Italienischer Lebensstil bei Vanoni in Günzburg

La vita è bella, sagt Herr Seeberger

Es wäre niemand zu verdenken, der in Günzburg die Bahnhofstraße entlang schlendert, die Aufschrift Bettenhaus Vanoni an einer recht schlichten Fassade liest - dass er einfach weitergeht. Ich brauch gerade kein Bett, könnte er sich denken. Und weiß doch nicht, dass er versäumt, textile, aufwendig dekorierte Wohnwelten kennenzulernen. Dass er die Kostproben italienischen Lebensstil verpasst, ob das nun die ungekünstelte Freundlichkeit der Belegschaft, den Cappucino oder das Glas Prosecco meint.

Die Günzburger allerdings und viele Interessierte im bis zu 50 Kilometer weiten Umkreis kennen Vanoni. Nicht umsonst wird dem Namen inzwischen ein "Bett + Gardine" vorangestellt, ein "Wohn- und Schlafkultur" darangehängt - und damit es auch der Letzte versteht, der die reichlich platzierten lokalen Anzeigen von Vanoni liest, auch noch ein "Leben in Harmonie". .Hinter all diesen Arrangements steht keine Familie Vanoni, auch wenn der Name noch so schön danach klingt. Es gibt keine Familie Vanoni mehr (es gab sie vom 1.6.1900, der Gründung des Geschäftes, bis 1969, danach bis 1985 Frau Buck) aber es gibt die Familie Seeberger, die, was italienische Lebenslust angeht, mit jedem Italiener mithalten kann.

So nimmt jedes Jahr um die Osterzeit der Inhaber Horst Seeberger seine Frau Josefine (Finni) beiseite, um mit ihr in Valdobbiadene den neuen Prosecco zu verkosten. Wenn Günzburg sein Maifest feiert, sind die Seebergers mit den besten Flaschen sowie einigen Amphoren wieder zurück und laden zum "Primavera del Prosecco" in ihr Geschäft. Zwischen 100 und 200 Menschen kommen dann. Horst Seeberger ist natürlich auch ein Pragmatiker: "Wer Prosecco kauft, kommt wieder." Sein Hauptgeschäft ist schließlich der Verkauf eines umfassenden Sortiments von Heim- und Haustextilien, mit einem Anteil von 60 zu 40 % für die Segmente Bett und Gardine/Deko. "Die reinen Bettenhändler haben uns zuerst belächelt, aber für uns gilt: das Geschäft soll Spaß machen." Wenn Vanoni für seinen Prosecco-Frühling wirbt, schließen sich an die Angebote für Amphoren und Alkoholisches an: Sommerbetten, Bettwäsche von Bassetti, Liegetücher als Geschenktipps zur Konfirmation, Wasserbetten, eine Bettenreinigung-Aktion.

Die allgemein schwierige Lage der Branche hat natürlich auch Vanoni erfasst. Für die Umsatzeinbußen zum Vorjahr macht Seeberger unter anderem die Mondpreispolitik des Handels verantwortlich. "Wir machen eine saubere, ehrliche Kalkulation. Mit der Kundenkarte des Systems CS Customer werden 3% Nachlass gewährt. Wir bieten gute Ware zu einem passenden Preis/Leistungsverhältnis. Im Schlussverkauf gibt es 10%. Bei uns gibt es keine durchgestrichenen Preise, der Kunde bekommt hochwertige Qualität mit hohem Nutzwert. Wirtschaftlich mussten wir Rückschritte hinnehmen, aber wir profitieren davon, dass im Jahr 2002 das Legoland in Günzburg eröffnet wurde." Seebergers haben Arbeitsteilung. Das beratungsintensive Bettengeschäft liegt in den Händen von Horst Seeberger und seinem Sohn Sven. Vor dem Bettenkauf steht die Bedarfsanalyse, die zeitlich bis zur Hälfte des Beratungsgesprächs in Anspruch nimmt. Vanoni nutzt dazu das achtseitige "Avantdream"-Datenblatt von Traumina.

Nach der Bedarfsermittlung gibt es eine Empfehlung, die "zu 99% passt". Falls nicht, wird innerhalb von sechs Wochen umgetauscht. "Wir sprechen zuerst nicht über Materialien, brauchen keine 20 Matratzensysteme. Jede Matratze, die wir führen, gibt es in zwei Höhen und drei Härtegraden." Geführt wird hauptsächlich das Bettenring-eigene System Innova. Die Dienstleistungen zweier Verbände werden in Anspruch genommen, Bettenring für Haustextilien, Südbund für Heimtextilien.

"Bei uns gibt es keine blanken weißen Matratzen", erläutert Horst Seeberger seine Gründe für die kompromisslose Dekoration: "Verkauft werden fast nur Bettwäschegarnituren, die aufgezogen sind." Vanoni führt noble Marken wie Bassetti, Zucchi, Verardo, Joop, Designers Guild, Fischbacher, Schloßberg, Elegante oder Jalla. Die Bettgestelle sind von Zack Design, Dieter Knoll, Veranto, Minimax. Für Vanoni-Wasserbetten gibt es einen Pflegeservice, Vinylpflege alle halbe Jahre. Der Hit ist das Wasserbett von Aqua Surround: Auf einem Metallrahmen liegt ein Bildschirm, der liegend über sich betrachtet werden kann, über Dolby surround-Lautsprecher und über die Wassermatratze wird die Musik in den Körper geleitet. Selbst Gehörlose können so Musik wahrnehmen.
Nackenstützkissen, ein sehr sensibler Bereich, werden ausgeliehen, "vier bis fünf Kissen sind ständig unterwegs". "Von Federn und Daunen verstehen wir etwas. Wir sind beweglicher in der Größe und der Preis für die individuelle Fertigung liegt für den Kunden nicht höher". Dazu gehören Reinigung, Wäsche, Service wie Einnäher "Nächste Reinigung im Jahr ". Nahe dem Eingang im Erdgeschoss weiter zu finden: Handtücher und Bademäntel, Plaids, Küchenwäsche - nicht weniger aufwendig dekoriert.Die erste Etage ist das Reich von Josefine Seeberger. Gardinen und Dekostoffe, abgepasste Teppiche sowie Tischwäsche sind ihr Metier. Sie führt Kinnasand, Création Baumann, Jab Anstoetz, Nya Nordiska, Chivasso, Zimmer + Rohde, Designers Guild, Ado und Fischbacher, Teppiche von Ruckstuhl, Kinnasand, Jab Anstoetz und Braun sowie Tischwäsche von Tablefashion, Bassetti, Proflax und Apart.

Raumnischen zeigen Dekorationen, die zuhause anwendbar sind und schnelle Mitnahmeartikel sind zum Beispiel Duftkerzen in allen Farben.

Mit dem Eintritt des 28-jähriges Sohnes Sven wurde eine neue Eventkultur gestartet. Er organisierte gemeinsame Aktionen mit einem örtlichen Autohändler und einem Einrichtungshaus, bei dem couturige Kreationen aus Stoffen von Fischbacher vorgeführt wurden.

Inzwischen hat die Veranstaltung schon Tradition. Sie fand in diesem Jahr zum dritten Mal statt, mit 160 Leuten wurde gerechnet, 250 waren da ... Für derartige Aktionen hat sich "der junge Teil des Hauses zusammengeschlossen," so Sven Seeberger. "Dazu zählen Mitarbeiter, freie Dekorateure und ich". Das Dekorationsbild bei Vanoni verschiebt sich ein bisschen, wird etwas jünger, maskuliner. "In das Geschäft der Eltern bin ich gern eingestiegen. Ich möchte nur nie einen Ramschladen haben."

Davon ist Bett + Gardine Vanoni wohl ziemlich entfernt. "Als Fachhandel hat man ohnehin den Ruf, teuer zu sein", meint Horst Seeberger, und diesen Spielraum nutze er für Aktionen, Service und Dienstleistungen.

Von Lethargie ist hier nichts zu spüren, die manche Unternehmer beim Handel draußen beanstanden. Könnte es sein, dass dies der aktive, Frequenz bringende Fachhandel ist, den die Industrie in diesen Tagen immer wieder einfordert?
aus BTH Heimtex 07/04 (Handel)