Trends in der Holzbearbeitung: Welche Technologien treiben die Entwicklung



Im Vorfeld der Ligna befragte Parkett Magazin namhafte Zulieferunternehmen zu aktuellen und künftigen technischen Entwicklungen in den Segmenten Maschinenbau und Oberflächenveredelung für die Fußbodenherstellung. Stephan Klumpp (Friedrich Klumpp), Dr. René Pankoke (Hymmen), Andreas Lorenz (Homag), Alexander Kollat und Claus Buchholz (beide IVM Chemicals) sowie Max Bachmann (Wintersteiger Woodtech) gaben Antwort.

Das Messegeschehen auf der Ligna 2019 wird über alle Ausstellungsschwerpunkte hinweg erneut stark von drei großen Themen geprägt: Digitalisierung, Vernetzung und Automation. Die fortschreitende Entwicklung neuer IT-Technologien verändert industrielle Prozesse rasanter und nachhaltiger denn je. Das gilt auch für die Herstellung von Parkett, Laminat- und Designbelägen. Wie können die Industrieunternehmen der Fußbodenbranche partizipieren? An welchen Stellschrauben lässt sich drehen, um die Produktionslinien - auch angesichts immer individuellerer Sortimente - effizienter zu machen? Und wie können moderne Produktgenerationen nicht zuletzt auch unter dem drängenden Aspekt der Nachhaltigkeit weiter verbessert werden? Diese und weitere Fragen beleuchtet Parkett Magazin - und befragte dazu im Vorfeld der Ligna Vertreter namhafter Zulieferunternehmen aus den Segmenten Maschinenbau, Oberflächenveredelung und Klebstofftechnik nach ihren Einschätzungen.

Parkett-, Laminat- und Designbelagsproduktionen sind geprägt von zunehmender Variantenvielfalt und immer kürzeren Kollektionszyklen. Gefordert sind flexible, effiziente Prozesse, mit denen sich auch kleinere Mengen rentabel fertigen lassen. Wie begegnen Sie diesen Anforderungen Ihrer Kunden aus der Fußbodenindustrie?


Andreas Lorenz (Senior Sales Manager Homag): Homag hat für diese Anforderungen ein Anlagenkonzept entwickelt, welches auf kleinste Losgrößen abzielt. Eine solche Anlage hat einen sehr hohen Automatisierungsgrad, annähernd jede Stellmöglichkeit funktioniert automatisch. Spezielle Zwischenlagerpositionen ermöglichen stückzahlgenaue Produktionslose, ohne Verlust von Plattenmaterial. Auch zusätzliche Bearbeitungsoptionen und automatisierte Umrüstvorgänge für den Profilierbereich unterstützen eine solche Anlage dabei, mit kürzesten Rüstzeiten zu produzieren.

Dr. René Pankoke (Geschäftsführender Gesellschafter Hymmen): Mit Hilfe unserer Hymmen-Digitaldrucktechnologie sind unsere Kunden in der Lage, auf wirtschaftliche Weise bis hin zur Losgröße Eins ihre Oberflächen dekorativ zu bedrucken. Dank der neu entwickelten Single-Plank-Line wird die Hymmen Digitaldrucktechnologie auch für Unternehmen mit insgesamt geringeren Produktionsmengen interessant - effizient und wirtschaftlich für jeden bedruckten Quadratmeter. Mit unserem inzwischen patentierten Verfahren des Digital Lacquer Embossing (DLE) lässt sich darüber hinaus auch die Struktur der Oberflächen absolut flexibel und ohne Rüstzeiten und Zusatzkosten ebenfalls für kleinste Losgrößen digital drucken. Und dies unter Bewahrung der bewährten Oberflächeneigenschaften des verwendeten Lackes.

Stephan Klumpp (Geschäftsführer Friedrich Klumpp): In nunmehr 100 Jahren Firmengeschichte hat unser Unternehmen schon viele Trends kommen und gehen sehen. Der Trend hin zu einer Variantenvielfalt von bis zu Losgröße Eins ist allerdings bemerkenswert! Er geht einher mit der zunehmenden Digitalisierung und ist schon seit längerem zu beobachten - dem können sich auch unseren großen Industriekunden nicht verschließen. Aus diesem Grund haben wir 2019 eine eigene Kreativabteilung für Farbton- und Beizeffekte ins Leben gerufen, die globale Trends auf dem Parkettmarkt erkennt und auch setzt. Die neue Abteilung untersteht unserer F&E und bündelt Wissen und Kompetenz unserer global aufgestellten Niederlassungen. Die daraus resultierenden Kreationen, unterteilt auf zehn Effekt-Kategorien mit je cirka fünf Farbbeispielen, werden im zweiten Quartal 2019 auf der neuen Klumpp-Homepage im Bereich Parkett zur Verfügung stehen, unterjährig erneuert und auf Wunsch beim Kunden getestet.

Im Zuge der Gründung der Kreativabteilung haben wir eine weitere Laborlinie für Beizen in Betrieb genommen. Diese Beizanlage der Firma Trivec mit entsprechenden Applikationsaggregaten und zwei Vertreiberbürsten wird uns bei In-House-Kundenbesuchen und -schulungen wertvolle Dienste leisten und steht ansonsten exklusiv der Kreativabteilung für die Entwicklung sowie Abprüfung neuer Farben und Effekte zur Verfügung. Die Laminat- bzw. MMF-Branche unterstützen wir indes mit ausgefeilten Technologien und Systemen, um den bislang meist flachen Oberflächen mit der dritten Dimension einen echten Mehrwert zu verleihen.

Alexander Kollat (Geschäftsführer IVM Chemicals): Die IVM Group bietet ihren Kunden eine kostenfreie Lagerhaltung für alle benötigten Produkte aus dem kompletten Sortiment von Croma Lacke an. Daraus lässt sich eine Lieferung nach Bedarf innerhalb von fünf Arbeitstagen abrufen. Somit kann der Kunde sein eigenes Lager auf die Maximalmenge einer Woche reduzieren. Dadurch wird automatisch eine höhere Lagerkapazität und Flexibilität erzeugt. Diese Kriterien können für eine rentable Fertigung maßgebend sein. Ferner sind wir so aufgestellt, dass der Kunde umgehend weitere Materialvarianten, zum Beispiel neue Farbtöne und Effekte ohne Wartezeiten nach Anforderung eingestellt bekommt.

Max Bachmann (Wintersteiger, Leitung Geschäftsfeld Woodtech): Speziell unsere Produkte aus dem TRC (Timber Repair und Cosmetic)-Bereich sind auf die veränderten Marktanforderungen abgestimmt. So zum Beispiel unsere neue TRC 1500, die durch ein optimiertes Preis-Leistungsverhältnis zu einer schnellen Rentabilität führt, oder die neue TRC-Manufactory, die gerade für den aktuellen Trend der rustikalen Oberflächen in Hobeloptik designed wurde und zur Ligna erstmals präsentiert wird.


Inwiefern bergen industrielle Fußbodenproduktionen überhaupt noch Automatisierungspotenzial?


Andreas Lorenz: Eine Anlage zur Fußbodenproduktion birgt sehr viel Potenzial zur Automatisierung. Zunehmen wird auch die Bedeutung einer übergeordneten Steuerung, die gleichzeitig das Bindeglied zum ERP-System darstellt.


Wie weit lassen sich digitale, vernetzte
Konzepte für industrielle Produktionen auch auf kleine Fertigungseinheiten herunterbrechen? Was ist konkret umsetzbar?

Andreas Lorenz: Je nach Bedarf können auch für kleinere Fertigungseinheiten Lösungen angeboten werden. Hier bietet z.B. Tapio Anwendungen, um selbst Einzelmaschinen zu integrieren, vernetzen und Daten auszulesen und zu verwenden.

Der hohe Individualisierungsgrad von Fußbodenprodukten erfordert moderne Oberflächen-Technologien. Digitale
Inspektionssysteme, LED-Härtung in Fertigparkett-Linien, aber auch Inkjet-Direktdruck/3D-Strukturverfahren für Laminatprodukte sind Beispiele. Welches sind aus Ihrer Sicht zurzeit die treibenden Entwicklungen?


Max Bachmann: Holzfußbodenhersteller stehen sicher speziell durch Vinyl- und Laminathersteller unter Druck, da sich durch die digitale Oberflächengestaltung bei diesen Technologien mehr Möglichkeiten zur Individualisierung ergeben. Diese Individualisierung wird meines Erachtens bei Holzfußbodenherstellern durch neue Verlegemuster (bis hin zu Ornamenten), Oberflächengestaltung (bürsten, hobeln,) aber auch Farbenspiel erreicht. Das bedingt teilweise neue Fertigungsverfahren, die für diese Kleinserien geeignet sind.

Claus Buchholz (Technical Manager IVM Chemicals): Aus unserer Sicht liegen die zukünftig treibenden Entwicklungen im Bereich des Digitaldrucks wie auch im Bereich des 3D-Drucks. Diese Technologien sind als ein fester Fremdbestandteil in unseren laufenden Lackentwicklungen wie auch in den bestehenden Systemen berücksichtigt und eingebaut.

Stephan Klumpp: Aus Sicht von Klumpp Coatings sind die absolut treibenden Bestrebungen bei den "künstlichen" Fußbodengattungen (also nicht Parkett) die, diese Produkte durch Hinzufügen einer dritten Dimension optisch und haptisch natürlicher zu machen. Hierfür gibt es eine Vielzahl möglicher Verfahren, angefangen bei 3D-Lack-Auftrag mit strukturierten Walzen, Strukturerzeugung im patentierten Release-Folien-, DLE- ("Digital Liquid Embossing") wie auch My Texture-Verfahren, mit Pressblechen oder Kalanderwalzen, bis hin zu echtem 3D-UV-Digitaldruck. Für jedes dieser Verfahren haben wir in enger Zusammenarbeit mit Kunden und Anlagenherstellern marktreife Systemlösungen entwickelt.

Dr. René Pankoke: Die treibenden Entwicklungen im Fußbodenmarkt sind unseres Erachtens zum einen die starke Erwartungshaltung der Kunden an die Druckqualität des Dekors. Die sind in der Holzwerkstoffindustrie viel stärker ausgeprägt als beispielsweise beim Fliesendekor. Dieser Erwartung kann Hymmen mit seiner jüngst entwickelten Color-Calibration-Software (ACC) inzwischen auch für schwierigste fast unifarbige Dekore (z.B. Stein) entsprechen. Ein weiterer Trend ist der zu mehr Flexibilität in dezentraler Produktion, der Hymmens Digitaldrucktechnologie genau entgegenkommt. Schließlich wünscht der Kunde die Synchronität von Optik und Haptik, die Hymmen mit seinem digitalen Strukturierungsverfahren Digital Lacquer Embossing (DLE) technologisch auf wirtschaftliche Weise möglich macht.

Andreas Lorenz: Im Profilierbereich wurde zuletzt eine Fasefarblackierung entwickelt, die selbständig und automatisch die Auftragsfarbe ändern kann - beispielsweise in einer Rüstlücke von unter zwei Minuten. Anschließend wird während der Produktion automatisch und laufend über Kameras die Auftragsqualität der Farbe kontrolliert.


Welche Eigenschaften sollten moderne Lack- und Ölsysteme für die industrielle Parkettherstellung heute erfüllen?


Stephan Klumpp: Seit jeher müssen alle Oberflächensysteme extrem kratz- und abriebfest sein und dabei möglichst pflegeleicht - eine Anforderung, bei der UV-Versiegelungen gegenüber oxidativ trocknenden Ölen klar die Nase vorne haben. Heutzutage müssen die Beschichtungen dem inzwischen selbstverständlichen, extrem hohen Individualisierungsgrad (Farb- sowie optische/haptische Oberflächeneffekte) gerecht werden. Künftig werden insbesondere Faktoren wie der Einsatz energiesparender Technologien wie UV-LED, die Rezeptierung der Beschichtungen mit nachwachsenden Rohstoffen und die Reduzierung von VOC sowie anderer gesundheitsschädlicher Stoffe, immer mehr Bedeutung gewinnen.

Alexander Kollat: Neben Verfahren wie LED-Curing innerhalb der Oberflächenbeschichtungen steht die Ausrichtung der IVM Group im Bereich Forschung und Entwicklung gerade im industriellen Bereich vordergründig in der Nachhaltigkeit der verwendeten Rohstoffe. Funktionalität bei LED-Curing, höchste physikalische und chemische Oberflächeneigenschaften sind hier selbstverständlich. Ebenso können wir auf eine mittlerweile breite Produktpalette im Bereich des Excimer Curings zurückgreifen, um hoch kratzbeständige, tiefmatte Oberflächen zu erzeugen.


Wie wird die Zulieferindustrie den drängenden Anforderungen in punkto Nachhaltigkeit an holz- und holzwerkstoffverarbeitende Produktionen gerecht?


Dr. René Pankoke: Der von Hymmen entwickelte industrielle Digitaldruck entfaltet schon allein dadurch positive Umwelteffekte, dass Transportwege von großen im Tiefdruck produzierten Mengen Dekorpapiers (jeweils mind. 1 t) komplett entfallen. Die Kunden drucken direkt vor Ort. Und dies außerdem nur in der von ihnen unmittelbar benötigten Menge. Hierdurch entfallen große Menge Papierausschuss. Durch die wegfallende Lagerung entfallen außerdem Heizkosten der Lagerräume, was Ressourcen schonend ist. Darüber hinaus werden die Laminat- und MMF-Böden, die mit Hymmen-Anlagen produziert werden, höchsten Qualitätsanforderungen gerecht. Dies erhöht die Lebensdauer der Böden - ebenfalls ein positiver Effekt auf die Nachhaltigkeit der Produktion.

Max Bachmann: Ein Faktor ist sicher die maximale Rohstoffausnutzung (beispielsweise Schnittspalt), aber auch, dass Vormaterialien unterschiedlichster Dimension verarbeitet werden können und der Rest einer weiteren Verwendung zugeführt wird (Ergänzungsprodukte in der Fertigung oder Pellets etc.). Gerade hier bieten wir unseren Kunden durch die Kombination aus Maschine, Werkzeug und Anwendungstechnik ein abgestimmtes Gesamtpaket, um sie dahingehend zu unterstützen.

Stephan Klumpp: Durch sich ständig verschärfende Kennzeichnungspflichten reduziert sich die Auswahl der Rohstoffe per se schon auf relativ wenige, sehr umwelt- und gesundheitsschonende Produkte. Aktiv tragen die Beschichtungshersteller dazu bei, indem die Beschichtungssysteme immer strapazierfähiger und effizienter werden, sprich mit weniger Auftragsmenge erreicht man höhere Nutzungsklassen. Außerdem setzt insbesondere die Firma Klumpp Coatings stark auf den Einsatz nachwachsender Rohstoffe. Ein Beispiel hierfür ist das neue Bio-Öl, welches der strengen Ö-Norm C2380 entspricht, so dass über 90 % des Kohlenstoffanteils aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wurden.

Claus Buchholz: Die IVM Group hat unter anderem komplette UV-Lack-Materialsysteme für den Parkettbereich unter dem Schwerpunkt Nachhaltigkeit entwickelt. Hier stehen alle benötigten Produkte mit nachgewiesenen nachhaltigen Rohstoffanteilen von jeweils 50 bis 70% zur Verfügung. Darüber hinaus bietet das Sortiment von Croma Lacke auch ein echtes UV-härtendes Öl für den Parkettbereich mit einem nachwachsenden Öl-Anteil von 94%.


Welche Möglichkeiten bietet die Digitalisierung im Bereich Service bereits jetzt?


Dr. René Pankoke: Die Digitalisierung vereinfacht den Service bereits jetzt enorm. Viel schneller können via virtuelle Datenübertragung beispielsweise Fehler in Produktionsanlagen identifiziert und eventuell notwendige Ersatzteile geliefert werden als zu analogen Zeiten. So werden Stillstandszeiten minimiert. Auch die Möglichkeiten der "preventiv maintainance" sind durch die Digitalisierung vervielfacht worden.

Max Bachmann: Die Digitalisierung unterstützt Maschinenhersteller definitiv, "noch näher" beim Kunden zu sein, da er eine unmittelbare Möglichkeit hat, auf Maschinendaten zuzugreifen und den Kunden zu unterstützen. Das kann durch einen einfacheren Serviceeinsatz - zum Beispiel Fernwartung, Unterstützung durch VR oder komplexe 3D Modelle - passieren. Aber auch Predictiv Maintenance oder Produktionsunterstützung durch die Inhouse-Expertise der Maschinenhersteller wird durch die Digitalisierung vorangetrieben und ermöglicht.

Andreas Lorenz: Digitalisierung im Bereich Service sichert die Zukunft unserer Kunden - beispielsweise im Zusammenhang mit der Früherkennung von Verschleiß und Predictive Maintenance, der vorausschauenden Instandhaltung. Unsere Kunden profitieren aber auch durch die Weiterentwicklung unserer Tele-Service-Plattform und den damit verbundenen Service Innovationen.

Am Markt haben sich beispielsweise auch seit geraumer Zeit unsere Service-Apps, wie z.B. das Service-Board bewährt. Damit kann der Anwender den aktuellen Servicefall live an Homag übertragen - kabellos per Videodiagnose. So erkennt unser Spezialist eventuelle Fehler schnell und kann diese oft sofort beheben. Darüber hinaus kann er Anleitungen, Filme, Bilder oder 3D-Zeichnungen mobil zur Verfügung stellen. Die Erfolgsquote liegt hier bei über 90 %. Ein weiteres Produkt ist die Intelli-Advice-App, die "schnelle Hilfe zur Selbsthilfe". Die App kombiniert die gemeldeten Maschinendaten und die bereits gemachten Erfahrungen, und zeigt daraus dem Kunden präventive Lösungsvorschläge an. | Imke Laurinat
aus Parkett Magazin 03/19 (Bodenbeläge)