DMI Inspirationen zu den Produktbereichen und dem Wohnszenario 2004

Konsum beginnt im Bauch - mit Gefühlen, Sehnsüchten, Wünschen

FRANKFURT (gk) - Dem DMI Informationskreis Wohnen + Einrichten geht es nicht allein um Trends. Die entwickeln sich mit eigener Dynamik zunehmend rasch und unauffällig - und immer wieder überraschend konform und gleichlautend in verschiedenen Regionen und Produktbereichen. Sie müssen aber beobachtet und gebündelt werden, um die zu erreichen, für die sie als Triebstoff und Motor bestimmt sind - den Markt und die Verbraucher. Beobachtung also ist das Stichwort, das sich um Trendsucher und Designer rankt.

Am Anfang steht die Farbe, für die es international Spezialisten gibt, die aber nicht im "luftleeren" Raum kreieren, sondern sich ihrerseits mit- und untereinander inspirieren. Im Fall DMI ist das Ute Wegener aus Paris, die im Januar während der Heimtextil in Frankfurt die Wohnfarben für das kommende Jahr erarbeitet und weiter gibt. Dann setzt aber schon Hans-Gerd Asshauer von Trendconcept München mit "Reflektionen" der aktuellen Wohnthemen ein und gibt mit Dias Überblick über seine Erfahrungen auf internationalen Messen, aus Medien, Gesellschaft und Verkauf. Die ersten Produktergebnisse nach den Trendarbeiten Anfang des Jahres und ihre Inszenierungen - denn auf die kommt es an - gibt Asshauer im Juni des Jahres als Product Puzzle an Kreative aus Produktion , Vertrieb und Handel weiter. Erfreulicherweise bestätigen sich viele der aufgefangenen Eindrücke dann in den Produktpräsentationen auf internationalen Fachmessen.

Die vom DMI gebotenen Trends dienen also den Designern zur Inspiration, aber noch mehr dem Handel zur Vergewisserung und Aufmunterung, wenn es ums Ordern, Präsentieren, Verkaufen und ums Weiterentwickeln von Präsentations- und Angebotsideen geht. Die gezeigten Dias beziehen sich zwar auf Realität und klare Marktbeobachtung, bezwecken aber in ihrer Darstellungsform Mut zu Visionen.

Match the mix

Mit Fantasie und Sensibilität lassen sich unterschiedlichste Dinge spielerisch zusammenbringen. Aus der Gegensätzlichkeit entstehen neue Reize. Wellness verbindet sich mit Essen, Relaxen, Gesundheit und entwickelt sich mit Lust und Genuss zu einem erfolgreichen Markt. Ebenso erfolgreich zeigen sich heute Produkte mit "Seele", Story, Persönlichkeit, die individuelle Gefühle und Ambitionen wecken. 80 Prozent der Kaufentscheidungen werden heute von Frauen getroffen. Werbung, Präsentation, Kundenansprache und Events müssen sich also mit der emotionalen Befindlichkeit von Frauen auseinander setzen. Match the mix ist ein wirkungsvolles und wichtiges Prinzip, um Kompositionen und Szenarien zu stimulieren und emotionaliseren. Das DMI ordnet die Vorschläge den drei Themenbereichen Gefühle, Werte und Impulse zu.

Gefühle

Das Spiel zwischen strengen Formelementen, vielfältigen Materialoberflächen und schönen, reich wirkenden Farben ist typisch für Interieurs in diesem Thema. Die Farbpalette verläuft von Sandtönen über Honig bis hin zu Sommerdarks, mal frischer, mal wärmer komponiert. Gelb verstärkt die Stimmung. Dazu schöne Farbakzente. Neue Impulse erhält das "Gefühle-Thema", indem Edles profanisiert wird - wie Goldrahmen, Spiegel, Tischwäsche und Sonstiges vom Flohmarkt, die etwas "Wertvolles" assoziieren und Raffinesse geben. Bisher Spießiges wird ironisch gemixt.

Wichtig sind die Gestaltung der Oberfläche und haptische Effekte bei Stein, Putz oder Holz, die auch den Farbauftrag beeinflussen - ob gewischt, verwischt, getupft, gerollt - und angekratzt oder beschädigt aussehen dürfen. Holz in mittleren Farbtönen leuchtet warm, Holzmaserungen, farbige Hölzer und bemalte Möbel machen Räume gefühlsbetont. Handwerkliches ist gefragt.

Freistehende Badewannen vermitteln Sinnlichkeit, wie im Badbereich generell Stimmung durch ungewöhnliche Zuordnungen und Zusammenstellungen erzeugt wird. Geschmirgeltes oder "used"-wirkendes Leder ist auch im Bad zu finden und in Kombination mit Leinenzeug bestätigt das die Sehnsucht nach Bodenständigem in neuer Wertigkeit.

Textiles ist wichtig und wird von retro bis artisanal mutig ausgereizt. Beliebteste Retro-Dessins sind Medaillons in Print oder Stickerei. Crinkle- und Crash-Effekte spielen nicht nur für Textilien, sondern auch bei der Oberflächengestaltung eine Rolle. Neu im Repertoire ist gekochte Wolle, die ebenso Alter und Gebrauchtsein vermittelt. Bad-, Küchen- und Tischtextilien zeigen sich klassisch in traditionellen Webstrukturen, mit Loch- oder Kreuzstichstickerei, Bändern, Kanten, mit einem Hauch Nostalgie. Handgewebtes mit fantasievoller Stickerei, Batik, Blueprints findet sich auch in der Kinder-Ecke.

Werte

Dieses Thema wird als urbane "Prunk-Camouflage" neu inszeniert. Repräsentative Raumgestaltungen erleben eine Renaissance, wobei Bewährtes raffiniert in Szene gesetzt wird. Die Kombination von poliertem Beton und vergoldeten Flächen macht deutlich, wie heutige, spielerische und sehr kreative Interpretationen von repräsentativem Wohnen aussehen.

Die Farbpalette spielt mit diskreten, cremigen Tönen. Elfenbein, Biskuit, Horntönungen und Nachtfarben, zum Teil mit gewisser Transparenz, sind bestimmend. Dazu kommen Gold und andere Metallictöne. Dunkle, an Likörfarben erinnernde Nuancen kommen zu glasiger Optik. Edelhölzer wie Mahagoni verstärken die tiefen Töne. Matte und lackierte Flächen werden zu einander gesetzt. Auf hohem Niveau werden Sehnsucht nach Schönheit und Intimität demonstriert. Die Mischung aus grafischer, maskuliner Strenge und schwungvoller femininer Eleganz erinnern an Art déco. Mattes Schwarz oder glänzendes Weiß in Verbindung mit Blattgold sorgen für leicht theatralische Akzente. Es wird zwar mit dramatischen Arrangements gespielt, die Raumwirkung bleibt aber leicht und modern. Aus dem Art déco werden Spiegel- und Lichtreflexe und Glitzeroptik von Edelsteinen übernommen, Glasperlen und Lüster zaubern neuen Glamour.

Stoffe in Plissées werden effektvoll drapiert oder ruhig flächig angebracht. Exotisches kommt aus China und Japan. Viskosebeimischungen sorgen für feine Glanzeffekte. Samtiges, oft mit Antikfinish, Rippiges, Dreidimensionales wie Matelassée und Flammengarne in Chanel-Tweeds prägen die Stoffpalette im Werte-Thema. Jacquards werden grafisch interpretiert neben Pinselstrich-Dessins und Nadelstreifen, die für den Kontrast zwischen feminin und maskulin stehen. Ausbrenner, Voile und Antik-Lurex verkörprn feminine Eleganz, ergänzt mit feingestricktem oder -gewebten Cashmere und Taften. Schmuckelemente kommen deutlich aus dem Fashion-Bereich.

Kamine sind nicht nur repräsentativ, sondern haben auch eine sinnliche Ausstrahlung, die für Behaglichkeit sorgt. Altmodisch anmutende Arrangements wie Sesselgruppen vor dem Kamin vermitteln Ruhe und schmeichelnde Harmonie. Bäder werden aufwändig gestaltet wie die Wohnräume - mit dekorativem Licht, Mosaiken, Spiegelsplittern und Glassteinen.

Impulse

Das Crossover-Thema schlechthin! Sammelleidenschaft, Experimentierlust und Neugier sind gute Voraussetzungen für Interieurs in diesem Stil, wo es um Collagen-artige Arrangements aus ganz unterschiedlichen Elementen geht. Naturtöne sind eine wichtige Basis. Grünnuancen wirken leicht unterkühlt, dazu kommen kräftige Farben und neue Candytöne mit weicher, liquider Wirkung. Natur ist ein neuer Aspekt im Impulse-Thema. Virtuelles und Cyberspace haben an Anziehungskraft verloren, auch Computereffekte treten langsam zurück. Gefragt ist Echtes, Anfassbares.

In Architekturprojekten wird gezeigt, wie gut sich Natur, Pflanzen, begrünte Wände und Glas, Beton oder Stahl zusammen fügen und welche Spannungen damit erzeugt werden. Kitsch ist erlaubt, Fundstücke bringen Charme. Mit Materialien und Formen wird experimentiert. Weiche Farbverläufe und Maserungen stehen neben grafischen Musterungen im textilen Bereich, bei Fliesen und Böden. Oft entstehen durch geometrische Grafik dreidimensionale Wirkungen. Fluoriszierende Farbverläufe schaffen surrealistische Stimmung. Lichtinstallationen und Beleuchtungseffekte mit Lichtquellen aus neuen Materialien - Synthetikwolle als "Wollbäusche", Autolampen, ausgeleuchtete Steine und Eisbrocken - sind wichtig. Bequemlichkeit und Behagichkeit sind auch in diesem Thema eine wichtige Dimension geworden. Wellness- und Relax-Sessel sind willkommen, in fließenden, runden Formen. Für Wand- und Bodengestaltung dient die Natur als Vorlage, zum Beispiel mit überdimensionierten Bambus-Optiken oder Millefleur-Interpretationen.

Für Möbel-, Keramik- und Porzellanformen sind die 50er Jahre eine riesige Fundgrube, aber auch Designklassiker aus den 30er und 40er Jahren werden selektiv in dieses Thema eingeordnet. Foto-Effekte werden häufiger als bisher großformatig eingesetzt. Auch dabei ist Natur das Thema, mit Fantasie bearbeitet.
aus Haustex 01/04 (Wirtschaft)