Haus- und Heimtextilien: Der Fachhandel verliert Marktanteile


Die Möbelhändler konnten ihren Umsatz mit Kissenbezügen, Bettwäsche, Gardinen und Co. in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich steigern und ihren Marktanteil damit stetig ausbauen - bis auf 16,4 % im Jahr 2016. Das zeigt der aktuelle "Branchenfokus Haus- und Heimtextilien" von IFH Köln und BBE Handelsberatung. Von der Untersuchung erfasst werden neben textilen Bodenbelägen sowie Gardinen und Dekostoffen auch Bettwaren, Matratzen, Rahmen sowie Haus-, Tisch- und Bettwäsche.

"Durch sein breites Sortiment ist der Möbelfach-handel in allen Einrichtungsmärkten präsent, auch bei Haus- und Heimtextilien", erklärt Uwe Krüger, Senior Consultant am IFH Köln. "Allerdings haben die Möbelhändler mit dem aktuellen Marktanteil ihren Zenit erreicht, denn wir erwarten zukünftig ein eher mageres Umsatzwachstum." Bis 2021 rechnen die Branchenexperten damit, dass dieser Distributionskanal seinen Umsatz mit Haus- und Heimtextilien nur leicht um 0,1 % steigern kann. Das entspricht einem Umsatzvolumen von 1,67 Mrd. EUR und damit einem Anteil am Gesamtmarkt von (nur noch) 16,1 %. Auf der Gewinnerseite sehen die Marktforscher dann Versand-händler und Internet-Pure-Player.

Der Gesamtmarkt für Haus- und Heimtextilien schließt das Jahr 2016 auf einem zum Vorjahr nahezu unveränderten Niveau ab. Das Volumen liegt weiterhin bei rund 10,1 Mrd. EUR. Nach zwei Jahren des Wachstums mit Raten von 1,6 bzw. 2,4 % herrscht nun Stagnation. IFH und BBE gehen aktuell davon aus, dass die Branche den Gesamtumsatz mittelfristig halten kann: "Haus- und Heimtextilien spielen für die Verbraucher eine wichtige Rolle, denn sie runden das Erscheinungsbild der eigenen vier Wände stimmig ab. Auch wenn in den Folgejahren keine Wachstumsraten zu erwarten sind, ist mit einem Marktgesamtvolumen über der Zehn-Millionen-Marke zu rechnen", so der BBE-Consultant Stefan-Charles Jahner.

Auch die im VR-Branchenspecial der Volksbanken und Raiffeisenbanken und des Ifo-Institutes veröffentlichten Analysen zeichnen ein insgesamt positives Bild der Branche. Für 2017 wird dort ebenfalls mit einer Stabilisierung der guten Situation gerechnet.

Fachhandel in Zugzwang

Aber speziell der Fachhandel darf seine Hände jetzt nicht in den Schoß legen. Denn nach Berechnungen der BBE Unternehmensberatung verliert er sukzessive Markt-anteile. "Dies galt zuletzt nicht nur für traditionelle Fachgeschäfte, sondern auch für Fachmärkte", heißt es in der Analyse. Die Anteilsgewinne im Möbeleinzelhandel werden hier nicht nur auf das verbreiterte Sortiment zurückgeführt, sondern auch auf die Investition "in die spezifische Fachkompetenz der Mitarbeiter."

Weiter heißt es in dem Bericht: "In nicht unerheblichem Umfang werden Haus- und Heimtextilien auch über weitere branchenfremde Vertriebswege abgesetzt" - Kaufhäuser, SB-Warenhäuser und Lebensmitteldiscounter ebenso wie Verbraucher- und Baumärkte, Bekleidungsdiscounter und -filialisten. Das IFH schätzt die Quote auf ein Fünftel, "wobei zuletzt die Online-umsätze sowohl der Pure Player als auch der stationären Fachhändler spürbar zulegen konnten."

Mit Blick auf das laufende Jahr zeigen sich die Konjuktur-experten weiterhin optimistisch: "Für den Handel mit Haus- und Heimtextilien bleiben die konjunkturellen Rahmenbedingungen 2017 günstig", heißt es. Das Ifo--Institut rechnet mit einer Zunahme der privaten Konsumausgaben um nominal 2,6 % (real +1,2 %). Eine Ursache: Der Wohnungsneubau und damit zusammenhängend auch die geplanten Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Bestand. "Zusätzliches Umsatzpotenzial für Haus- und Heimtextilien bringt die verbreitete Wertschätzung einer gemütlichen und repräsentativen Gestaltung privater Wohnungen und Häuser." Der zunehmende Drang zur Inidividualisierung schlägt sich auch hier nieder, zumal textile Elemente vergleichsweise unkompliziert und preisgünstig zur Umgestaltung beitragen können.

Als eine interessante Zielgruppe macht das Ifo-Institut dabei die Generation 50plus aus: "Außer mit einem entsprechenden Sortiment kann es dem Fachhandel durch besondere Dienstleistungen und eine angepasste Ladengestaltung gelingen, seine Anziehungskraft auf diese Kunden-gruppe zu erhöhen. Schon heute liegt nach Angaben der Experten der Bevölkerungsanteil dieser häufig finanziell gut gestellten Zielgruppe bei 40 % - mit steigender Tendenz. "Hinzu kommt, dass ältere Verbraucher bei der Wohnraumgestaltung Haus- und Heimtextilien einen überdurchschnittlichen Stellenwert einräumen. Darüber hinaus geben die vergleichsweise hohen Qualitäts-ansprüche sowie die Bereitschaft, für deren Realisierung auch entsprechend Geld zu investieren, dem Fachhandel gute Gründe, die Konsumgewohnheiten und -bedürfnisse dieser Kundengruppe zu berücksichtigen."

Mit Blick auf den Möbelhandel und den dort herrschenden Verdrängungswettbewerb fordern die Handels-experten die Unternehmen dazu auf, "permanent an ihrer Attraktivität zu arbeiten und dadurch der häufig beklagten nicht zufrieden stellenden Kundenfrequenz aktiv entgegenzuwirken. Eine wichtige Stellschraube hierfür ist eine ausgefeilte Warenpräsentation, bei der es darauf ankommt, den Kunden sowohl Orientierung auf der Verkaufsfläche als auch emotionale Ansprache zu geben." Dazu würden immer häufiger Teile des Sortimentes in so genannten Wohnwelten präsentiert, "die durch das realitätsnahe Zusammenspiel von Möbeln und Fachsortimenten komplette Einrichtungsideen liefern", so die Analyse.

"Die Wettbewerbsfähigkeit der Möbelbranche wird sich künftig nicht mehr nur im Design, der Qualität, der Funktionalität und den innovativen Details der Produkte manifestieren", heißt es in der VR-Analyse. "Der Fokus liegt zunehmend auf kundenindividuell konfigurierten Produkten." Wichtig sei außerdem die Kunden-zufriedenheit im Hinblick auf eine schnelle Verfügbarkeit, die Bestellabwicklung unter Berücksichtigung individueller Wünsche und das Reklamationsmanagement. Und schließlich ist engagiertes und beratungsstarkes Verkaufspersonal unabdingbar. "Bessere Marktchancen werden denjenigen Marktteilnehmern zugesprochen, die sich durch ihre ,Nähe’ zum Endkunden auszeichnen und als kompetente ,Problemlöser’ positionieren können."

All das gilt nicht nur für den Möbelhandel, sondern generell auch für den Fachhandel mit Haus- und Heimtextilien.
aus BTH Heimtex 07/17 (Haustextilien)