Kleiner Fehler - Großer Schaden: Mangelhafte Sanierung einer Beschichtung | Durchnässter Estrich sorgt für Blasen und Ablösungen

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und am höchsten belasteten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich im Schadensfall erst anhand der Ursachenforschung, worauf ein Verleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Im vorliegenden Fall ging es um die misslungene Sanierung einer Bodenbeschichtung in einem Fleisch verarbeitenden Betrieb.

In den Produktionsräumen eines Fleisch verarbeitenden Betriebes kam es aufgrund der hohen mechanischen Belastungen zu Beschädigungen in der Bodenbeschichtung. Da die Flächen planmäßig mit Feuchtigkeit beaufschlagt werden, ist Wasser im Bereich der Schadstellen in den Estrich eingedrungen. In der Folge kam es zu großflächigen Ablösungen.

Für den Unternehmer bestand die Aufgabe darin, die Beschichtung in dem betroffenen Raum zu erneuern. Für diese Leistung übernahm er die Sanierungsplanung und unterbreitete dem Bauherrn den Vorschlag, die Beschichtung in den Teilbereichen mit großflächigen Ablösungen zu entfernen. In Teilbereichen mit partiellen Schädigungen schlug er vor, die hohlliegenden Bereiche aufzunehmen und die Fehlstellen zur Egalisierung mit einem Reaktionsharzmörtel auf PMMA-Basis zu schließen. Im Anschluss wurden die zu sanierenden Bereiche vollflächig mit einem PMMA-System beschichtet bzw. überschichtet.

In den Flächen vorhandene Rinnen und Abläufe zur Aufnahme des anfallenden Brauch- und Reinigungswassers wurden belassen und teilweise auch als Abgrenzung des Bereiches, in dem die Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden (Leistungsgrenze) verwendet (Bild 1). In anderen Bereichen wurde die Leistungsgrenze durch einen geradlinig verlaufenden Schnitt festgelegt und die neue Beschichtung mit einer sogenannten Verwahrungsnut an die Bestandsbeschichtung angearbeitet.

Schaden

Beschichtung zeigt
Blasen und Ablösungen

Bereits wenige Wochen nach Fertigstellung der Sanierungsarbeiten bildeten sich in den sanierten Bereichen in Teilflächen Blasen in der Beschichtung, die bei Belastung einbrachen. In Teilbereichen kam es über einen längeren Zeitraum wieder zu großflächigen Beschichtungsablösungen. Die Beschichtung im Bestandsbereich, die nicht überarbeitet wurde, blieb schadenfrei.


Ursache

Fehlende Flanschkonstruktion
an Rinnen und Abläufen

Die Blasen waren erwartungsgemäß mit Flüssigkeit gefüllt. Es war innerhalb des Beschichtungsaufbaus in der alten, überarbeiteten Beschichtung in einer elastischen Zwischenschicht zu einer Delaminierung gekommen. Bei einer Bauteilöffnung direkt neben der Rinne wurde festgestellt, dass der Estrich vollständig durchnässt und auf der Trennschicht aus PE-Folie und der darunterliegenden Bauwerksabdichtung aus Kunststoffdichtungsbahn Wasser vorhanden war.

Die in der Fläche vorhandenen Rinnen und Bodenabläufe hatten keine Flanschkonstruktionen, an die die Beschichtung flüssigkeitsdicht angeschlossen werden konnte (Bild3). Dadurch wurde die Beschichtung stumpf an die Ablaufbauteile angearbeitet. Bei einem derartigen Anschluss sind Haarrisse zu dem Edelstahlbauteil nicht zu vermeiden. Daher sehen DIN 18534 - Innenraumabdichtung und ergänzende Fachverbandsmerkblätter für derartige Anschlüsse auch Flanschkonstruktionen mit einer Breite von mindestens 50 mm vor. Alternativ kann die abdichtende Beschichtung auch unter den Bauteilen durchgezogen werden. Die Ablaufkörper sind dann auf der abdichtenden Beschichtung zu montieren und mit einem kapillardichten Reaktionsharzmörtel zu vergießen.

Die Rinnen und Abläufe waren im Bestand bereits vorhanden. Der Anschluss der alten Beschichtung wurde in der gleichen Art und Weise ausgeführt, wie bei der neuen Beschichtung. Wie auf Bild 2 zu sehen ist, ist es aber nur im Bereich der neuen, dunkelgrünen Beschichtung zu der Blasenbildungen gekommen. Die hellere Bestandsbeschichtung wies auch im direkten Beschichtungsanschluss keine Blasen auf.

Auch Teilbereiche der neu aufgebrachten Beschichtung waren frei von Blasen und erneuten Ablösungen. Anhand von Fotos von der Ausführung der Sanierungsarbeiten war nachzuvollziehen, dass in diesen schadensfreien Bereichen die Bestandsbeschichtung vollständig abgetragen wurde.

Wie auf Bild 4 zu sehen ist, hatte die Bestandsbeschichtung im Bereich der Schadensstelle eine Dicke von 4 mm und die neue Beschichtung eine Dicke von bis zu 6 mm. Durch die Überarbeitung/Überschichtung wurde die Gesamtschichtdicke der Reaktionsharzbeschichtung maßgeblich erhöht. Dadurch hatte der jetzt vorhandene Beschichtungsaufbau in diesen Bereichen einen wesentlich höheren Wasserdampfdiffusionswiderstand als die Beschichtung im Bestandsbereich und in dem Bereich, in dem die Bestandsbeschichtung vor der Neubeschichtung vollständig abgetragen wurde.
Bei der geringeren Schichtdicke der Bestandsbeschichtung konnte in die Konstruktion eingedrungene Feuchtigkeit durch Diffusionsvorgänge wieder entweichen, ohne dass ein schädigender Dampfdruck unterhalb der Beschichtung entstanden ist. Das war durch die zusätzlich aufgetragene Beschichtung und die damit verbundene Erhöhung des Wasserdampfdiffusionswiderstandes nicht mehr gegeben. Der daraus resultierende Dampfdruck führte zu einer Delaminierung der elastischen Zwischenschicht der Bestandbeschichtung und damit zur Blasenbildung. Diese wurde durch Osmose noch zusätzlich verstärkt.


Verantwortlichkeit

Beschichter trägt die Verantwortung

Das Beschichtungsunternehmen hat die Planung und die Ausführung der Sanierungsmaßnahme übernommen. Dabei wurden die im Bestand vorhandene Bodenkonstruktion und die vorhandenen Einbauten nur unzureichend berücksichtigt. Die Konsequenzen, die aus der Beibehaltung der Entwässerungsbauteile und einer Erhöhung der Beschichtungsdicke bei mehrlagigem Auftrag resultieren, wurden nicht erkannt bzw. falsch eingeschätzt. Damit ist die Verantwortung für diesen Schaden voll und ganz dem Ausführungsunternehmen zuzuordnen.

Dipl.-Ing. Burkhard Prechel der Autor
Von der HWK Dresden ö.b.u.v. Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk und das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk.

Posottendorfer Straße 7
02827 Görlitz
Tel.: 03581/845160
Fax: 03581/845159
Mobil: 0157/32803064
sv.prechel@online.de
www.sv-prechel-goerlitz.de
Kleiner Fehler - Großer Schaden: Mangelhafte Sanierung einer Beschichtung | Durchnässter Estrich sorgt für Blasen und Ablösungen
Foto/Grafik: Prechel
Bild 1
Beschichtungsfläche mit Leistungsgrenze.
Kleiner Fehler - Großer Schaden: Mangelhafte Sanierung einer Beschichtung | Durchnässter Estrich sorgt für Blasen und Ablösungen
Foto/Grafik: Prechel
Bild 2
Leistungsgrenze durch Entwässerungsrinne.
Kleiner Fehler - Großer Schaden: Mangelhafte Sanierung einer Beschichtung | Durchnässter Estrich sorgt für Blasen und Ablösungen
Foto/Grafik: Prechel
Bild 3
Bei der Bauteilöffnung neben der Rinne zeigte sich Wasser auf der Abdichtung. An der Rinne fehlte eine geeignete Flanschkonstruktion.
Kleiner Fehler - Großer Schaden: Mangelhafte Sanierung einer Beschichtung | Durchnässter Estrich sorgt für Blasen und Ablösungen
Foto/Grafik: Prechel
Bild 4
Beschichtungsdicken im Überarbeitungsbereich.
aus FussbodenTechnik 05/21 (Handwerk)