Mangelhafte Fußbodenkonstruktion in ehemaliger Kfz-Werkstatt
Totalschaden – gerissener und verunreinigter Boden
Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um den gerissenen und verunreinigten Boden in einer ehemaligen Kfz-Werkstatt.In einem Werkstattgebäude wurde als Fußbodenkonstruktion ein schwimmender Estrich als CT C20 F4 mit Beschichtung ohne Planung und Bemessung verlegt. Das Objekt wurde an einen Betreiber vermietet, der es als Werkstatt für Inspektionen und Wartungen an Kraftfahrzeugen nutzte. Nach rund 25 Jahren Nutzungsdauer, Beendigung des Mietverhältnisses und Auszug des Mieters wurden vom Vermieter Mängel und Beschädigungen der Mietsache bzw. eine unsachgemäße Nutzung des Bodens beanstandet.
Der Vermieter behauptete, der Bodenbelag sei übermäßig strapaziert, nicht gepflegt und zudem massiv durch Öle und Schmierstoffe kontaminiert worden. Der Mieter wies die Mängelrüge zurück und war der Auffassung, dass die monierten Mängel auf eine übliche Abnutzung des ungefliesten Bodens während der Nutzungsdauer zurückzuführen seien. Die Parteien konnten sich nicht einigen, es kam zum Rechtsstreit.
Der Boden war, wie in einer Werkstatt üblich, höheren Belastungen als im Wohnungsbau ausgesetzt. Dazu zählt die chemische Belastung durch Wasser, Öle, Schmierstoffe, Reinigungstechnik und -mittel sowie Alkohole. Es kam außerdem zu einer mechanischen Belastung durch Laufrollen, Hub- und Werkstattwagen, Reinigungsmaschinen und Fahrzeuge. Dabei war von einer Flächenlast 5 KN/m
2 und Einzellasten 4 KN/m
2 auszugehen.
Der Hallenboden war durch Fugen in rund 5 x 5,5 m große Plattenfelder unterteilt. Dieser wurde permanent durch den allgemeinen Werkstattbetrieb und durch Lieferverkehr beansprucht, da Fahrzeuge und Transporter direkt in die Werkstatt und auf die Bodenflächen einfahren konnten.
Schaden
Risse, Einbrüche, Abplatzungen
und Durchbiegungen
In der Werkstatt zeigten sich Einbrüche des Estrichs links und rechts der Fugen, Rissbildungen in den einzelnen Plattenfeldern, Eck- und Kantenabplatzungen sowie Durchbiegungen. Die Fugen selbst waren eingebrochen und wiesen massive Kantenabplatzungen auf. Die Beschichtung wurde entfernt, Materialproben entnommen und die Schichtdicke der Beschichtung gemessen. Das Resultat war ein rötlicher, einlagiger Anstrich mit einer Dicke von 0,28 bis 0,30 mm. Zur Ermittlung der Schadenursachen wurden Bohrkerne und Materialproben aus der Estrichprobenplatte entnommen und im Labor untersucht.
Die Bauteilöffnungen brachten folgende Erkenntnisse: Es gab massive Verbund- und Gefügestörungen, Verdichtungsfehler, Risse im Querschnitt des zweilagig eingebauten Estrichs, teilweise ohne Verbund der Estrichlagen untereinander. Der Estrich wies unterschiedliche Höhen auf. Die Estrichlagen zeigten sich ohne Verbund und es gab mit Estrich gefüllte Fugen in der Dämmung. An den entnommenen Estrichprobenplatten erfolgten materialtechnische Untersuchungen zur Kontamination durch Öle und Schmierstoffe und zur Biegezugfestigkeit des Estrichs.
Ursachen
Beschichtung und Estrich zu dünn
Die geprüften Biegezugfestigkeiten erfüllen nicht die Festigkeitsanforderungen eines Zementestrichs auf Dämmschicht nach CT-C20-F4-D65 mm. Die erforderlichen Festigkeitswerte von 2,5 bzw. 3,5 N/mm
2 wurden weder beim Einzel- noch beim Mittelwert erreicht. Der Estrich wies unterschiedliche Dicken von 50 bis 93 mm auf. Die Mindestdicke von 65 mm wurde großflächig unterschritten.
Tatsächlich drangen Öle und Schmierstoffe in Teilflächen des Estrichs ein. Es handelte sich dabei um die Flächen der ehemaligen Hubbühnen und solche, über denen Ölwechsel durchgeführt wurden. Aus rein technischer Sicht handelte es sich um eine übliche Abnutzung des Fußbodens während einer Nutzungsdauer von 25 Jahren als Kfz-Werkstatt. Eine massive Kontamination des Fußbodens war nicht feststellbar. Krebserregende Substanzen (PAK) waren an den Bohrkernen nicht nachweisbar. Eine Gesundheitsgefährdung lag somit nicht vor.
Öle und Schmierstoffe sind nicht wegen der üblichen Nutzung als Kfz-Werkstatt in Teilflächen des Bodens eingedrungen, sondern wegen der nicht ordnungsgemäß hergestellten Beschichtung des Fußbodens. Tatsache ist, dass der einfache Farbanstrich auf dem Estrich ohne Untergrundvorbereitung viel zu dünn war und nicht ausreichte, um ein Eindringen von Öl und Schmierstoffen in den Boden zu verhindern. Bei der zu dünnen Beschichtung (Dicke 0,30 mm) handelte es sich um einen baulichen und nicht um einen nutzungsbedingten Mangel.
Aus rein technischer Sicht war der rote Farbanstrich von vornherein nicht geeignet, dem Gebrauch der Mietsache als Kfz-Werkstatt standzuhalten und ein Eindringen von Öl und Schmierstoffen in den Boden zu verhindern. Hierfür wäre eine ordnungsgemäße Beschichtung des Bodens, bestehend aus mehreren Schichten mit 3 bis 5 mm Dicke, erforderlich gewesen. Ein solcher Aufbau umfasst Grundierung, Epoxid-Beschichtung, Versiegelung und Mattversiegelung. Letzten Endes kommt es nicht darauf an, dass Öl und Schmierstoffe in Teilflächen des Bodens eingedrungen sind, weil die Fußbodenkonstruktion von vornherein nicht geeignet war, den statischen Beanspruchungen aus dem Betrieb einer Kfz-Werkstatt standzuhalten.
Die Prüfergebnisse erfüllten nicht die Anforderungen eines Zementestrichs der Festigkeitsklasse F5. Die erforderlichen Biegezugfestigkeiten des Estrichss für den Einzelwert von 2,5 N/mm
2 und für den Mittelwert von 3,5 N/mm
2 wurden nicht erreicht.
Verantwortlichkeit
Schäden sind Vermieter zuzurechnen
Der gesamte Fußbodenaufbau wurde überbeansprucht und zerstört. Die gewählte Fußbodenkonstruktion mit einem schwimmender Estrich und zu geringer Dicke war für die vorgesehene Nutzung als Kfz-Werkstatt nicht geeignet. Die Schadenursachen und die vorgefundenen Schäden sind dem Vermieter zuzurechnen, weil dieser die Fußbodenkonstruktion nicht entsprechend der geplanten und bekannten Nutzung wählte.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden. Der gesamte Werkstattboden muss abgebrochen und vollständig neu hergestellt werden. Eine Sanierung wäre sofort möglich, weil das Gebäude derzeit leer steht. Die Sanierungskosten sind derzeit noch nicht abschätzbar, weil aufgrund einer fehlenden Horizontalabdichtung zwischenzeitlich Wasser in das Gebäude
eingedrungen ist und unter der Fußbodenkonstruktion steht.
Der Autor
Jens Schade ist von der Industrie- und Handelskammer Ostthüringen zu Gera öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Schäden an Gebäuden.
Schade GmbH - Baugutachter Dipl.-Ing. Jens Schade
Am Vogelherd 10 98693 Ilmenau
Tel.: 03677/6899706 Mobil: 0175/7218849
jens.schade@baugutachter-website.de
www.baugutachter-website.de
aus
FussbodenTechnik 01/23
(Handwerk)