DMI will Zusammenarbeit in der Einrichtungsbranche fördern

Wohnen - Ein Genussmittel und kein Schnellgericht

Das DMI Wohnen + Einrichten, seit vielen Jahren bekannt für seine branchennahen Trend-Veranstaltungen - "Interior Day" während der Heimtextil und dem "Product Puzzle" - überraschte dieses Jahr mit einem neuen Titel: inSite human interior living. International klingend und vorerst etwas ungewohnt wird er seinen Zweck erfüllen - nämlich einen noch größeren Kreis Interessenten mit ins Trend-Boot zu nehmen.

Während der Heimtextil 2005 werden vom DMI auf der Messe die Wohn-Farben (Ute Wegener, Paris) und die international abgestimmten Wohntrends für 2006 (Trendconcept Hans-Gerd Asshauer, München) vorgestellt. Standen ursprünglich Stoff- und Materialentwicklungen im Blickpunkt, bezogen sich im Laufe der Jahre die Trendaussagen und wichtige Marktbeobachtungen auf immer mehr Wohnbereiche. Bett, Wand und Boden schoben sich in die Szene, Tischkultur, Küche und Bad, Garten und Licht. Vorteil dieser DMI-Trendarbeit ist die praxisnahe Beobachtung, die schnell und hellhörig weltweit Einflüsse und Konsumbewegungen aufnimmt - und sie bildlich umzusetzen versucht. Die von Hans-Gerd Asshauer vorgestellten Dias sind Collagen, aus einzelnen Abbildungen zusammengesetzte Darstellungen, die zwar im Detail eine Trendentwicklung untermauern, aber keine geschlossene Wohnszene vorstellen. Sozusagen für jeden etwas im großen Rahmen Architektur und Raumgestaltung, farblich abgestimmt auf die drei DMI-Themenbereiche Gefühle, Werte und Impulse. Trend-Inspirationen umsetzen müssen allerdings jeweils Kreative und Unternehmen selbst und nach den besonderen regionalen Gegebenheiten. Bei allen Trend-Vorarbeiten zur erfolgreichen Produkt- und Marktentwicklung steht immer die eigene Initiative im Vordergrund.

Gefühl für Individualität und Sinnlichkeit

Trends entwickeln sich und greifen immer schneller um sich, ohne dabei unbedingt kurzlebig zu sein. Wirklich erstaunlich ist die globale Gleichförmigkeit, das harmonische Aufgreifen von bestimmten Geschmacksentwicklungen in Europa und Übersee. Bei Farbe geht es frappierend schnell, aber auch bei Material und Design. Umso wichtiger für den Handel, mit verhältnismäßig kleinem Aufwand von Anfang an mit dabei zu sein. Das will wohl der BTE mit der Kooperation bei inSite human interior living verstärkt bieten.

Die virtuelle Reise in die Messemetropolen mittels Dias bildete interessanten Auftakt beim ersten inSite-Meeting. Ob Messestand-Gestaltung oder Schaufenster-Präsentation - bühnenreife Auftritte bleiben in Erinnerung: mit Licht und Schatten offensiv inszenierte Themen aus Paris, neugierige Blicke durch verheißungsvolle Bauzäune in London, oder kontrastreiche Zauberwelten, malerische Lichteffekte und sehenswerte Retrospektiven in Mailand.

Wie wohnen die Deutschen - heute und morgen?

Mit diesem viel versprechenden Thema befasst sich die aktuelle Studie "Wohnen + Leben 6" vom Verlagshaus Gruner + Jahr. Norbert Reyk stellte daraus auszugsweise Wohnwünsche und Einrichtungsgewohnheiten vor. Es gibt mehr Umzugswillige als 1999, die höheren Wohnkomfort beanspruchen. Traditionelle Werte wie Familie und mehr Zeit für sich nehmen zu, aber auch Sicherheitsüberlegungen werden immer wichtiger. Für eine großzügige Wohnsituation und für Gästebewirtung ist man verstärkt bereit, mehr Geld auszugeben. Nicht nur Cocooning, aber ein positives Konzentrieren auf die Wohnung ist zu erkennen.

An erster Stelle steht beim Wohnen immer noch die Repräsentation, aber Ursprünglichkeit und Pragmatismus holen auf. Gewachsen ist laut Studie der Wohntyp "Der Anspruchsvolle" und ebenso der "Renommierfreudige", aber auf niedrigerem Niveau. Vom Anspruchsniveau her wird bei Produkten, die von der Gestaltung leben, über Design und Qualität eine erste Vorauswahl getroffen. Dann kommt der gute Hersteller ins Spiel. Bei technischen Produkten signalisiert der gute Hersteller, also die Marke, Produktqualität. Gerade bei technischen Produkten ist allerdings in den letzten vier Jahren die "Schnäppchenmentalität" der Deutschen stark angewachsen.

Traditionelle Stile nehmen ab, eleganter Landhausstil legt zu

Über die Hälfte der Deutschen haben innerhalb der letzten zwölf Monate Möbel gekauft. Das bedeutet eine Steigerung von zwei Prozentpunkten gegenüber 1999. Es wird tendenziell mehr in Bereiche rund ums Wohnen investiert - mit Ausnahme Schlafraummöbel. Gekauft wird verstärkt preiswerter und unter dem Tenor "Mehr Produkte für weniger Geld - egal wo!" Norbert Reyk führte eine Reihe geschmacklicher Präferenzen für den Wohn-, Bad-, Küchenbereich und Marken für den Fußboden und die Fensterverkleidung an. Dabei verzeichnet die Studie ein in den letzten vier Jahren gewachsenes Markenbewusstsein.

Weitere "brennende" Themen, die unterschiedliche Interessengruppen betreffen, vor allem aber die Situation und künftige Perspektiven des Heimtextilien-Fachhandels berühren, griff Rüdiger Jung von der Lehranstalt des Deutschen Textileinzelhandels Nagold auf. Neben dem schwachen Konsumklima, dem harten Verdrängungswettbewerb und der "Rabatteritis" ging es um das veränderte Konsumverhalten in Richtung Freizeit und Erlebnis, um neue Zielgruppen mit Einstellungen wie Multi-Kulti, Wertewandel oder Umweltbewusstsein und um die Nachfolgefrage.

Shop-in-Shop - Chance oder Risiko für den Heimtextilhandel

Ein inSite-Thema, das mangels Zeit nicht wirklich ausdiskutiert werden konnte, aber auf großes Interesse stieß und daher sicher wieder in anderer Runde aufgegriffen werden wird. Eberhard Glatthor, JAB Anstötz, begründete sein deutliches "Ja" zum Shop-in-Shop-System: "Wir sind davon überzeugt, dass der Handel sich strategisch ausrichten und mit starken Marken zusammen arbeiten muss, die auch entsprechend herausgestellt werden." Stephan Fichtenmaier vom gleichnamigen Planungsbüro führte als Contra an, dass das Markenbewusstsein der Verbraucher in der Heimtextilienbranche eine sehr untergeordnete Rolle spiele. Der Bekanntheitsgrad der meisten Firmen liege weit unter zehn Prozent. Wenn sich allerdings das Markenimage eines Herstellers mit den Wertvorstellungen des Händlers decke, könne man durchaus einen Shop integrieren. Auf jeden Fall müsse das individuelle Erscheinungsbild bewahrt werden gemäß dem Motto: "Ich bin anders und vor allem besser als mein Nachbar oder Mitbewerber!"

Trendthemen des DMI für 2005

Einrichten muss zum Erlebnis werden, das spannender ist als das Ergebnis. Dazu gibt es Denkansätze und Ideen. Wohnkultur gilt es zu erobern - vom Designer bis hin zum Verkäufer. Manches wird für das ganze Leben gekauft, anderes nur für eine kurz andauernde Stimmung. Einrichten ist Vertrauenssache. Vertrauen erwecken, einladend sein - das sind wichtige Dimensionen im Umgang mit den Kunden und bei der Gestaltung von Präsentationen. Auch Schrilles und Schräges muss Nähe zulassen und zum Erleben und Erfassen einladen. "Personal Portfolio" lautet die Headline der Saison 2005, die Hans-Gerd Asshauer, Trendconcept München, für das DMI erarbeitet hat und die das ganze Spektrum individualistischer Einrichtungsstile umfasst.

1. Gefühle / Lovely Passions

- Freizeit-Feeling, Inselflair und Hüttenzauber neben lässiger Studioarchitektur: solide Bodenhaftung und mobile Leichtigkeit verbinden sich.
- Interiors werden gefühlsbetont inszeniert - ein heimeliger, stimmungsvoller Mix, etwas sentimental, aber lebhaft. Ländliche Inspirationen spielen mit hinein, aber überwiegen nicht.
- Naturszenarien, Blüten und Blätter, naturalistisch und abstrakt, fallen auf. Daneben Stilelemente aus der Requisite, wie z.B. altmodische Gardinenleisten mit Blenden.
- Unbedingt dazu gehören das gemütliche Sofa zum Faulenzen und für Indoor und Out-door bequeme, üppige Polster.
- Rahmenlose Betten oder filigrane Eisengestelle vermitteln Leichtigkeit.

Auffallend ist die Besinnung auf traditionelle Baumaterialien: Steinböden, Fliesen und Holzböden; Rohholz und Treibholz massiv und unbehandelt zu Feldstein, Rauputz und Wischtechnik; lackiertes Holz neben Aluminium und Acryl; Holztäfelungen und Zierrahmen; Gewebetapeten und Folienbespannung.

Die handwerkliche Note wird betont: Drechsel- und Töpferarbeiten; Keramik, vielseitig verarbeitet und geformt; Gehäkeltes, Stickereien und Spitzen: Rattan, in "Brezelformen" verarbeitet wie in den 30er Jahren, bringt Exotik in die Szenerie.

Materialien und Macharten sind vielfältig: Metallisches eröffnet neue Möglichkeiten für die Formgebung und Oberflächenbearbeitung; aufgeworfene Oberflächen signalisieren nicht allein einen Trend bei Teppichen und Teppichböden, sondern regen generell zu dreidimensionalen Gestaltungsideen für Druck, Textilien und anderen Oberflächen an.

Die neuen Farben kommen gut zur Geltung bei glänzendem Kunststoff und Lackoberflächen. Geleeartige oder leuchtende Kunststoffe sind besonders im Badbereich beliebt, zum Beispiel auch Sitzschalen. In Farbe revitalisiert wird historisches Küchenequipment und Alltagsgut

Wichtige Materialien sind Kork und Rindentuch, Kunstleder und Ziernägel, Metall- und Schildpatt-Behänge, Patchwork und Fleckerlvariationen, Pikee, Krepp und Strickoptik.

Dessin-Inspirationen: Zickzack, Ikate und Gepixeltes ordnet sich ein in neue grafisch ausgerichtete Designelemente für Textilien, Fliesen, Kacheln und Wandgestaltungen; Streifen, Ethno- und Bauhausgrafik; Grafisches in Schwarz/Weiß im Stil von Courrèges, florale Grafik; Wabenstrukturen und Kroko-Optik; Tiermotive. Viel Potential als Gestaltungselemente bieten Lichtpaneele, Lichterketten sowie dekorative und theatralische Lampenschirme.

Farben: Die Stimmung ist leicht, licht und zart. Gefärbte Weißtöne und warme Basisfarben wie Khaki, Braun und Marine bilden den Rahmen für feminine Töne wie Pink, Rosé, Orange, Vanille und Maigrün. Intensive, erdige und gebrannte Töne stehen in Colourblocks neben sanften Schattierungen.

2. Werte / New Conventions

Konventionell - aber neu! Es wird mit Klassik gearbeitet, aber die Spielarten lassen ganz neue Ergebnisse entstehen, die auch exzentrisch sein können. Mal schlicht dezent, mal reich dekorativ - der angestrebte intime Wellnessbereich hat Luxus-Appeal. Glasbau-Architektur und historische Baukultur in Kombination sensibilisieren und vermitteln Spannung. Ein Schwerpunkt-Thema dieses Luxusbereichs ist das Bad, Spa - in dem Historisches und Modernes lustvoll verquickt werden, in alter Material- und Verarbeitungsqualität.

Das Bedürfnis, als Kenner, als Elite zu gelten, zeigt sich in der Vorliebe für Unikate und wertvolles Kunsthandwerk. Darin wird ein gesellschaftlicher Trend sichtbar, der das Design der nächsten Zeit noch weiter beeinflussen wird.

Die Salon-Kultur wird mit modernen Klassikern angereichert. Sammelstücke - von Auktionen - stellen Wert dar. Modernes Antiquariat ergänzt Kreuzschiff- und Luxusliner-Equipment. Glas ist ein wichtiges Material. Leichte Pavillon-Konstruktionen sammeln Licht, verstärkt durch Spiegelkabinette, aber auch orientalische Bauelemente. Tapeten mit Transparenteffekten und irritierender Gestaltung werden neu entdeckt. "Pflichtmöbel" im Status orientierten Wohnraum sind Kamine. Sattlerhandwerk, Goldschmiedekunst, Reliefs, ornamentale Elemente, Symbole und Figuratives verstärken den Eindruck der Wertigkeit.

Daneben spielt Dekoratives eine wichtige Rolle: Oberflächen sind sanft, samtig, seidig, wirken wie museale Textilkunst; Lasercuts, Prägungen, Prints in archetypischen Formen wirken neu durch Farbigkeit; satiniertes Holz und Naturstein besticht mit sinnlicher Haptik. Der Unterschied zum Massenprodukt wird überall deutlich gemacht. Das gilt auch für feinste Bettwäsche, die sehr zurückhaltend verarbeitet ist. Hussen sind fein verarbeitet und mit Seidenpaspeln besetzt.

Bei den Farben werden warme, elegante Naturtöne mit subtilen Eis- und Wasserkolorits konfrontiert. Als Farbakzente spielen tiefes Lackrot, Türkis/Jade und Aquatöne eine Schlüsselrolle. Trend weisend ist das Spiel mit unterschiedlichen Grautönen, wobei Edelmetalle als Neutrale zur Wirkung kommen.

3. Impulse / Statements

Ungewöhnliche Arrangements mit innovativen Materialien, Formen, Haptiken und Funktionen provozieren Irritationen. Wechselspiele und Spannungen sind Gestaltungsprinzip, Flächen in fantasievollen 3D-Schichtungen haben ungewöhnliche Tiefenwirkung. Natur ist für das Avantgarde-Thema die Impulsquelle und noch lange nicht ausgeschöpft. Natürliche Formen wie Amphoren ordnen sich gut ein oder setzen provozierende Akzente. Zur Ausstellungsarchitektur im Wohnbereich kommt Natur in Form von bewachsenen Wänden, wodurch artifizieller Eindruck entsteht.

Bänderartige Strukturen, Linien, Fäden, grafische Elemente dekorieren mit neuer Leichtigkeit. Dazu gesellt sich Typografie. Neuartige Lichtobjekte aus Glasfasern schaffen Tiefenwirkungen und überraschende Effekte. Wulstige Möbel werden neu belebt und in Kontrast zu High Tech-Materialien und kantiger Geometrie gesetzt.

Bei den Farben werden Hell-Dunkel-Kontraste ausgespielt. Neontöne setzen Akzente. Rottöne zusammen mit Licht erzeugen fließende Lava-Effekte. Als neutrale Farben wird die Graureihe in allen Schattierungen durchgespielt. Grau erlebt ein Revival und ergibt in innovativen Materialien völlig neue Wirkung. Oft sind Perlmutt-Töne und Opalisierendes mit im Spiel. Die Farben wirken flüssig, schwimmend oder milchig.
aus BTH Heimtex 12/04 (Wirtschaft)