SN-Home - 12/21
Umwelt bleibt ein Top-Thema
Selbst in Corona-Zeiten steht das Thema Umwelt weit oben auf der Tagesordnung. Das gilt nicht nur für Fridays for Future, sondern allgemein für die Verbraucher. Und auch Handel und Industrie fordern jetzt mehr Tempo beim Klimaschutz.
69 deutsche Handels- und Industrieunternehmen, Energieversorger, Versicherungen, Banken und Wohnungsbaugesellschaften sind Mitglied in der Stiftung 2°, benannt nach dem Ziel, die Erderwärmung auf 2 °C zu beschränken. Sie fordern im Oktober 2021 von der künftigen Bundesregierung eine „Umsetzungsoffensive für Klimaneutralität“: den Ausbau wichtiger Technologien, vor allem erneuerbarer Energien und dafür erforderlicher Stromnetze, klimafreundlicher Industrieanlagen und Verkehrsinfrastruktur sowie energetischer Gebäudesanierung.
„Insbesondere die Baubranche, die zu den emissions- und ressourcenintensivsten Wirtschaftszweigen gehört, hat das Potenzial, aktiv dazu beizutragen, dass Klimaschutzziele weltweit erreicht werden. Damit dieses Potenzial auch effektiv genutzt werden kann, braucht es jetzt schnelle und vor allem zielgerichtete Unterstützung durch die neue Regierung, um die notwendige Wende in der Klimapolitik zu vollziehen und wirksame Maßnahmen einzuleiten“, erklärt in diesem Zusammenhang Andreas Engelhardt, der mit seinem Unternehmen, dem Bauzulieferer Schüco, Teil der Initiative ist.
Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit
Eine solche Forderung wäre vor ein paar Jahren noch schwer vorstellbar gewesen. Jetzt liegt sie ganz im Trend der Zeit: Wenn etwas gegen den Klimawandel getan werden muss – und darin sind sich inzwischen fast alle einig –, dann doch bitte schnell und konsequent. Und vor allem planbar für die Wirtschaft, denn Industrie und Handel können nur schwer mit unkalkulierbaren Rahmenbedingungen leben.
Dem eigenen Image sind solche Forderungen ebenfalls nicht abträglich. Denn auch wenn Corona eine Zeitlang alle anderen Themen überlagert hat: Das Umweltbewusstsein ist in der Bevölkerung nach wie vor stark ausgeprägt. Die Einsicht, handeln zu müssen, und die Bereitschaft, sich selbst daran zu beteiligen, wachsen.
Verbraucher sehen Handlungsbedarf auch bei Industrie und Handel
Diese Einschätzung untermauert das Umweltbundesamt mit einer Studie zur Einstellung der Deutschen rund um Umwelt- und Naturschutz. „In allen Handlungsfeldern, die in der Befragung thematisiert wurden – also bei Ernährung und Landwirtschaft, Verkehr und Mobilität, dem wirtschaftlichen Strukturwandel sowie sozialen Aspekten im Bereich Wohnen und Bauen – sehen die Befragten große Handlungsbedarfe und stimmen den vorgestellten Maßnahmen überwiegend deutlich zu“, heißt es dort in der Zusammenfassung der Ergebnisse. Und weiter: „Dies kann als klarer Auftrag an die Politik interpretiert werden, eine ambitionierte und handlungsfeldübergreifende Umwelt- und Klimapolitik zu verfolgen und weitere dahingehende politische Maßnahmen mutig auf den Weg zu bringen und umzusetzen.“ Das klingt ganz wie die Forderung der Stiftung 2°.
In wieweit das Umweltbewusstsein auch den Konsum beeinflusst, hat die GfK 2020 für zehn europäische Länder untersucht, darunter Deutschland. Gefragt, wer den größten Einfluss habe, Umweltschäden zu kontrollieren und zu begrenzen, nannten nur 35 % die Regierung. 40 % sehen die Hersteller in der Verantwortung, 5 % den Handel und schließlich 20 % auch sich selbst, nämlich als Verbraucher. Zusammengenommen sind das 65 %, die direkt oder indirekt mit dem Konsum zu tun haben, entweder als Anbieter oder als Käufer.
Kinder und Jugendliche treiben den nachhaltigen Konsum
Interessanterweise sind es hauptsächlich die Kinder, die beim Thema Umwelt das Konsumverhalten beeinflussen. Laut GfK geben sie in 45 % der Haushalte Impulse für ein umweltverträglicheres Einkaufen und Konsumieren. Stichwort: Fridays for Future. Politiker (13 %), Medien und Influencer (13 %) oder Prominente (9 %) spielen für die Verbraucherentscheidung eine viel geringere Rolle.
Das hohe Umweltbewusstsein gerade in der jungen Generation spricht auch dafür, dass sich das Thema in der gesellschaftlichen Wahrnehmung und damit auf Verbraucherseite in Zukunft halten wird. Vielleicht von Zeit zu Zeit überlagert von akuten Problemen, wie das auch schon in der Vergangenheit der Fall war. Die seit 25 Jahren durchgeführte Analyse des Umweltbundesamtes nennt hier etwa die hohe Arbeitslosigkeit in den 1990er und Anfang der 2000er Jahre, die Wirtschafts- und Finanzkrise um 2010 oder die Flüchtlinge 2015, die den Umwelt- und Klimaschutz in den Hintergrund gedrängt haben (siehe Grafik).
Aber seitdem sich auch die internationale Politik das Klimaziel von maximal 1,5 °C Erderwärmung zu eigen gemacht hat und zu dessen Erreichen Maßnahmen beschließt und Vorgaben macht, wird endgültig klar: Es gibt bereits heute und wird in Zukunft noch mehr Druck geben von unten – durch die Verbraucher – und von oben – durch den Staat. Damit ist sicher, dass sich Märkte und Konsum dauerhaft verändern.
Thomas Pfnorr
Mehr Infos im Internet
-
Stiftung 2° (heute Stiftung Klimawirtschaft)
-
GfK-Studie „Who cares ? Who does ? Sustainability Concern and Action“ (in englischer Sprache)
-
Studie „25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort“ vom Umweltbundesam