Interview des Monats: Formesse, Löffingen

"Wer einmal Bella Donna gekauft hat, kauft es auch meistens wieder nach"

Die Firma Formesse ist mit ihrer Marke Bella Donna fast schon zu einem Synonym für hochwertige Spannbetttücher geworden. Innerhalb weniger Jahre ist es dem Unternehmen gelungen, sich dank eines innovativen Materialmixes im Bettenfachhandel als der Anbieter in diesem Produktsegment zu profilieren. Das Schwarzwälder Unternehmen ist damit das Paradebeispiel für eine echte Erfolgsgeschichte. Doch das Unternehmen hat sich nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht, sondern sich kontinuierlich weiter entwickelt. Worauf führt man den Erfolg des Unternehmens zurück? Wie ist das Unternehmen heute aufgestellt? Welche Pläne hat die Geschäftsführung für die kommenden Jahre? Diese und weitere Fragen beantworteten die beiden Geschäftsführer Volker und Sohn Matthias Jaschke im Gespräch mit der Haustex.

Haustex: Spannbetttücher von Formesse gelten im Fachhandel als das Produkt schlechthin in diesem Bereich. Wie erklären Sie sich diesen Ruf?

Volker Jaschke: Als ich 1975 frisch ins Unternehmen eintrat, gab es eine erste Umwälzung bei Spannbetttüchern, als man von den gewebten Qualitäten zu Maschenware überging. Damals zählte Formesse mit zu den Pionieren der neuen Qualität. Anfangs wurden wir noch belächelt wegen unserer Entscheidung. Ein sehr bekannter Betttuchhersteller erklärte damals, dass diese Ware von ihm "niemals" angeboten würde, schließlich sei er Weber. Diese Einstellung hat sich bei den Anbietern im Laufe der Jahre stark verändert, heute liegt der Marktanteil von gewebter Ware im privaten Bereich vielleicht noch bei zehn Prozent. Anders sieht das natürlich im Objektbereich bei Krankenhäusern und Hotels aus. Die Schlüsselentscheidung für das Unternehmen erfolgte jedoch 1992. Damals waren wir ein Anbieter von vielen im Betttuch-Bereich und die Top-Qualität war eine Interlock-Ware aus 100 Prozent Baumwolle. Dann erfuhren wir über einen Kontakt in Holland, dass es dort Wasserbetten gebe, die andere Anforderungen an ein Betttuch stellten als bei damals herkömmlichen Matratzen. Sie waren höher gebaut, so dass man bei den üblichen Betttüchern häufig die Seiten der Matratzen sah. Außerdem war das Standardmaß bei Wasserbetten 180/210 cm und nicht 100/200 cm. Wir wurden darum gebeten, ein Spannbetttuch speziell für Wasserbetten zu entwickeln. Das war die Initialzündung für uns, denn mit Interlock-Ware kamen wir dort nicht weiter, weil sie nicht die erforderliche Dehnung brachte. Also haben wir uns mit unserem Stricker zusammengesetzt, der Elasthan aufgrund seiner hohen Dehnungsfähigkeit als Beimischung vorschlug. Er hatte schon in anderen Bereichen gute Erfahrung damit gemacht, aber bei Spannbettüchern hatte es bislang noch keine Verwendung gefunden. So entstand unser Bella Donna Jersey. Das Gute an der Geschichte war, dass wir keine Preisvorgabe hatten. Die Leute mit Wasserbetten waren damals froh, wenn sie überhaupt ein passendes Betttuch für ihr Bett kaufen konnten. Darum konnten wir das optimale Produkt entwickeln. Wir haben die Ware sehr schwer gemacht, damit sie dehnbar wird, denn je mehr die Maschen zusammengezogen werden, umso mehr kann man sie beim Beziehen auch dehnen. Als Garn haben wir einen gasierten Zwirn genommen, um das Pilling zu verhindern.

Haustex: Was bedeutet gasierter Zwirn?

Matthias Jaschke: Zwirn ist ohnehin schon ein ziemlich glattes Garn. Beim Gasieren wird der Zwirn aber zusätzlich über eine Flamme geführt, die die dennoch abstehenden Härchen des Zwirnes abbrennt. Dadurch entsteht ein Garn, bei dem nichts absteht und zum Pillen führen könnte.

Volker Jaschke: Wir kamen jedenfalls dadurch zu einem Produkt, das es damals in der Form noch nicht auf dem Markt gab, zumindest nicht bei Betttüchern und schon gar nicht in dieser Gewichtsklasse.

Matthias Jaschke: Darin liegt wohl auch der Grund, warum wir zum Qualitätsführer wurden, denn wir kamen von der Königsdisziplin, den Wasserbetten mit ihren hohen Anforderungen bei Rücksprungkraft, Pillingarmut, Übergröße. Davon ausgehend, war es für uns relativ einfach, die anderen Anwendungsmöglichkeiten zu bedienen.

Haustex: Der Wasserbetten-Boom der 90er-Jahre hat Formesse im Markt dann also nach oben gespült. Wie war die Reaktion des deutschen Fachhandels auf das innovative Produkt?

Volker Jaschke: Am Anfang haben wir schon Kommentare gehört wie "brauchen wir nicht" oder "zu teuer". Aber im Laufe der Jahre sind die Matratzen im Fachhandel auch immer höher geworden. Außerdem ist Bella Donna bis 220 cm dehnbar, so dass der Fachhändler mit unseren Betttüchern eine geringere Lagerhaltung hat, weil er statt zwei Größen nur eine vorrätig haben muss. Heute sind wir im Fachhandel bestens vertreten, aber es hat wirklich Jahre gedauert, bis wir so weit waren. Der wirkliche Durchbruch kam für uns etwa im Jahr 2000. Heute findet man im Handel im oberen Preissegment eigentlich nur noch Elasthan-Betttücher.

Haustex: Was unterscheidet Elasthan- von Stretch-Betttüchern?

Volker Jaschke: Stretch ist im Prinzip eine Zwischenstufe zwischen gewebter Ware und Elasthan-Ware. Hierbei handelt es sich um Maschenware, die durch ihre Maschentechnologie und die Variation der Maschenlänge eine gewisse Dehnbarkeit mitbringt. Je größer die Masche, um so dehnbarer ist das Betttuch. Der Unterschied zu Elasthan ist, dass dort mit dem Baumwollzwirn ein feiner Elasthan-Faden verstrickt wird. Den kann man mit bloßem Auge kaum sehen. Diese Technik nennt man Platierung. Beim Stricken wird der Elasthan-Faden vorgedehnt, so dass er die Masche zusammenzieht. Dadurch entsteht auch das hohe Gewicht. Über die Dehnung kann man die Elastizität steuern: viel Vordehnung bedeutet viel Gewicht, bedeutet hohe Dehnbarkeit.

Haustex: Das klingt logisch und recht einfach, aber wahrscheinlich war die Herstellung der Betttücher anfangs doch recht kompliziert.

Matthias Jaschke: Das ist es auch heute noch. Durch die Vielzahl der Komponenten haben sie nach dem Stricken eine Schlauchware, die wie Gummi erscheint. Daraus ein Betttuch zu fertigen ist schwierig. Inzwischen gibt es von anderen Anbietern zwar Brüderchen und Schwesterchen von Bella Donna Jersey, aber deren Ware wird durch Hitze fixiert. Dadurch ist die Dehnbarkeit beherrschbarer, aber auch geringer als bei unserer Ware. Der Produktionsprozess wird häufig unterschätzt. Es handelt sich nur um ein Spannbetttuch und es ist keine Hochtechnologie, aber trotzdem haben wir es mit einem sehr komplexen Produkt zu tun, das nicht jeder nachmachen kann.

Haustex: Sie sprachen eben die Zusammenarbeit mit einem Stricker an. Was produziert Formesse selbst, was kauft man zu und welchen Anteil hat Formesse an der Entwicklung der verschiedenen Artikel?

Volker Jaschke: Die Entwicklung der Produkte und die technischen Vorgaben entstehen bei uns im Hause. Bislang war ich allein federführend dafür verantwortlich, jetzt ist unser Sohn Matthias auch mit dabei. Ich beobachte den Markt und gebe meine Vorstellungen dann an den Stricker weiter. Wir arbeiten seit 30 Jahren sehr vertrauensvoll mit einer Strickerei zusammen, die im Spannbetttuch-Bereich exklusiv für uns arbeitet. Es ist ein mittelständisches Unternehmen wie wir und hat für uns auch die Strickmaschinen beschafft, die wir für unsere Produkte benötigen. Das Garn kaufen wir ein. Die Standardmaschinen gehören ihm, die Spezialmaschinen sind unsere. Der Stricker ist sehr kompetent und macht stets das möglich, was ich mir vorstelle. Meiner Meinung nach gibt es keinen Besseren. Von der Strickerei geht die Ware zu einem Ausrüster, mit dem wir auch schon seit 30 Jahren zusammenarbeiten und der Dinge macht, die nicht jeder beherrscht. Die Konfektion erfolgt dann in unserem Betrieb im Elsass.

Haustex: Was produziert Formesse außer Spannbetttüchern?

Matthias Jaschke: Spannbetttücher sind unsere Kernkompetenz, und alles was an weiteren Produkten noch dazukommt, ist eng verwandt und muss genau in unsere Strategie und unsere Positionierung passen. Das sind Schonbettbezüge, weil die von der Technik her sehr ähnlich herzustellen sind. Und unifarbene Interlock- und Jersey-Bettwäsche sowie Kissenbezüge für Schmuckkissen. Schließlich haben wir noch unsere Bella Donna Sommerdecke, die auch viel von unserem Knowhow hat. Es handelt sich immer um Basics, die zeitlos und sehr einfach vom Design sind, trotzdem aber hochwertig. Da passt dann auch die Sommerdecke mit ihrer Innovativität hinein, mit ihrer zweiseitigen Struktur, auf der einen Seite mit Tencel.

Volker Jaschke: Mit unseren Ergänzungsprodukten kann unser Kunde seine Frachtkosten reduzieren, indem er beispielsweise zu seiner Bestellung von Spannbetttüchern auch gleich ein paar Schonbezüge mit bestellt. Oder auch die Kissenbezüge, denn heute haben immer mehr Leute mehr als nur ein Kissen im Bett.

Haustex: Wo befinden sich Ihre Produktionspartner?

Matthias Jaschke: Sowohl Stricker als auch Ausrüster befinden sich hier in der Region. Und auch unsere eigene Konfektion im Elsass liegt nicht weit von hier entfernt. Durch diese regionale Ausrichtung sind wir in der Lage, gemeinsam mit unseren Partnern Innovationen zu entwickeln und die Qualität zu garantieren, obwohl wir nicht vollstufig aufgestellt sind. Wir haben hier eine sehr enge Verzahnung, und die Möglichkeit der kurzen Wege darf man nicht unterschätzen, denn sie erleichtert die Zusammenarbeit. Es wäre etwas ganz anderes, wenn wir beispielsweise einen Konfektionär im sicherlich billigeren China hätten.

Haustex: Bedeutet das für Sie einen Verzicht auf wirkliche Auslandsproduktion? Das Elsass liegt ja praktisch vor Ihrer Haustür.

Volker Jaschke: In dem Bereich, in dem wir uns mit unseren Markenartikel bewegen, spielen zwei Faktoren eine ganz wichtige Rolle, nämlich Qualität und Service. Der Preis ist eher untergeordnet. Diese zwei Kriterien können sie aus unserer Warte nur erfüllen, wenn sie hier produzieren. Wir bieten bei Bella Donna 54 Farben an, in 21 Größen. Wir bieten Bezüge für dünne Topper von Boxspringbetten an und haben auf der anderen Seite ein Bella Donna Alto für Matratzen mit einer Dicke von bis zu 40 cm. Wir bieten kreisrunde und achteckige Betttücher an. So kommen wir schon auf über 1.000 Varianten. Wenn man die alle prompt liefern möchte, kann man sie nicht beispielsweise in der Türkei disponieren. Hinzu kommen im Servicebereich von Bella Donna inzwischen zehn Prozent unserer Betttücher als Sonderanfertigung. Innerhalb einer Woche fertigen wir Ihnen, wenn Sie wollen, ein Betttuch in 250/160 cm.

Haustex: Das betrifft ja nur Bella Donna. Wie sieht es bei den beiden anderen Marken aus?

Volker Jaschke: Bei Formidabel arbeiten wir mit 24 Farben und bei Bella Gracia sind es 48 Farben. Allerdings nicht in der Größenvielfalt. Bei beiden sind es etwa 15 Größen. Und dann kommt noch die Meterware für die Sondergrößen bei Bella Donna hinzu. Sie können sich also in etwa vorstellen, wie umfangreich unser Lager aussieht. Nicht zu vergessen die Ware, die beim Stricker und beim Ausrüster liegt. Es sind schon erhebliche Werte, die sich im Umlauf befinden.

Matthias Jaschke: Bella Gracia und Formidabel sind ja auch noch relativ jung. Wir befinden uns darum dort auch noch im Aufbau, so dass das Angebot dort in den nächsten Jahren sicher noch umfangreicher wird.

Haustex: Wie schnell liefern Sie bei Standardartikeln?

Volker Jaschke: Wir versprechen unseren Kunden, dass wir innerhalb von drei Werktagen liefern, egal welchen Markenartikel. Aber in der Regel liefern wir sogar innerhalb von einem oder zwei Tagen. Dafür haben wir unsere Arbeitszeiten geändert. Früher war ab Freitagmittag frei, jetzt arbeiten wir bis 17 Uhr. Unsere Kunden arbeiten schließlich auch am Sonnabend, und dann hatten wir am Montag immer sehr viele Aufträge zu bearbeiten. Jetzt nehmen wir Aufträge bis Freitag 17 Uhr an. Dadurch haben wir nicht mehr diese stark ausgeprägte wellenartige Auftragslage im Wochenverlauf. Um diesen Service bieten zu können, gehen wir nicht ins Ausland.

Matthias Jaschke: Ein weiterer Grund sind mögliche Qualitätsschwankungen, die wir unbedingt vermeiden müssen. Unsere Kunden sind so sensibel und anspruchsvoll, dass wir uns so etwas nicht leisten können. Wenn man den Namen "Majestät unter den Spannbetttüchern" hat, ist die Erwartungshaltung zu recht sehr hoch. Deshalb würden wir nie auf die Idee kommen, die Produktion aus der Hand zu geben, sprich dorthin zu verlagern, wo wir nicht binnen kürzester Zeit hinkommen. Das ganze Know-how würde nicht mehr zu uns fließen, wie es jetzt der Fall ist und wir hätten es nicht mehr so in der Hand wie jetzt, was an die Kunden ausgeliefert wird.

Volker Jaschke: Denken Sie an die Autoindustrie, wo Toyota innerhalb kürzester Zeit sein Image als zuverlässiger Hersteller ruiniert hat. So etwas müssen wir auf jeden Fall vermeiden und dürfen keine Risiken eingehen. Wenn wir im Ausland produzieren lassen würden, könnten wir sicherlich eine bessere Rendite erwirtschaften. Aber das wäre ein nur kurzfristiger Effekt, denn längerfristig gesehen würden wir unseren guten Ruf riskieren - mit entsprechenden Auswirkungen auf Umsatz und Rendite. So wie wir heute arbeiten, ist der Ruf des Unternehmens und der Marke Formesse nachhaltig gesichert. Außerdem haben die Lohnkosten bei unserem Produkt einen relativ geringen Anteil an der Wertschöpfung, da wir sehr viel Material einsetzen, im Vergleich zu einem billigen Betttuch. Dadurch wären die Kosteneinsparungen durch eine Auslandsproduktion nicht sehr hoch.

Matthias Jaschke: Der Begriff Nachhaltigkeit gilt für uns auch im eigentlichen Sinn, denn so wie wir aufgestellt sind, schicken wir unsere Ware nicht zweimal um den Erdball, bis wir sie dann endlich ausliefern. Die Produktionsstätten befinden sich in einem engen Umkreis um Löffingen, unsere Kunden sitzen in Westeuropa, so dass alles schon relativ optimiert ist. Das gilt auch für Zertifizierungen und Qualitätsstandards. Ich bin überzeugt davon, dass uns dies immer stärker in die Karten spielen wird, denn die Auflagen an die Anbieter werden immer umfassender, das Umweltbewusstsein immer ausgeprägter. Da sind wir im Vergleich zu anderen bestens aufgestellt.

Haustex: Wie sieht die Markenpolitik von Formesse aus?

Matthias Jaschke: Formesse ist die Dachmarke, obwohl die Marke Bella Donna bei manchen stärker bekannt ist. Aber im Prinzip wird die Verbindung zwischen Formesse und Bella Donna gut erkannt. Unterhalb der Marke Formesse arbeiten wir mit drei Marken, von denen Bella Donna als Klassiker mit einem empfohlenen Verkaufspreis von rund 45 Euro in der Mitte angesiedelt ist. Aber wir haben auch begonnen, darunter und darüber eine Marke aufzubauen, um im hochwertigen Bereich weiter zu segmentieren. Formidabel ist vom Preis- und Qualitätsniveau noch deutlich über Bella Donna positioniert. Hier beginnen wir bei einem empfohlenen VK von rund 70 Euro. Es gibt einen Markt dafür, wie man auch an der sehr hochwertigen Bettwäsche sehen kann. Formidabel ist von der Optik und der Haptik noch eleganter als Bella Donna. Wir erreichen das durch einen Zwirn, der noch feiner verstrickt wird. Dem gegenüber wirkt Bella Donna aus unserer Sicht fast bodenständig. Unterhalb von Bella Donna in Preis und Qualität gibt es Bella Gracia in einer konsumigeren Preislage von etwa 25 Euro EVP. Sie bildet für uns den Einstieg in die Formesse-Welt. Damit wollen wir die jüngere Klientel auf unsere Produkte aufmerksam machen. Man kann die Markenstruktur mit der Modellpolitik in der Autobranche vergleichen. Bella Gracia ist der A3, Bella Donna der A8 und Formidabel der R8, so ungefähr. Formidabel ist der absolute Luxus für einen relativ kleinen Markt.

Haustex: Seit wann gibt es Formidabel und Bella Gracia?

Volker Jaschke: Formidabel bieten wir rund vier Jahre an, seit 2006. Bella Gracia kam ein Jahr später. Und die Absätze steigen seitdem kontinuierlich.
Haustex: Besteht nicht die Gefahr der Kannibalisierung zwischen Bella Donna und Bella Gracia?

Volker Jaschke: Nein, denn es gibt schon deutliche Unterschiede zwischen den beiden Marken. Bei Bella Gracia verwenden wir nur ein Einfachgarn und keinen Zwirn, es hat nicht so viel Volumen. Wir haben sehr viele Kunden, die beide Marken führen, und damit auch Leute ansprechen, die keine 45 Euro ausgeben wollen.

Haustex: Bei der Betrachtung der Firmenhistorie scheint es so, dass Formesse im Wettbewerb der Betttuch-Anbieter das Feld von hinten aufgerollt hat.

Matthias Jaschke: Das kann man schon so sagen. Wir waren ursprünglich keine große Nummer. Aber wir brauchten schon einen langen Atem, um nach vorne zu kommen. Eine wichtige Voraussetzung dafür war und ist die solide finanzielle Grundlage, die mein Vater im Laufe der Jahre geschaffen hat. Von Vorteil war auch, dass bei meinem Vater alle Aufgaben in einer Hand lagen und es keine finanziellen Begehrlichkeiten von Dritten geben konnte. So konnte er das Unternehmen auf stabile Beine stellen.

Volker Jaschke: Wir haben immer viel weniger entnommen, als wir verdient haben. Dadurch konnten wir investieren und auch Kredite abbauen, worüber wir heute froh sein können. Insofern können wir weitgehend unabhängig von Kreditinstituten arbeiten und unser Warenlager so aufbauen, wie es unsere Kunden brauchen und nicht, wie es die Bank vorschreibt.

Haustex: In welchen Ländern vertreibt Formesse seine Produkte?

Volker Jaschke: Natürlich sind wir allein schon von der Historie her sehr stark in Benelux, da ist Bella Donna noch viel bekannter als in Deutschland. Durch unsere Konfektion in Frankreich haben wir auch dort sehr hochwertige Kunden, obwohl der hochwertige Markt dort nicht so ausgeprägt ist wie bei uns. Dann sind wir auch in Österreich und der Schweiz tätig. In der Schweiz befinden wir uns zurzeit im Aufbau. Dort gibt es auch andere hochwertige Anbieter. Wir haben auch sehr gute Kunden in Israel und auf Island, Slowenien, Spanien, Italien. Im Prinzip sind wir europaweit vertreten.

Haustex: Ihr Vorteil im Auslandsgeschäft ist wahrscheinlich, dass Sie durch die dehnfähigen Artikel keine oder nicht so viele Spezialgrößen für die unterschiedlichen Absatzmärkte anfertigen müssen.

Volker Jaschke: Das stimmt, im Gegensatz zur Bettwäsche können wir mit unseren vorhandenen Größen alle Wünsche abdecken. Es gibt für kein Land eine Sondergröße.

Haustex: Wie hoch liegt der Exportanteil?

Volker Jaschke: Der liegt etwa zwischen 35 und 40 Prozent.

Haustex: Haben Sie dann auch die nachlassende Auslandsnachfrage durch die Wirtschafts- und Finanzkrise gespürt?

Volker Jaschke: Ja, schon. Wir haben 2009 etwas weniger exportiert als im Vorjahr, aber das haben wir durch stärkere Verkäufe im Inland wieder wettmachen können. Insgesamt hatten wir 2009 ein leichtes Plus.

Haustex: Stimmt es, dass Formesse fast ausschließlich im Fachhandel verkauft wird?

Volker Jaschke: Das ist richtig. Wir bedienen nur einige ausgewählte Möbelhäuser im obersten Segment, darunter befinden sich aber nicht die großen Möbler. Und dann gibt es noch ein paar Premium-Kaufhäuser. Generell haben wir einen selektiven Vertrieb, so dass wir nicht jeden mit unserer Ware beliefern.

Matthias Jaschke: Wir haben mittlerweile ein Markenimage aufgebaut, bei dem man sich gut überlegen muss, mit welchen Handelspartnern man zusammenarbeiten möchte. Uns ist es wichtig, in den Häusern mit unserer Ware zu liegen, die zu uns passen. Dafür haben wir verschiedene Kriterien aufgestellt - auch bezüglich des Internet-Geschäftes. Wir wollen nicht, dass unsere Ware über den Preisvorteil verkauft wird und haben daher klare Vorgaben, was die Arbeit mit unseren Marken angeht.

Haustex: Wie sieht es mit dem Verkauf über Handelsmarken für Großkunden aus?

Volker Jaschke: So etwas lehnen wir ab. Bella Donna wird nur unter dieser Marke verkauft. Daher ist es auch wichtig, dass unsere Kunden spüren, dass Formesse die Markenführung im Griff hat. Wir sind zwar bei den Verbänden gelistet, aber nur im so genannten Streckengeschäft, bei dem wir direkt an die Verkaufspunkte ausliefern. Wir machen kein Lagergeschäft oder verkaufen gar die Bellla-Donna-Qualität in Eigenaufmachungen. Wir wollen unsere Qualität nicht anonym verkaufen, das ist allerdings auch nicht immer einfach.

Haustex: Wenn Formesse fast ausschließlich über den Fachhandel vertreibt, dann impliziert das Umsatzwachstum im Inland, dass Ihr Unternehmen durch den Fachhandel in Deutschland wächst; eine Entwicklung, die nicht jeder in der Haustex-Branche für sich reklamieren kann.

Matthias Jaschke: Das ist richtig. Der Fachhandel an sich wächst nicht in Deutschland. Aber wir wachsen zum Teil mit unseren vorhandenen Kunden und wir gewinnen auch immer weitere Neukunden hinzu. Viele Kunden sehen, dass in dem Segment, in dem wir arbeiten, noch Potenzial vorhanden ist. Bei denen hörte es bislang bei einem Interlock-Tuch auf. Es gibt doch nichts Schöneres für einen Fachhändler als ein gutes Betttuch-Sortiment. Da gibt es keine Abschriften wie bei Bettwäsche. Der Umsatz bringt tagaus tagein Rendite und wenig Abschriften. Deswegen ist die Stimmung bei uns auf der Messe immer so gut. Die Kunden sind wirklich dankbar für dieses Produkt, weil es ihnen wenig Ärger bereitet und sie es mit gutem Gewissen verkaufen können, weil sie selbst auch dahinter stehen. Und wegen unseres schnellen Lieferservices benötigen sie auch kein großes Lager. Das Wichtigste ist aber, dass Betttücher kein saisonaler Artikel sind, sondern eher Basics sind, die immer wieder nachgekauft werden. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum wir von der Krise nicht so viel gespürt haben. Und wer einmal Bella Donna gekauft hat, der kauft es auch meistens wieder nach. Das ist überhaupt die größte Stärke von uns.

Volker Jaschke: Wir profitieren ganz stark von der Mund-zu-Mund-Propaganda. Wir machen ja so gut wie gar keine Endverbraucher-Werbung. Unseren Erfolg verdanken wir im Grunde denen, die das Produkt einmal gekauft haben, dann nachkaufen und weiter empfehlen. Empfehlungs-Marketing ist eine feine Sache.

Haustex: Setzt allerdings voraus, dass man über ein Produkt verfügt, das die Verbraucher so sehr schätzen, dass sie es überhaupt empfehlen mögen. Das ist gerade in dieser Branche eher unüblich.

Matthias Jaschke: Unser Erfolg ist zu einem wesentlichen Teil auch unseren kompetenten Handelsvertretern geschuldet. Sie sind immer der erste Kontakt zu unseren Kunden. Wir haben in Deutschland für jedes unserer Verkaufsgebiete einen Handelsvertreter. Es handelt sich bei allen um wirklich kompetente Textilfachleute, die von uns geschult werden und zu jedem Produkt fachkundige Ratschläge geben können. Sie schulen ihrerseits auch vor Ort das Verkaufspersonal, wenn gewünscht.

Volker Jaschke: Vielleicht wäre es billiger für uns, auf Reisende umzustellen. Aber wir werden an unserem System der Handelsvertreter festhalten, da sie als Unternehmer ein eigenes Interesse an dem Erfolg von Formesse haben.

Haustex: Damit sind wir mitten im Thema Service angekommen. Welche Service-Leistungen zeichnen Formesse Ihrer Ansicht nach neben der hohen Liefergeschwindigkeit und der intensiven Kundenbetreuung aus?

Matthias Jaschke: Zur Messe haben wir eine Präsentationswand vorgestellt, die sehr gut ankam, in der wir die Vielfalt unserer Farbpalette darstellen. Wer nicht so viel Platz hat, für den haben wir ein attraktives Farbdisplay, das der Händler im Verkaufsraum aufstellen kann. Die wichtigste Verkaufsförderung findet natürlich durch die Verkäufer am POS statt. Wenn sie überzeugt von unserem Produkt sind, dann funktioniert auch der Verkauf. Zusätzlich ist es aber natürlich hilfreich, wenn wir Verkaufsmaterial an die Hand geben, schöne Farbkarten und Informationsblätter. In jeder Verpackung haben wir ein Qualitätszertifikat, in dem ausführliche Informationen stehen. Wir wollen die Konsumenten damit darin bestätigen, dass sie das Richtige gekauft haben. Ein so hochwertiges und auch teures Produkt wie das unsere muss im Verkauf auch entsprechend zelebriert und emotionalisiert werden. Dazu gehören schöne Verkaufsprospekte, die die Farbvielfalt zeigen, Warenpräsenter, bei denen man die Qualitäten auch fühlen kann, die wir verkaufen. Wenn man die Warenqualität wirklich vergleichen kann, ist dies das Verkaufsargument schlechthin. Durch die Emotionalisierung unserer Produkte helfen wir dem Verkaufspersonal, vergleichen zu können zwischen einem Produkt aus dem Discounter und unserem teureren, aber auch wesentlich besseren Spannbetttuch.

Haustex: Wie sind die Aufgaben innerhalb der Geschäftsführung aufgeteilt?

Matthias Jaschke: Mein Vater und ich hatten vor fünf Jahren einen langfristigen Plan aufgestellt, wie sich mein Einstieg in das Unternehmen gestalten sollte. Noch pendle ich zwischen Berlin und Löffingen. Aber das wird sich zum nächsten Jahr ändern, dann werde ich hier in der Freiburger Region meine Zelte dauerhaft aufschlagen. In Berlin lebe ich derzeit, weil ich mit dem Einstieg ins Familienunternehmen mit meinem Vater vereinbart hatte, erst einmal ein eigenes Projekt auf die Beine zu stellen. Es handelt sich um die sehr hochwertige Unterwäsche-Kollektion "Wundervoll", die von der Materie sehr gut zu Formesse passt: Sie basiert auch auf hochwertiger Jerseyware made in Germany. Das habe ich von Berlin aus gestartet, weil die Stadt dafür besser geeignet war. Ich werde dieses Projekt auch in der Zukunft weiter verfolgen, aber sukzessive werden mehr Formesse-Aufgaben dazukommen. Momentan bin ich bei Formesse zuständig für Marketing und IT, da ich Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Marketing studiert habe. Die Produktseite von Formesse mit Produktion und Innovation, Vertrieb, Einkauf und natürlich die Finanzen verantwortet mein Vater.

Volker Jaschke: Was unser Unternehmen auszeichnet, sind die flachen Hierarchien. Wir haben keinen Vertriebs- oder Verkaufsleiter. Unter uns gibt es noch eine Ebene mit jungen, sehr guten Mitarbeitern als Teamleitern, einen Mann und vier Frauen, die voll eingebunden sind und von uns täglich informiert werden. Sie sind zuständig für Verkauf und Vertrieb, Produktion und Beschaffung, Rechnungswesen, Konfektion. Damit hat es sich dann schon. Daher sind wir im Unternehmen in der Lage, Entscheidungen schnell zu fällen und vor allem auch umzusetzen.

Haustex: Welche Pläne hat Formesse für die Zukunft?

Matthias Jaschke: Wir wollen natürlich unsere Position als führender Anbieter von Spannbetttüchern halten und müssen darauf achten, dass wir nicht von hinten durch andere Wettbewerber überholt werden, so wie wir es in den letzten gut 15 Jahren vorexerziert haben. Daher ist das Thema Marke und Markenpflege für uns in der Zukunft sehr wichtig. Wir bieten zwar kein High-Involvement-Produkt an wie ein Auto oder ein Handy. Aber wir erkennen schon, dass wir einen gewissen Wiedererkennungswert haben und nach unserer Marke im Handel gefragt wird. Daher werden wir in Zukunft noch weiter dran arbeiten, die Bekanntheit der Marke beim Endverbraucher zu steigern. Das wird sicherlich auch unseren Handelspartnern in die Karten spielen. Wir denken schon an eine umfassende Marken-Kampagne. Wie sie am Ende aussehen wird, müssen wir noch entscheiden.


Formesse Telegramm

Formesse GmbH & Co. KGSägestraße 1
79843 Löffingen Tel.: 07654/91 12-0
Fax: 07654/91 12-27
Internet: www.formesse.de

Geschäftsführer: Volker Jaschke, Matthias Jaschke
Mitarbeiter-Zahl: rund 70
Produkte: Spannbettücher, Bettwäsche, Schonbezüge, Sommerdecken, Unterwäsche
Marken: Bella Donna, Bella Gracia, Formidabel, Wundervoll
Produktionsstandorte:
- Südschwarzwald (Strickerei und Ausrüstung bei Lohnbetrieben)
- Elsass (eigene Konfektion)
Exportquote: gut 35 Prozent
wichtige Exportmärkte: Benelux, Frankreich, Österreich, Schweiz
aus Haustex 05/10 (Wirtschaft)