Thomsen Orientteppiche, Kiel

Vom typischen Orientgeschäft gelöst

Helles Ambiente, warme Wohnfarben - Thomsen Orientteppiche in der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt Kiel hat sich bewusst vom typischen Orientgeschäft gelöst. In der Mischung mit Kiefernmöbeln ist ein Laden entstanden, der die Richtung zum Raumausstatter einschlägt und eine junge Kundschaft anzieht.

In der Willestraße, zentral gelegen, aber etwas abseits der Haupteinkaufszone, hat Peter Thomsen vor sechs Jahren sein Orientgeschäft neu eröffnet. Direkt neben der Teppich Thomsen GmbH, die ausschließlich Auslegeware führt. Die Namensidentität ist kein Zufall. Beide Unternehmungen gehen auf ein vom Großvater 1903 gegründetes Teppich- und Gardinengeschäft zurück, das vor 45 Jahren an diesen Kieler Standort zog. Jetzt operieren sie völlig getrennt. Mit dem Slogan "90 Jahre Teppichtradition" knüpft Peter Thomsen jedoch an seine Familienvergangenheit an. "Wir haben früher immer einen kleinen Bestand an Orientteppichen gehabt und den unter meiner Leitung ständig ausgebaut." So hat der Einzelhandelskaufmann nach eigenen Angaben in den vergangenen 30 Jahren fast ausschließlich mit Orientware zu tun gehabt. Genug Fachkenntnis also, um sich auf diesem Gebiet 1995 in die Selbstständigkeit zu wagen.

Wohnlicher Charakter

Leicht apricot getönte helle Wände, in Wischtechnik strukturiert, dazu ein Laminatboden in hellem Holzdekor und eine moderne, indirekte Beleuchtung machen den Charakter des Ladengeschäftes aus. "Wir haben uns in Gestaltung und Sortiment bewusst vom bazar-ähnlichen Orientgeschäft abgesetzt", erklärt der Inhaber.

Die großen Schaufenster lassen einen guten Blick in das komplette Innere zu. Schon in der Auslage fällt der aktuelle Wohnmix auf: antike Kiefernmöbel zu modernen Orientteppichen.

Das spricht eine junge Käuferschicht an. "Früher hatten wir diese Kundschaft nicht", bekennt Peter Thomsen. Gerade aber die Kiefernmöbel - aus Dänemark importiert und überwiegend von skandinavischer Herkunft - haben den Schub bewirkt. "Wir betreiben hier keinen typischen Orientladen, sondern wollen, wie ein Raumausstatter, mehr wohnlichen Charakter bieten, in dem sich der Kunde zuhause fühlt."

30 % vom Gesamtumsatz machten die Kiefermöbel noch vor ein paar Jahren aus. Mittlerweile ist ihr Anteil auf 10 % gesunken. Dennoch bleiben sie Blickfänger. In einem ehemaligen Lagerraum neben dem Ladengeschäft ist das komplette Möbelangebot auf 200 qm zu besichtigen.

Überwiegend Stammkunden

Die ansprechende Schaufenstergestaltung lässt Passanten durchaus vor dem Geschäft verweilen. Doch weil Thomsen Orientteppiche abseits der Hauptfußgängerzone liegt, ist Laufkundschaft nicht das tragende Element. Ingrid Thomsen, zuständig für die Buchhaltung, hat den Überblick: "Wir existieren fast ausschließlich von Stammkunden."

Rund 2000 Personen beinhaltet die Kundenkartei. Das Einzugsgebiet umfasst das nördlichste Bundesland, aber auch nach Kassel, München und Stuttgart wird geliefert.

Vor lokaler Konkurrenz hat Peter Thomsen keine Angst. "Es gibt vier bis fünf persische Mitbewerber in der Innenstadt, aber die sind reine Orienthändler und führen kein modernes Sortiment." Kaufhäuser, so die Beobachtung des Fachhändlers, haben ihr Warenangebot zurückgeschraubt. "Die wollen ihre Teppichabteilungen möglicherweise ganz aufgeben", vermutet er.

Vor zwei bis drei Jahren hatte man auch in Kiel Ärger mit Räumungsverkäufern. "Wir sind mit der Industrie- und Handelskammer intensiv dagegen vorgegangen." Mit mäßigem Erfolg. Immerhin bleibt Kiel derzeit von den Prozentrittern verschont.

Preis-Philosophie und Einkauf

"Wir gehören nicht zu den 70-Prozent-Rabatt-Leuten", betont Peter Thomsen. "Und wir zeichnen die Ware auch nicht höher aus, um sie anschließend herab zu setzen." Nur Stücke, die zwei bis drei Jahre liegen, kommen mal mit einem halben Preis unter den Hammer.

Rund 700 Teppiche an Eigentumsware, dazu ein Teil Kommissionsware, deren Konditionen auf 30-prozentige Festabnahme vereinbart sind, bilden das ebenerdige Lager in den Geschäftsräumen. Der Aufbau ist übersichtlich, die Stapel wachsen nicht an die Decke. Das Lager soll nicht stark belastet werden. Dahinter steckt kaufmännische Kalkulation. Der Inhaber: "Aus alter Familientradition sind wir es gewohnt, nur das einzukaufen, was wir uns auch leisten können. Auf Kredit wird nicht operiert."

Von der mittleren über die gehobene bis zur sehr guten Qualität reicht das Angebot. Mit ausgesprochener Billigware, so Peter Thomsen, käme man gegen die Großen ohnehin nicht an.

Während sich fast 80 % der Kunden bereits im Laden für einen Teppich begeistern lassen, habe etwa 20 % Sonderwünsche. Die sind über das eigene Lager nicht zu befriedigen. Das gilt vor allem bei Sondermaßen.

Alle acht bis zehn Tage fährt der Chef zum Einkauf nach Hamburg. Von dort bringt er, falls echtes Interesse beim Kunden besteht, Teppiche zur unverbindlichen Probe mit. Die Erfolgsquote ist gut. Bei der Vorlage im Hause des Kunden entscheiden sich bis zu 80 % für den mitgebrachten Teppichvorschlag.
Der Berber kommt wieder

Das Sortiment bei Thomsen Orientteppich umfasst zunächst den klassischen Sektor. Persische, indische, afghanische, ägyptische und türkische Ware. "Pakistanische Produkte laufen im Moment nicht so gut", sagt Peter Thomsen. Ziegler-Muster, ebenso Buchara - früher viel verkauft - sind ausgelaufen. "Wir forcieren das auch nicht und haben davon keine Ware mehr vorrätig."

Anders dagegen der marokkanische Berber - zwischenzeitlich vom Gabbeh verdrängt. Er wird wieder nachgefragt. Es ist eine Käuferschicht mittleren Alters, die diese hellen Teppiche schon in der Vergangenheit schätzen gelernt hat.

Der persische Gabbeh selber ist immer noch im Trend des modernen Einrichtungsstils. Indische Billigware hat seinem Image jedoch geschadet. Thomsen: "Wir achten auf hochwertige, ausgefallene Ware." Dennoch hat auch er ein kleines Sortiment preisgünstiger Stücke für junge Leute am Lager. "Aber mit guter Wollqualität."

Rückläufig in Kiel scheint der typisch florale Perserteppich. Eher gehen klassisch geometrische Muster, wie beim Bidjar oder dem afghanischen Buchara. Wie alle Fachhändler beobachtet Peter Thomsen den Trend zum kleineren Teppich, der auf Parkett- oder Laminatboden seine Wirkung entfalten soll. Die Teppichkante endet am Sofa. Große Teppichflächen sind nicht gefragt, eher das Wohninsel-Prinzip in Wohnzimmer und Essbereich.

Dem Trend folgt Thomsen Orientteppiche mit dem Angebot zum modernen Designteppich aus Nepal. Qualitätsproben und Musterteppiche beanspruchen eine eigene Nepal-Ecke. Per Overhead-Folie kann sich der Kunde im Katalog der Firma Malik die gewünschte Bordüre zu seinem Nepal-Teppich selbst aussuchen.

Darüber hinaus, so Inhaber Thomsen, führt sein Geschäft "alles, was zum abgepassten Teppich gehört." Da ist der Kelim, ebenso wie der Allgäuer Handwebteppich, moderne Kinast-Handtuft mit wählbaren Farben aus dem Musterkoffer und PC-Farbausdruck, sogar Sisal- oder Kokosteppiche mit aufgenähter Bordüre.

Sortimentsverschiebungen

In den vergangenen zehn Jahren war Nepalware der Hauptumsatzträger. Dann kam der Billigschock. Mittlerweile hat sich dieses Sortiment erholt. Peter Thomsen: "Auf unsere Nepal-Ecke können wir nicht verzichten."

Gut geht heute in Kiel bäuerliche Ware - Heriz, Azeri und Kasak-Muster. Gewünscht werden verwaschene, fast antike Farben. Das passt gut zu modernen wie auch antiken Möbeln. Feingeknüpften Luribaf aus dem Schiraz-Gebiet hat das Kieler Fachgeschäft ebenfalls im Schaufenster dekoriert.

Über Fach- und Einrichtungsmagazine spürt der Fachhändler dem Stil aktueller Innenarchitekten nach, versucht den Trend voraus zu ahnen. Als Besucher auf der Domotex steht Information über Marktlage, Trend und Preise im Vordergrund. "Dort sind wir weniger wegen des Einkaufs, mehr wegen des geballten Angebots."

In den späten 90er Jahren hat Thomsen Orientteppich noch selber auf der regionalen Kieler Messe "Alles fürs Heim" ausgestellt. Der Zuspruch war gut, der Verkauf auch. Dann flaute die konjunkturelle Lage ab und Sparmaßnahmen führten dazu, 2000 vom eigenen Messestand abzusehen. Grundsätzlich ist das Thema jedoch nicht aus der Welt.

Service und Werbung

Weiterempfehlungen zufriedener Kunden sind für Thomsen das beste Kapital. "Erstklassiger Service ist für uns oberste Priorität", betont der Chef. Jeder Teppich, egal wie groß, muss zuvorkommend bedient werden. Die Verkäufer Martin Layer und Florian Ellmies kennen den Anspruch.
Auswahlsendungen und Frei-Haus-Lieferungen zählen zu den Leistungen. Auch Spezial-Wäsche und Reparaturen werden gut angenommen. "Über das Jahr verteilt, kommt da einiges zusammen."

In der Werbung liegt das Hauptaugenmerk auf der lokalen Tagespresse. In regelmäßigen Abständen wird hier inseriert. Mitunter finden Aktionen, meistens aber Imagepflege und allgemeine Ankündigung des Sortiments darin ihren Niederschlag.

Im Sommer- und Winterschlussverkauf werden, wie der Inhaber es formuliert, "auch schon mal Sachen rausgehauen". Zur Weihnachtszeit gibt es Sonderausstellungen mit alten Teppichen und per Zeitungsinserat gute Wünsche an die Kundschaft.

Einmal im Jahr wird ein Rundschreiben an die Stammkundschaft verfasst, der auch Hinweise auf Wäsche und Reparatur enthält. Sogar eine eigene Pflegeanleitung hat das Fachgeschäft entworfen. Der Zettel wird jedem Teppichverkauf beigelegt.

Branchen-Ausblick

Bis 1998 machte Thomsen Orientteppiche gute Geschäfte. Der Umsatz stieg ständig. Dann, ab 1999, fing die Branche an zu schwächeln. Das merkte man auch in Kiel. Die Quadratmeter-Zahlen wurden rückläufig.

"Wenn es früher im Geschäft ruhig war, hat man mit Aktionen reagiert. Das bringt heute nichts mehr", lautet die Erfahrung von Peter Thomsen.

Daher ist es für den Orientfachmann in der gegenwärtigen Situation wichtig, die Kosten niedrig zu halten. Luxusgüter, weiß er, fallen in wirtschaftlich schwächeren Zeiten unter den Sparzwang des Konsumenten. "Viele alte Geschäfte in der Kieler Innenstadt mussten bereits aufgeben."

Diese Gefahr sieht Peter Thomsen für sich nicht: "Wir sind nie in einem Verband gewesen, haben immer eine freie Hand im Einkauf, erkennen sofort den Trend und können dann sofort unser Sortiment entsprechend steuern."
aus Heimtex Orient 04/01 (Handel)