Kleiner Fehler - Großer Schaden: Rinnen und Abläufe nicht an Abdichtung angeschlossen
Brauchwasser beschädigt Küchenboden – Folge Totalschaden
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine Großküche, in der Rinnen und Abläufe nicht flüssigkeitsdicht an die Bodenbeschichtung und die Abdichtung angeschlossen wurden.In einer Großküche erstellte ein Beschichter den Küchenboden mit einer Reaktionsharzbeschichtung. Die darin befindlichen Edelstahlrinnen, Abläufe und Einbauteile wurden am Übergang zum Belag mit Dichtstofffugen ausgeführt. Ungefähr zwei Jahre nach Inbetriebnahme der Küche waren Mängel an den Übergängen der im Boden befindlichen Einbauteilen und Feuchteschäden feststellbar, die vom Küchenbetreiber reklamiert wurden. Es bestanden zudem Zweifel an der Festigkeit des Estrichs, sodass materialtechnische Untersuchungen erforderlich waren.
Die in der Vergangenheit durchgeführten Sanierungsversuche waren erfolglos. Die vormals entstandenen Schäden traten erneut auf. Der Bodenbeschichter wies anschließend die Mängelrüge zurück und war der Auffassung, dass die Mängel auf eine unsachgemäße Nutzung des Bodens oder auf falsche Reinigung und Instandhaltung zurückzuführen seien. Es kam zum Rechtsstreit.
Schaden
Offene Fugen, Risse,
Aufwölbungen und Bauteilöffnungen
Der Boden einer Großküche ist immer hohen Belastungen ausgesetzt. Dazu zählen chemische Belastungen durch Frucht-, Fett- und Milchsäuren, Reinigungsmittel, Säuren, Laugen und Alkohole. Hinzu kommt die mechanische Belastung durch Laufrollen, Hubwagen, Reinigungsmaschinen und Laufspuren. Als Krönung folgt dann noch die thermische Belastung durch heißes Wasser. Der Boden wird also permanent auf vielfältige Art und Weise gefordert.
Der besagte Küchenboden zeigte abgerissene Fugenflanken, Rissbildungen und einen bis zu 2 cm hoch aufgewölbten Estrich an den Rinnenanschlussfugen. An den Fugen löste sich die Beschichtung links oder rechts der Edelstahlprofile vom Untergrund ab. Zur Ermittlung der Schadenursachen waren großflächige Bauteilöffnungen an den Rinnen erforderlich. Der Fußbodenaufbau um die Rinnen herum wurde schließlich entfernt und die Rinnen ausgebaut.
Die Bauteilöffnungen brachten folgende Erkenntnisse: Die Rinnen waren nicht ordnungsgemäß hinterfüllt. Der Estrich wurde einfach unter die Rinnen gedrückt und war verschimmelt. Ein kapillarbrechender Verguss mit Reaktionsharz und eine Verbundabdichtung fehlten komplett. Die Rinnenanschlussfuge war aufgerissen. Der gesamte Fußbodenaufbau war bis zur Rohdecke stark durchfeuchtet und unter der Trennfolie stand zudem Wasser auf der Abdichtungsebene.
Schließlich wurde der Boden neben einer Fuge am Übergang zu einer Rinne geöffnet: Der gesamte Fußbodenaufbau stand bis zur Bauwerksabdichtung unter Wasser. Der Estrich wies unterschiedliche Höhen auf, die Anschlussfugen waren aufgerissen. Auf dem Rinnenflansch befand sich noch eine Transportfolie, die nicht entfernt, sondern grundiert und mit Quarzsand abgestreut war. An den entnommenen Estrichprobenplatten erfolgten materialtechnische Untersuchungen zum Feuchtegehalt und zur Biegezugfestigkeit des Estrichs.
Ursache
Verbundabdichtung fehlte
Die geprüften Biegezugfestigkeiten erfüllten nicht die Festigkeitsanforderungen eines Zementestrichs auf Trennlage CT-C35-F5-D65 mm. Die erforderlichen Festigkeitswerte von 3,0 und 3,5 N/mm
2 wurden weder beim Einzel- noch beim Mittelwert erreicht. Der geprüfte Zementestrich entsprach nicht der vorliegenden Planung und Ausschreibung, wie der Vergleich mit den Planungsdetails zeigte. Feststellbar war eine Vielzahl von Ausführungsfehlern, die gleichzeitig die Schadensursachen waren:
-Eine Verbundabdichtung zur Verhinderung des seitlichen Wassereintrages in den Estrich und um die Rinne herum war nicht vorhanden.
-Ein kapillarbrechender Verguss mit Reaktionsharz unter den Rinnenflanschen war nicht vorhanden. Der Estrich wurde einfach unter die Rinne gedrückt.
-Die Rinnen wurde von Brauchwasser hinterlaufen, nicht hohlraumfrei hinterfüllt und nicht ausreichend gegen thermische Beanspruchung fixiert.
-Der zur Vermeidung von Kondensatbildung aus dem Kanal erforderliche Dichtring zwischen oberen und unteren Einlaufkörper fehlte.
-Der Estrich wies, unzulässige Höhenunterschiede auf. Die Sollstärke von 65 mm Dicke wurde nicht erreicht.
-Die Rinnenanschlussfugen (Wartungsfugen) wurden nicht ordnungsgemäß hergestellt und nicht dicht an die Rinnenkörper angeschlossen.
Verantwortlichkeit
Beschichter
macht gravierende
Ausführungsfehler
Die Schadensursachen und die vorgefundenen Ausführungsfehler waren dem Beschichter zuzurechnen, weil dieser gravierte Ausführungsfehler machte. Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der gesamte Küchenboden musste abgebrochen und vollständig neu hergestellt werden. Die gemessenen Durchfeuchtungsgrade waren sehr hoch. Sie deuteten auf eine langanhaltende und vollständige Durchfeuchtung der Konstruktion hin.
Die festgestellte Ausführung der Fugen entsprach nicht der vorliegenden Planung. Es wurden falsche Fugenprofile eingebaut. Der Bestandsestrich konnte außerdem nicht verbleiben, weil er jahrelang durch aggressive Stoffe beansprucht wurde und bis heute wird. Diese Stoffe verdunsten in der Regel nicht mit, was zu einer Konzentration unterhalb des Belags führt. Es bildet sich ein chemisch aggressiver und hygienisch bedenklicher Cocktail, der zu Schädigungen an der Abdichtung führen kann. Die Folge sind zukünftige Undichtigkeiten in der Abdichtungsebene und Belagsablösungen im Anschluss an die Ablaufbauteile.
Die Sanierung dauert derzeit noch an. Die Sanierungskosten sind noch nicht abschätzbar. Sie werden aber voraussichtlich 450.000 EUR übersteigen.
aus
FussbodenTechnik 05/22
(Handwerk)