders kritisch. Eigentlich sollte der hydraulische Abgleich vor der Estrichlegung erfolgen, doch Heizungsbauer würden das für wenig effektiv halten, kritisiert Ruschke. "Für sie gilt nur, dass es warm werden muss. Also stellen sie die Vorlauftemperatur oft zu hoch ein."
Den Estrichleger muss das nicht interessieren. Er ist nur für das Funktionsheizen nach DIN EN 1264 Teil 4 zuständig. Bei Zementestrichen soll das Aufheizen frühestens nach 21 Tagen, bei Anhydritestrichen gemäß Herstellerangaben frühestens nach 7 Tagen erfolgen. Ein Belegreifheizen ist das aber nicht. Der Estrich kann immer noch zu viel Restfeuchte für einen Bodenbelag enthalten. Vor allem dann, wenn zu diesem Zeitpunkt kein richtiger hydraulischer Abgleich gemacht worden ist. Ruschke: "Weil das Wasser sich den günstigsten Weg in die kürzeren Heizschleifen sucht, kann ein Estrich zum Beispiel im Bad trocken sein, während im größeren Wohnzimmer noch Feuchtigkeit ist."
Belegreife - eine Frage der Messpunkte
Für den Bodenleger bedeutet das: Seine CM-Messung der Estrichfeuchte kann an einem Ort Belegreife anzeigen, während an anderer Stelle noch reichlich Wasser im Untergrund steckt. Eine verzwickte Situation, denn worauf soll sich das letzte der drei Bodengewerke verlassen? Kann der Parkett- und Bodenleger einen hydraulischen Abgleich überhaupt beurteilen, wenn er beim Heizkreisverteiler auf die Schaugläser guckt? Ruschke: "Kaum! Dazu müsste er in der Lage sein, die verschiedenen Funktionen zu kennen und abzuprüfen."
Im Baustellenalltag gibt es selten ein reibungsloses Miteinander. Gegenüber dem Bodenleger sind meist Planer oder Bauleiter für einen belegreifen Estrich verantwortlich. Der Heizungsbauer muss nur belegreif heizen, wenn er dafür einen gesonderten Auftrag erhält. Inklusive ist lediglich das Funktionsheizen. Aber Messstellen für die CM-Prüfung muss der Heizungmonteur angeben - pro 100 m
2 sind drei Stellen gefordert, mindestens aber eine Markierung in jedem Raum. Findet der Bodenleger diese Messpunkte nicht, muss über den Auftraggeber beim Heizungsbauer nachgefragt werden.
Hinweispflicht auf Flächenkühlung
Den letzten beißen die Hunde? Das muss sich der Parkett- und Bodenleger nicht gefallen lassen. Hydraulischer Abgleich einer Fußbodenheizung ist im Alt- und Neubau Pflicht. Der Informationsdienst "Flächenheizung +Flächenkühlung" schreibt: "Bei der raumweisen Berechnung der Flächenheizung werden zum Beispiel der Verlegeabstand, durchlaufende Zuleitungen und deren Wärmeabgabe, Oberbodenbeläge und die erforderliche spezifische Wärmestromdichte definiert. () Wenn Flächensysteme auch zur Kühlung genutzt werden, besteht eine Hinweispflicht des Auftraggebers an die betreffenden Folgegewerke."
Vorlauftemperatur für Parkett
nicht einheitlich beschrieben
Vorlauftemperatur und die daraus resultierende Oberflächentemperatur bei einem Parkettboden werden in der Baubranche nicht einheitlich beschrieben und sind zudem abhängig von dem Wärmedurchlasswiderstand des Materials. Ein Parketthersteller beispielsweise beschränkt seine Empfehlung auf einen Vorlauf von 38-40 °C mit einer Oberflächentemperatur von 26-27 °C. Ein Beitrag auf der Website "heizung.de" nennt eine maximale Vorlauftemperatur von 50-55 Grad °C, will in der Konsequenz aber 29 °C an der Oberfläche nicht überschreiten. Ob dieses Verhältnis übereinstimmen kann? Frank Uwe Ruschke zeigt im Schaubild die geprüften Daten einer verlegten Flächenheizung. Dort werden 42 °C-Vorlauftemperatur genannt. Das hält der Sachverständige bereits für gewagt: "Mit dieser Heizlast hätten wir Parkettleger ein Problem."
| Henrik Stoldt
aus
Parkett Magazin 03/22
(Handwerk)