Kleiner Fehler - Großer Schaden | Teure Folgen: Wenn die Spachtelmasse überwässert wird
Verunglückte Spachtelarbeiten auf altem Gussasphaltestrich
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine Veranstaltungshalle, die behindertengerecht saniert wurde.Ein Bodenleger erhielt den Auftrag, in einer öffentlichen Veranstaltungshalle die elastischen Bodenbeläge auf einem Altuntergrund zu verlegen. Dieser Untergrund, der aus Gussasphalt und Spachtelschichten bestand, sollte angeschliffen sowie mit Kunstharz grundiert und gespachtelt werden. Anschließend sollten spezielle Kontaktschleifen (Kupferbänder zur Übertragung auf Hörgeräte) aufgeklebt und mittels einer weiteren Schicht überspachtelt werden, bevor der Bodenbelag folgte. Auf Nachfrage erläuterte die Bauleitung, dass in diesem Objekt eine neuartige Technologie zur Übertragung an spezielle Hörgeräte mittels der Kupferbänder verbaut werden sollte. Diese induktive Höranlage überträgt akustische Signale und Stimmen unmittelbar und ohne Verfälschungen über ein Hörgerät ins Ohr der Zuhörer.
Gemäß der öffentlichen Ausschreibung sollte lediglich ein An- und kein Abschleifen der alten Spachtelschichten durch den Bodenleger erfolgen. Zum Zeitpunkt der Ausschreibungsphase war die Veranstaltungshalle noch in Betrieb, sodass der Altbelag noch nicht entfernt war. Demnach war eine Inaugenscheinnahme des Aufbaus nicht möglich. Im Zuge der Renovierung wurde an zwei Stellen seitens der Bauleitung eine Bauteilöffnung durchgeführt, an der sich jedoch keine Auffälligkeiten, wie z. B. mehrere Spachtelschichten oder zu dünne Estrichschichten, zeigten. Demnach wurde der neue Fußbodenaufbau gemäß Leistungsverzeichnis vom Bodenleger verlangt und ausgeführt.
Schaden
Nicht ausreichend feste und
nicht anhaftende Spachtelmasse
Mit dem Wissen, dass Altuntergründe - vor allem Gussaspaltestriche - kritisch sein können, wurde die vorhandene Spachtelschicht lediglich mittels grober Schleifscheibe und Einscheibenmaschine angeschliffen. Die anschließende Kunstharzhaftbrücke wurde speziell für Altuntergründe ausgelobt und vom Systemhersteller des Bodenlegers empfohlen. Die 2 mm dicke erste Spachtelschicht wurde anschließend mit den Kupferbändern beklebt, die in eine weitere 2 mm dicke Spachtelschicht eingebettet werden sollten. Allerdings kam es beim letztmaligen Spachteln zu handwerklichen Fehlern, sodass diese Schicht wieder abgetragen werden musste, da die erforderlichen Oberflächenfestigkeiten nicht erreicht wurden.
Ursache
Völlig überwässerte Spachtelmasse
Der Sachverständige wurde anschließend beauftragt, die gesamten Flächen auf Festigkeit und Ablösungen zu überprüfen. Die bereits augenscheinlich verunglückte und völlig überwässerte Spachtelmasse wurde durch die Mitarbeiter des Bodenlegers beim Ortstermin punktuell bis auf die erste Spachtelschicht abgeschliffen, sodass Haftzugprüfungen gemäß DIN EN 13892-8 mit rechteckigen Prüfstempeln und definierten Prüfflächen durchgeführt werden konnten.
Anschließend konnte an den Prüfstellen eine gute bis sehr gute Adhäsion (Anhaftung) bestätigt werden. Die Beteiligten verständigten sich darauf, dass der Bodenleger die zweite Spachtelschicht vollflächig entfernt und anschließend fachgerecht erneut spachtelt. Bereits wenige Tage später wurde der Sachverständige zur Abnahme der Vorarbeiten eingeladen. Hierbei teilte die Bauleitung mit, dass im Zuge des Schleifens - sehr zum Ärgernis aller Beteiligten - die Kupferbänder beschädigt wurden und großflächig ausgetauscht werden mussten, da deren Funktion nicht mehr gewährleistet werden konnte.
Durch diese Beschädigung entstand einerseits ein enormer finanzieller und andererseits ein zeitlicher Schaden, da die Kupferbänder speziell für das Objekt angefertigt wurden. Im Rahmen des Sanierungskonzeptes mussten sämtliche Kupferbänder wieder entfernt werden. Danach erfolgte mittels entgegenlaufender Dreischeiben-Diamantschleifmaschine der Abtrag bis auf die tragende erste Spachtelschicht. Das Herstellen und Verkleben der Akustikbänder aus Kupfer dauerte mehr als vier Wochen, sodass ein zeitlicher Verzug in der Fertigstellung des Bodenbelages die Folge war. Schließlich musste die geplante Eröffnung der Veranstaltungshalle verschoben werden. Glücklicherweise verliefen die restlichen Arbeiten reibungslos, sodass sich alle Beteiligten nun an einem sehr schönen neuen Bodenbelag und einem funktionierenden Akustiksystem erfreuen können.
Verantwortlichkeit
Bodenleger ist verantwortlich
und trägt Kosten
Trotz des erfreulichen Endes, dass in diesem Fall keine Gerichte beschäftigt werden mussten und die Gemeinde einen schönen und funktionierenden Bodenbelag bekam, wurden dem Bodenleger sämtliche Nacharbeiten und die Kosten für die Kupferbänder in Rechnung gestellt. Lediglich die drohende Verzugskosten wurden nicht veranschlagt, da der Bodenleger einsichtig und bemüht war, das Projekt ordnungsgemäß zu übergeben. Abschließend konnte der Sachverständige bestätigen, dass der ausgeschriebene besondere Sanierungsaufbau, der von der DIN 18365 Bodenbelagsarbeiten abwich, auch auf dem kritischen Gussasphaltestrich funktioniert hätte, wenn es nicht zu dem genannten Verlegefehler gekommen wäre.
aus
FussbodenTechnik 04/22
(Handwerk)