Fachwissen: Dieter Humm über kritische Parketthölzer

Was macht helle Hölzer so nervös?

Technische Anforderungen und ästhetische Ansprüche reduzieren das Angebot für Parkett auf jene Holzarten, die sich für den Fußbodenbau eignen. Dieter Humm, Parkettrestaurator und Sachverständiger, erklärt die unterschiedlichen holztechnischen Eigenschaften der verschiedenen Baumarten - und warum sich die Eiche auf beheizten Fußbodenkonstruktionen besser eignet als die Buche.

Bei der Verwendung von Holz für den Fußbodenbau kann scheinbar aus dem Vollen geschöpft werden: Die Natur hat uns Waldgebiete geschenkt, die eine reiche Auswahl verschiedenster Holzarten wachsen lassen. Doch bereits bei oberflächlicher Betrachtung lassen sich die Grenzen der Verwendbarkeit erkennen. Die technischen und ästhetischen Ansprüche reduzieren das natürliche Angebot für Parkett auf jene Holzarten, die sich konkret für den Fußbodenbau eignen. Außerdem sind die Wuchsgebiete und die örtliche Nachfrage manchmal nur mit hohem Logistikaufwand zu verbinden.

Es gilt, einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Ansprüchen und der Verfügbarkeit zu finden. Doch auch die Ansprüche selber sind bisweilen schwer zur Deckung zu bringen. So kommt es vor, dass etwa aus gestalterischen Erwägungen Holzarten sogar dort eingesetzt werden, wo die technischen Anforderungen an die Holzart Probleme erwarten lassen. Ein typisches Beispiel dafür ist der in den 1980er und 1990er Jahren aufgekommene Gestaltungswunsch nach möglichst hellen Parkettarten bei gleichzeitigem Voranschreiten der beheizten Fußbodenkonstruktionen. In der Folge wurden dann Buche, Ahorn und Birke als "nervöse" Parketthölzer etikettiert.

Was macht helle Hölzer aus holztechnischer Sicht zu kritischen Parketthölzern?

Zunächst sind bei beheizten Fußbodenkonstruktionen die Schwindmaße einer Holzart von besonderer Bedeutung. Aufgrund der winterlichen Beheizung wird innerhalb eines Gebäudes die relative Luftfeuchte der Außenluft deutlich herabgesetzt, wenn die Belüftung der Räume innerhalb der Gebäudehülle die kalte Luft nach innen strömen lässt.

Bei einer relativen Feuchte der Außenluft von z.B. 60 % und einer Außentemperatur von 10 °C wäre nach dem Einströmen in einen 20 °C warmen Innenraum nur noch eine relative Luftfeuchte von ca. 30 % zu erwarten. Wenn Parketthölzer meist mit Holzfeuchten von 8 bis 9 % eingebaut werden und dies einer relativen Luftfeuchte von ca. 40 bis 50 % entspricht, würden bereits bei diesen vergleichsweise gemäßigten Klimabedingungen Schwindvorgänge der Parketthölzer ausgelöst werden. Auf beheizten Bodenflächen sind diese Schwindvorgänge noch deutlich stärker, da hier Holzfeuchten durchaus unter 5 % absinken können.

In beheizten Innenräumen werden unterschiedliche Parketthölzer also mehr oder weniger starke Fugenbildungen aufweisen. Die Kriterien für die Fugenbildung sind aber nicht nur die jeweiligen Schwindmaße, sondern ebenso die Feuchtewechselzeiten und das Stehvermögen.

Man könnte zunächst vermuten, dass die "hellen Hölzer" ein kritisches Schwindmaß kennzeichnet. Allerdings zeigt sich beim Vergleich mit Eiche - das als unkritisches Parkett schlechthin gilt, dass die Werte für das Schwindmaß so ein Urteil nicht grundsätzlich hergeben. Während die Eiche bei ca. 0,26 % pro 1 % Holzfeuchteänderung liegt, rangiert die Buche mit 0,31 % zwar deutlich darüber, doch Ahorn mit 0,21 % oder Birke mit 0,25 % wären sogar besser.

Betrachtet man aber die Feuchtewechselzeiten, zeigt sich ein anderes Bild. Für eine Holzfeuchteänderung von z.B. 2 % benötigt die Eiche 52 Tage, Ahorn dagegen lediglich 21 Tage und Buche gar nur 18 Tage. Ein Parkett aus Ahorn wird folglich zwar nicht größere Fugen als Parkett aus Eiche ausbilden, aber die Fugen entstehen bereits in ca. 3 Wochen statt in ca. 7 Wochen. Wenn also eine Frostperiode mit ca. 3 Wochen beide Holzarten zum Schwinden zwingt, hat am Ende dieser Periode das Ahornparkett seine maximale Fugenbildung bereits erreicht. Das Eichenparkett hat nur die Hälfte der Fugenbreite ausgebildet und kann dann zur Rückbildung die wärmeren und feuchteren Tage mitnehmen, die auf die Frostperiode folgen. Bei der Buche ist das Fugenbild sogar noch intensiver, weil das Schwindmaß noch deutlich über der Eiche liegt und die Feuchtewechselzeit noch etwas kürzer als bei Ahorn ausfällt. Für den Betrachter erschwerend kommen noch die Kontrasteffekte dazu, die dunkle Fugen im hellen Parkett besonders auffällig machen.

Was ist der holztechnische Unterschied, der Eiche so unkritisch erscheinen lässt?

Ein Schnitt quer zur Längsrichtung des Holzes zeigt die Lösung des Rätsels. Dazu betrachtet man unter dem Mikroskop bei einer ca. zehnfachen Vergrößerung die Holzstrukturen. Bei Ahorn und Buche sind die Holzporen annähernd gleichmäßig und in wenig geänderter Größe über den Jahrring verteilt. Diese Hölzer gehören somit zu den sogenannten "zerstreutporigen" Laubhölzern.

Bei Eiche (aber auch bei Robinie, Walnuss, Ulme und Kastanie) sind die Holzporen in einer Abfolge von großen Frühholzporen und kleinen Spätholzporen entsprechend der Jahrringgrenze angeordnet. Diese Hölzer gehören somit zu den sogenannten "ringporigen" Laubhölzern. Im Kernholz dieser Ringporer können glänzende Häutchen erkannt werden. Diese blasenförmigen Gebilde werden als Thyllen bezeichnet. Die besondere Aufgabe dieser Thyllen ist der Gefäßverschluss im Kernholz. Dadurch ist das Kernholz vor Schädlingsbefall geschützt und außerdem vor Flüssigkeitsverlust, da die Holzporen abgedichtet werden. Aus diesem Grund bleibt der Wein in einem Eichenfass, wogegen er aus einem Buchenfass durch das Holz hindurch auslaufen würde.

Für ringporige Fußbodenhölzer resultiert daraus das träge Verhalten in Bezug auf Feuchtewechsel. Die zerstreutporigen Fußbodenhölzer reagieren wegen der fehlenden Abdichtung durch Thyllen schnell und "nervös" auf Feuchtewechsel. Daher sind diese Hölzer bei beheizten Fußbodenkonstruktionen als kritische Parketthölzer einzuordnen. Der gestalterische Vorzug ihrer hellen Farbe wird durch die holzanatomischen Nachteile ihres unverthyllten, zerstreutporigen Aufbaus aufgehoben. Seit dem Vormarsch beheizter Fußbodenkonstruktionen sind die hellen Parketthölzer nur noch Nischenprodukte. Die Marktanteile erobert hat die gekalkte Eiche.
Was macht helle Hölzer so nervös?
Foto/Grafik: Stoldt
Bei hellen Parkettböden zeigen schon kleine Fugen einen auffallenden Kontrast.
Was macht helle Hölzer so nervös?
Foto/Grafik: Humm
Die Stieleiche zeigt im Hirnschnitt eine Abfolge großer Früh- und kleiner Spätholzgefäße. Die glänzenden Häutchen sind die sogenannten Thyllen.
Was macht helle Hölzer so nervös?
Foto/Grafik: Humm
Dieser Hirnschnitt zeigt die Struktur einer Spessarteiche.
Was macht helle Hölzer so nervös?
Foto/Grafik: Humm
Der Hirnschnitt einer Rotbuche zeigt kleine Früh- und Spätholzgefäße, die annähernd gleich groß sind.
Was macht helle Hölzer so nervös?
Foto/Grafik: Humm
Der Hirnschnitt eines Ahorns ähnelt der Buche, das Holz erscheint jedoch heller.
aus Parkett Magazin 05/21 (Holz)