Drapilux: Interview mit Dan Schmitz, Dr. Norbert Rehle und Markus Overbeck
"Drapilux 200 ist die umfangreichste Kollektion, die wir je auf den Markt gebracht haben"
Drapilux gehört zu den führenden Heimtextilienanbietern im Objektbereich. Bei der Marke der Schmitz-Werke hat sich in den letzten Monaten ohne viel Aufsehen ein Generationenwechsel vollzogen. Dan Schmitz, Sohn des Geschäftsführenden Gesellschafters Justus Schmitz, und Vertriebs- und Verkaufsleiter Dr. Norbert Rehle haben das Ruder übernommen. BTH Heimtex-Redakteurin Birgit Genz sprach mit den beiden und Marketingleiter Markus Overbeck über Profilschärfung, Markenkommunikation und die neue digitale Druckkollektion 200, die größte Objektkollektion, die Drapilux bislang auf den Markt gebracht hat.
BTH Heimtex: Herr Dr. Rehle, Sie sind vor zwei Jahren von Swarovski zu Drapilux gewechselt und haben hier die Verantwortung für den Vertrieb und Verkauf übernommen. Welche Erfahrungen haben Ihnen bei Ihrer neuen Aufgabe genutzt und welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Dr. Norbert Rehle: Wichtig ist, wie eine Marke positioniert ist. Swarovski ist ein Luxusgüter-Hersteller und ein Unternehmen mit einer starken Endverbraucher-Marke. Die ins Objektgeschäft zu bringen, war eine vergleichsweise einfache Aufgabe.
Die Heimtextilienbranche ist hingegen voll von Marken, über die keiner genau sagen kann, wie ihr Profil aussieht. Jeder macht alles, mischt überall mit.
Deshalb haben wir uns zunächst gefragt: Wo steht Drapilux? Die Antwort lautet: Drapilux ist als Marke für das Objekt vergleichsweise klar und gut positioniert. Sie steht für professionelle Anwendungsbereiche wie Krankenhaus und Altenpflege, zwar für das wohnliche Objekt, aber nicht so sehr für das private Wohnen. Beim Endverbraucher ist sie eher unbekannt. Das gilt aber auch für viele Entscheider in den Objekten.
Das wollen wir ändern, unser Profil dahingehend schärfen, dass Architekten automatisch an Drapilux denken, wenn es um professionelle Anwendungsbereiche geht. Wie wichtig Markenkommunikation ist, auch im Verkaufsgespräch, habe ich bei Swarovski gelernt und mitgebracht.
BTH Heimtex: Was haben sie dann geändert?
Dr. Rehle: Unsere Bildsprache hat sich dramatisch verändert. Unsere Wettbewerber haben in der Regel ein Fenster mit einem Vorhang, dann steht ein Designermöbelstück daneben, eine Blumenvase, vielleicht noch irgendein Accessoires - gerne eine Obstschale.
Dan Schmitz: Als wir das letzte Mal unsere Bildsprache geändert haben, haben wir Makroaufnahmen benutzt, um ein textiles Gefühl zu schaffen. Die findet man jetzt überall neben den Standardbildern aus dem Studio. Aber wir wollen der Konkurrenz voraus sein und da kam Norbert Rehle die Idee mit den zeitlosen Textilien.
BTH Heimtex: Was bedeutet das?
Markus Overbeck: Wir lösen das Textil aus den typischen Anwendungssituationen heraus, um die Sehgewohnheiten aufzulösen. In unserer neuen Druckkollektion wird der Stoff nicht in seiner klassischen Funktion gezeigt, sondern völlig verfremdet und in Verbindung mit Architektur.
Dr. Rehle: Die Zielgruppe der Architekten soll Stoff nicht als kurzlebiges Accessoire sehen, sondern als etwas von zeitloser Relevanz. Und als ein ebenso kraftvolles Gestaltungsmittel wie Beton, Stahl, Glas oder Holz.
BTH Heimtex: Das sind eher optische Korrekturen. Was hat sich strukturell geändert?
Dr. Rehle: Eine ganz wichtige Frage war, ob wir unsere finanziellen Mittel richtig einsetzen, um unsere Ziele zu erreichen. Welche Medien, welche Messen, welche Märkte sind die richtigen? Das hat zu schmerzhaften Einschnitten geführt. So haben wir in Großbritannien unsere Niederlassung geschlossen. Wir steuern den Markt jetzt direkt von Emsdetten aus und machen mit weniger Außendienstlern den gleichen Umsatz.
BTH Heimtex: Welche Messen sind denn heute noch für Sie interessant?
Dr. Rehle: Wir gehen dort auf Messen, wo wir neue Länder, neue Märkte oder neue Segmente entwickeln wollen bzw. mit den Entscheidern sprechen können. Das sind in Deutschland in erster Linie die Altenpflege, die Pflege und Reha und in der Schweiz die Ifas. Auf Veranstaltungen wie der Heimtextil oder Mood treffen wir in der Regel Kunden, die unser Außendienst ohnehin regelmäßig besucht.
BTH Heimtex: Mit Drapilux haben Sie schon 2006 eine Neuausrichtung in den Objektbereich vorgenommen. Die Raumausstatter waren ein Teil davon. Welche Rolle spielen sie heute in Ihrem Konzept?
Schmitz: Mit der zunehmenden Orientierung ins internationale Objekt muss auch klar sein, dass der klassische Fachhandel, der auf das private Wohnen ausgerichtet ist, für uns an Bedeutung verliert. Wir müssen uns auf die Händler konzentrieren, die im Objekt aktiv sind. Und das sind erschreckend wenige. Im Markt ist noch nicht angekommen, dass für klassische Raumausstatter ein immenses Potential gerade in kleineren Objekten liegt, die nicht erst in die Ausschreibung gehen. Nur wenige spezialisieren sich darauf, aber für die wollen wir der Lieferant sein.
BTH Heimtex: Unterstützen Sie den Raumausstatter dabei, im Objekt Fuß zu fassen?
Schmitz: Als professioneller Partner können wir prozessbegleitend unter die Arme greifen. Ein Objekt abzuwickeln ist nicht ohne. Da gibt es strukturelle Parameter, die man besser sauber einhält. Mit einem zusätzlichen Muster ist das nicht getan.
BTH Heimtex: Bitte etwas konkreter.
Dr. Rehle: Erstens: Es geht hier nicht um eine Materialschlacht am POS. Sinnvoller ist es, unseren Partnern durch Schulungen und Qualifikationsmaßnahmen das Rüstzeug für ein erfolgreiches Objektgeschäft zu vermitteln. Wir entwickeln gerade ein entsprechendes Konzept, mit dem Raumausstatter lernen werden, ins Objekt zu verkaufen.
Zweitens: Unsere Objektberater werden zu Gesprächen mit Architekten oder Betreibern von Altenpfelgeeinrichtungen auch den örtlichen Raumausstatter mitnehmen und ihm so Türen öffnen und Möglichkeiten aufzeigen. Davon werden auch wir auf mittlere Sicht profitieren, denn wir sind auf starke Partner im Fachhandel angewiesen. Unsere Objektberater können nur eine begrenzte Zahl an Objekten generieren. Für noch mehr Wachstum brauchen wir den Raumausstatter.
BTH Heimtex: Was erwarten Sie dafür von den Fachhändlern?
Schmitz: Wenn wir bei einem Raumausstatter fragen, wie eine neue Produktlinie angelaufen ist, und die Antwort lautet "Danach hat keiner gefragt", ist das für uns ein Albtraum. So etwas kann sich heute kein Händler und das können wir uns auch nicht mehr erlauben. Der Markt ist härter geworden. Zeit spielt eine große Rolle; wir haben immer weniger davon, um zum Erfolg zu kommen. Deshalb müssen wir und unsere Partner effizienter sein, die Zeit besser nutzen. Da sehen wir Potential und daran arbeiten wir.
BTH Heimtex: Bei der Neubemusterung denken Sie seit Jahren nur an das Objekt. War dieser Schritt richtig?
Schmitz: Ja. Bei der Erstausstattung von Neubauten geht alles über den Preis. Dabei wollten wir nicht mit machen und haben uns eine Nische im Objekt gesucht, zu der unsere Produkte passen. Wir haben über Drapilux Air und Drapilux Bioaktiv besondere technische Merkmale, die hervorragend funktionieren und die gerade im Healthcare- und im Seniorenbereich eine hohe Akzeptanz finden.
BTH Heimtex: Womit wir beim Produkt wären. Was gibt es Neues?
Schmitz: Wir haben einige Zwischenkollektionen gemacht, die ziemlich stark im Healthcare Bereich unterwegs sind. Anfang des Jahres hatten wir eine Kinderkollektion mit der Stoßrichtung Kinderkliniken. Unser Klinikpaket aus dem Januar ist sehr gut angelaufen. Wobei wir feststellen, dass sich die Grenzen zwischen Hotellerie und Altenpflege zunehmend verwischen. Es gibt immer mehr Pflegeheime, die sich Hotelcharakter geben wollen, es gibt in der Hotellerie immer mehr Konzepte, die sich auf Senioren und Best Ager konzentrieren. Unsere Ausrichtung ins wohnliche Objekt kommt uns jetzt zugute.
BTH Heimtex: Kommen wir zu den neuen Druckstoffen...
Dr. Rehle: Eine unserer Stärken als Hersteller ist, dass die Kunden bei der Produktion von Stoffen jenseits der Norm selbst mitgestalten können. Das geht aufgrund unserer technischen Kompetenz sowie kurzer Kommunikations- und Entscheidungswege sehr schnell.
Außerdem macht der Digitaldruck inzwischen Dinge möglich, die bis dato nicht zu realisieren waren - auch bei kleinen Mengen. Wir haben uns deshalb schnell entschieden, diese Technologie einzusetzen, in einem ersten Schritt mit Creative Ink. Hier können eigene Motive, Fotos oder Logos problemlos umgesetzt werden. Alle Stoffe werden in Deutschland produziert und sind bereits ab wenigen Metern erhältlich. Bei größeren Bestellungen können auch Textilien mit den Zusatzfunktionen zur Luftreinigung oder für mehr Raumhygiene geordert werden.
Schmitz: Wir haben uns mit tintenbasiertem Thermotransferdruck und Direktdruck zweigleisig aufgestellt. So sind wir extrem flexibel.
BTH Heimtex: Die neue Kollektion heißt 200. Ein eigenwilliger Name...
Dr. Rehle: Sie basiert auf einem Textildruckverfahren, bei dem die Farbe mit 200C auf den Stoff aufgetragen wird. Das ist die Temperatur, bei der sich die Farbe vom Transferpapier in gasförmigen Zustand umwandelt und ins Gewebe diffundiert - und die der Kollektion ihren Namen gegeben hat.
Wir haben sechs Designthemen formuliert, die Dessins sind größtenteils im eigenen Atelier entstanden. Aber es gibt auch Dessinierungen von externen Textildesignern, aus der Fotografie oder grafische Elemente aus der Computerwelt. Das alles wurde von unserem Atelier dann zum fertigen Produkt weiterentwickelt. Wir können alle Designs auch in 3 m Breite herstellen und bekommen dadurch einen Druck, der von der Decke bis zum Boden geht. Wir drucken quasi die Breite in die Höhe.
Was die Vielfalt angeht, ist das sicher das Umfangreichste, was die Schmitz-Werke je in einer Saison auf den Markt gebracht haben: insgesamt 140 verschiedene Varianten. In den Händen des versierten Raumausstatters ist das eine mächtige Verkaufsmaschine.
Wir machen jetzt an zwei Standorten Events zur Vorstellung der Kollektion, wo wir jede dieser Textilien zeigen werden. Denn richtig beeindruckend wird es erst, wenn man die Stoffe anfassen kann. Ich habe noch nichts vergleichbares auf dem Markt gesehen.
BTH Heimtex: Da fällt es unter Umständen schwer, die Übersicht zu behalten.
Dr. Rehle: Das ist richtig. Die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass viele Kunden erst lernen müssen, damit umzugehen. Deshalb gibt es jetzt ein modulares System, mit dem wir die ganze Vielfalt an Designs in verschiedenen Breiten und auf sieben verschiedenen Grundwaren anbieten. Der Kunde muss nur noch entscheiden: dieses Design in dieser Farbvariante auf dieser Grundware und in dieser Breite. Natürlich sind individuelle Design- und Farbwünsche möglich.
Eigentlich ist fast alles möglich, aber auf den sieben Grundwaren bestehen wir. Die sind geprüft, die Farben sind kalibriert und fallen in drei Jahren ebenso aus wie heute.
BTH Heimtex: Und wie sieht es mit der Präsentation im Laden aus?
Dr. Rehle: Wir bieten ein sehr gut durchdachtes Musterpaket, das das Modulare, die Kombinationsvielfalt der Kollektionvermittelt und gleichzeitig den Verkaufsprozess in die richten Bahnen lenkt. Mit Musterfensterlösungen unterstützen wir aber ebenso. Darüber hinaus ist der Fachhändler mit seiner Beratungskompetenz gefordert - und mit seiner Begeisterung für das Produkt. Er muss begreifen, was er da in Händen hält.
Außerdem wird er investieren müssen; keine großen Beträge, aber dieses Paket muss der Raumausstatter kaufen.
BTH Heimtex: Sprechen wir zum Abschluss noch über die aktuelle wirtschaftliche Situation und die Zukunft. Wie ist das Jahr 2012 bisher für Drapilux gelaufen?
Dr. Rehle: Wir sind auf Vorjahreskurs. Vielleicht schaffen wir ein ganz kleines Plus.
In Deutschland haben sich unsere Erwartungen überhaupt nicht erfüllt. Das gilt auch für die Eurozone, wobei der Export insgesamt ganz gut läuft. Wir verdanken das dem Geschäft im Mittleren Osten, in Russland und China. Unsere Exportquote liegt bei 46 % und ist damit gestiegen.
BTH Heimtex: Statten Sie im Ausland eher Gesundheitseinrichtungen oder mehr Hotels aus?
Dr. Rehle: Das ist von Land zu Land unterschiedlich. In China sind es Schiffsbau - Stichwort: Brandschutz - und die Hotellerie. Im Nahen und Mittleren Osten entwickelt sich das Segment Healthcare besonders gut. Heute fliegen die Scheichs für eine Operation nicht mehr nach München.
BTH Heimtex: Es ist ja schon angeklungen: Sie haben zuletzt kräftig investiert...
Schmitz: 2011 waren es 4,7 Mio. EUR, 2012 werden es 5,5 Mio. EUR sein. Eine halbe Million ging in die Drucktechnologie, der Rest in Automatisierung, firmeninterne Logistik und natürlich neue Produkte. 2013 planen wir ähnliche Summen. Insgesamt tut sich sehr viel bei den Schmitz-Werken. Wir haben neue Produktsegmente im Sortiment und da sind Investitionen nötig.
BTH Heimtex: Was erwarten Sie von der Zukunft?
Dr. Rehle: Angesichts der konjunkturellen Lage wird der Kuchen nicht größer. Aber wir möchten uns mit der neuen Druckkollektion ein größeres Stück davon abschneiden.
Wir wollen mit Drapilux in dieser eher unstrukturierten und unübersichtlichen Branche der ruhende Pol sein. Der, von dem man weiß, wofür er steht und wo er hin will. Der sich klar auf das Objektgeschäft fokussiert, aber auch zum Fachhandel bekennt und gemeinsam mit diesem vor allem Kliniken und Pflegeeinrichtungen ausstattet.
Die neue Drapilux-Kollektion im Baukastensystem
"Menschen wünschen sich eine Einrichtung, die exakt ihren Bedürfnissen und der eigenen Persönlichkeit entspricht", erklärt Trendexpertin Kirstin Herrmann, Leiterin des Drapilux Designateliers. Möglich macht das die neue Drapilux-Kollektion 200, die als Kombination von 7 hochwertigen Grundgeweben und 6 Themenwelten mit unterschiedlichen Dessins und Kolorits insgesamt rund 1.500 Dekostoffe umfasst. Um dabei die Übersicht nicht zu verlieren, hat Drapilux ein Baukastensystem entwickelt.
In einem ersten Schritt wählt der Kunde zwischen sieben verschiedenen Materialien - je nach gewünschter Funktion oder Lichtgebung. Nach Auswahl der Grundware fällt die Entscheidung für eine Themenwelt sowie für die jeweilige Räumlichkeit passende Farbgebung. Schritt für Schritt entstehen so individuelle Dekostoffe.
Insgesamt bietet Drapilux 200 sechs unterschiedliche Themenwelten: Die eher emotionalen von Summer in Smland, Trip to Cornwall oder Alpine Garden stehen neben den designorientierten Cyberworld, Northern Lights und Blueprints. "Wir haben uns von aktuellen Trends, der Literatur aber auch Städtetrips inspirieren lassen", erklärt Herrmann. "Das Ergebnis sind Dessins mit verschiedenen Handschriften - gezeichnete, gemalte, aquarellierte, grafische, florale, kleingemusterte und großrapportige."
Drapilux Daten und Fakten
Drapilux ist eine Marke der
Schmitz-Werke GmbH + Co. KGHansestraße 87
48282 Emsdetten
Tel.: 02572 / 9 27-0
info@drapilux.com
www.drapilux.de
Geschäftsführender Gesellschafter Schmitz-Werke: Justus Schmitz
Mitglied der Geschäftsleitung Drapilux: Dan Schmitz
Vertrieb und Verkauf: Dr. Norbert Rehle
Marketing: Markus Overbeck
Leitung Digitaldruck: Andreas Rauß
Mitarbeiter Schmitz-Werke: 770
davon Drapilux: 44
Konzernumsatz 2011: 107,5 Mio. EUR.
Sortiment:
-flammhemmende Dekorations- Gardinen- und Möbelstoffe mit zusätzlichen Funktionen
-Druckstoffe für den Objektbereich
aus
BTH Heimtex 11/12
(Wirtschaft)