Das Bett komplett, Kiel

In fünf Jahren den Umsatz fast verdoppelt


Kiel. Seit 26 Jahren gibt es das Kieler Fachgeschäft Das Bett komplett. Inhaberin Sinje Pachur hat es von ihren Eltern
übernommen und konsequent vergrößert. Vor allem der Umsatz wuchs beeindruckend und konnte binnen fünf Jahren
nahezu verdoppelt werden. Auch die Kundenfrequenz wurde deutlich gesteigert.

Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt ist kein einfaches Pflaster für den örtlichen Einzelhandel. Als Oberzentrum und Regierungssitz verfügt Kiel zwar über eine große Bedeutung in der Region, und dank des wichtigen Fährhafens nach Skandinavien auch über viele internationale Gäste und Touristen. Doch das Durchschnittseinkommen der Kieler liegt mit rund 27.500 Euro deutlich unter dem Landesschnitt (32.248 Euro), die Arbeitslosenquote wiederum ist mit 9,4 Prozent deutlich höher als im Rest des Landes (6,2).

Wer angesichts solcher Rahmenbedingungen seinen Umsatz binnen fünf Jahren nahezu verdoppelt, muss irgendetwas richtig gemacht haben, zumal, wenn er sich nicht in bester Lauflage befindet. "Wir wissen gar nicht genau, woran es liegt", betont zwar Sinje Pachur, die gemeinsam mit ihrem Partner Olaf Habler das Fachgeschäft führt. Aber das stimmt natürlich nur bedingt: "Es ist wohl die Summe aus ganz vielen einzelnen Maßnahmen."

Diese Summe hat den Umsatz von 2009 bis 2014 um stolze 90 Prozent steigen lassen, auch die Frequenz wurde um respektable 57 Prozent erhöht. 60 Prozent der Kunden kommen auf Empfehlung ins Haus, ein sehr gutes Feedback für Beratungsqualität und Service, sprich Kundenzufriedenheit. Angesichts sechs direkter Mitbewerber in der 240.000-Einwohner-Stadt (ohne Discounter oder Ikea) ist dies umso bedeutsamer - ein Möbelhändler liegt direkt um die Ecke des Geschäftes, nur wenige Schritte entfernt.

Vor 26 Jahren hatten Pachurs Eltern das Geschäft am Rande der Kieler Innenstadt gegründet. Die Fußgängerzone liegt zwar nicht sehr weit entfernt, doch der Standort hatte seine Tücken: Keine Parkplätze vor dem Haus, eine Fensterfront, die vom vorbeifahrenden Verkehr nur schlecht wahrgenommen wurde, Wettbüros, Leerstand und das Rotlicht-Viertel in unmittelbarer Nachbarschaft. Gleichwohl funktionierte das Geschäft, das mit 250 Quadratmetern Verkaufsfläche startete.

Zehn Jahre nach der Gründung übernahm Sinje Pachur 1999 den Laden von ihren Eltern und vergrößerte ihn konsequent. In der Etage darüber war eine Fläche frei geworden, die Decke wurde durchbrochen und eine Treppe eingebaut. Der zweite Schritt erfolgte 2011 mit der Anmietung des benachbarten Ladenlokals eines ehemaligen Schiffsausrüsters, so dass sich die Verkaufsfläche insgesamt über die Jahre verdreifachte. Optionen auf weiteres Wachstum gibt es sogar auch, doch das ist allenfalls Zukunftsmusik.

"Die Wahrnehmung des Geschäftes hat sich sehr verbessert", erklärt Olaf Habel. Die Schaufensterfront ist seit der Erweiterung deutlich länger und zieht sich in einem Bogen so an der Straße entlang, dass sie jetzt auch von den vorbeifahrenden Autofahrern zur Kenntnis genommen wird. Vor allem aber wurde aus dem früher aufgrund der räumlichen Gegebenheiten recht vollgestellten Laden ein repräsentativer Verkaufsraum, in dem die Ware anders aufgeteilt ist und nach Themen sortiert wurde: Taschenfederkern und Raumsparmöbel auf der einen Fläche, Schaummattratzen, Kissen, Bettwaren und Bettwäsche auf der anderen, Wasserbetten und weitere Liegeflächen in der oberen Etage. Das wirkt insgesamt wesentlich wertiger.

"Auf der größeren Fläche können wir unser Angebot natürlich viel besser darstellen und auch besser dekorieren", sagt Sinje Pachur. "Wir haben jetzt beispielsweise sieben statt vorher vier Schramm-Liegeflächen." Zu 70 Prozent stehen Doppelbetten in der Ausstellung, und, was der Inhaberin besonders wichtig ist: "Wir haben alle Matratzen in allen Festigkeiten hier und in fast allen Liegeflächen auch Motorrahmen." Ein Komfort, den die Kunden hier häufig zum ersten Mal kennenlernen. Obwohl der gute Schlaf bei Das Bett komplett eigentlich im Sitzen startet.

"Ein Verkaufsgespräch beginnt bei uns am Tisch", erklärt Sinje Pachur. "Manche Kunden irritiert das, aber so können wir gleich zu Beginn ganz gezielte Fragen stellen und viele Dinge klären." Dank der Stühle von Hersteller Moizi sitzen die Kunden bereits dabei ergonomisch anspruchsvoll. Sind alle Fragen angesprochen, werden sie am System von Dormabell vermessen - auch, wenn es nur um ein Kissen geht. "Wir legen die Kunden mit dem angemessenen Kissen auf die Matratze", erklärt Sinje Pachur. Das ist dann nicht selten ein Aha-Effekt: "Die Kunden merken dann häufig, wie schlecht sie zuhause liegen." Auch wenn dann nicht jeder gleich ein komplettes Schlafsystem erwirbt, der nur wegen eines Kissens gekommen war - der Effekt wirkt nachhaltig. "Diese Kunden kommen wieder", sagt Olaf Habel.

Dank der guten Vorbereitung wird die Matratzenberatung für den Kunden nicht zum Verwirrspiel. "Wir zeigen maximal drei Produkte, mehr kann der Kunde nicht verarbeiten", erzählt Sinje Pachur. Und auch hier kommen wieder Kleinigkeiten zum Tragen, die in der Summe wichtig sind. Ein Handtuch auf dem Kissen beim Probeliegen etwa. Oder der Verzicht auf die Plastikfußmatten, die bei Das Bett komplett durch Frottiertücher mit eingesticktem Logo ersetzt wurden. "Das Plastik quietscht so", findet Pachur. "Wir bringen fast jeden Kunden dazu, seine Schuhe auszuziehen. Das gibt gleich eine viel entspanntere Atmosphäre."

Das Team des Fachgeschäftes kommt auch zum Kunden: Hausbesuche sind ein wichtiger Bestandteil der Beratungsarbeit, drei bis vier pro Woche sind normal. "Das hilft sehr, Reklamationen zu vermeiden", so Habel. Zum Beispiel durch einen Blick auf den vorhandenen Lattenrost: "Es ist ja nicht sinnvoll, dass wir eine gute Matratze auf einen schlechten Rahmen legen." Ob ein Motorrahmen in ein vorhandenes Bettgestell passt oder der ausgesuchte Stoff zum Rest der Einrichtung, sind ebenfalls Fragen, die vor Ort besser geklärt werden können. "Es ist auch immer gut zu wissen, ob ein 6.000-Euro-Bett auch wirklich durch die Tür passt", so Habel.

Das Angebot des Fachgeschäftes stützt sich sehr wesentlich auf die Produkte des Bettenrings. "Die Marke Dormabell ist für uns sehr wichtig, und das ist über die Jahre auch gestiegen", sagt Sinje Pachur und schätzt den Anteil bei den Matratzen hier auf 60 bis 70 Prozent. "Schlafsysteme waren schon immer unser Thema", betont die Inhaberin, Namen wie Lattoflex, Swissflex oder Schramm stehen hierfür.

Bei den Bettwaren setzt Das Bett komplett ebenfalls weitgehend auf Dormabell. Bei der Bettwäsche stehen Graser, Elegante, Fischbacher oder Bassetti im Fokus, aber auch Einstiegspreislagen werden bedient. Zur Kieler Woche etwa laufen erfahrungsgemäß maritime Motive besonders gut, die sich dann auch in der Schaufensterdekoration wiederfinden und nicht selten Touristen in den Laden führen. "Wir haben Kunden aus dem Ruhrgebiet, die diese Bettwäsche regelmäßig bei uns bestellen und geschickt bekommen", erklärt Sinje Pachur.

Im Jubiläumsjahr 2014 führte Das Bett komplett besondere Rabattaktionen aus, ansonsten wird auf rote Preise konsequent verzichtet, ebenso auf Preisflyer. Anzeigen in der Tagespresse und drei bis vier Kundenbriefe im Jahr sorgen für Aufmerksamkeit beim Kunden. Hier wird auch gezielt mit Beratungskompetenz und dem Anmesssystem geworben.

Dass eine gute Beratung nicht vom Himmel fällt, weiß man in Kiel: Das Fortbildungsprogramm des Bettenrings wird vom Team des Bettenhauses intensiv genutzt. Ein bis zwei Seminare pro Jahr werden pro Mitarbeiter besucht. Überhaupt, das Team: "Ohne unsere Mitarbeiter hätten wir die Entwicklung in den letzten Jahren überhaupt nicht geschafft", sind sich Pachur und Habel einig. "Motivierte Mitarbeiter sind das größte Kapital, das man hat." Drei Vollzeit- und fünf Teilzeitkräfte werden beschäftigt, dazu ein Azubi.

Deren Begeisterungsfähigkeit lässt sich an einem weiteren kleinen Beispiel ablesen, das auch wieder typisch ist für das Kieler Bettenfachgeschäft. In der Vorweihnachtszeit werden den Kunden selbstgebackene Kekse angeboten, die von den Mitarbeitern gebacken werden. "Die machen das mit großer Freude", berichtet die Chefin, "und das strahlt natürlich nach außen aus." So haben alle etwas davon - die Kunden, die Mitarbeiter und das Geschäft.

"Wir haben eine tolle Entwicklung genommen", freut sich Sinja Pachur, die sich auch Anregungen von Kollegen aus dem Bettenring holt und den entsprechenden Austausch pflegt. "Viele Ideen konnten wir noch gar nicht umsetzen, weil unsere Man- und Frauenpower dafür noch nicht ausgereicht hat", sagt sie. Ein paar weitere Ziele können schließlich nicht schaden.
aus Haustex 07/15 (Handel)