Beispielhaft: Der Parketthersteller Margaritelli
Parkett der Spitzenklasse made in Italy
Vorzeigeunternehmen, Ausnahmefall - vom italienischen Parketthersteller Margaritelli in Superlativen zu sprechen, fällt keinem schwer, der das Unternehmen einmal besucht hat. Nach wie vor gilt: Margaritelli produziert Parkett der Spitzenklasse. Der "Musterbetrieb" begreift sein Produkt als perfekte Symbiose aus Natur und Kultur und ist entschlossen, diese "Kulturleistung" hochzuhalten und nicht dem Preiskampf auszuliefern. Ausdruck dieses Willens ist u.a. das Konzept der Listone-Giordano-Shops.
Margaritelli reiht sich ein in die Phalanx inhabergeführter Unternehmen, die einen unverwechselbar italienischen Stil geprägt haben und damit international erfolgreich geworden sind. Dieser Stil ist die Summe aus Freude an Design, technischer Perfektion, selbstbewusster Unternehmensphilosophie und teilweise bahnbrechenden Konzepten.
HighTech meets Mittelalter
Die Provinz Umbrien mit der mittelalterlichen Universitätsstadt Perugia, rund 200 km nördlich von Rom, rechnet mancher eher dem Süden zu. Wenige Kilometer von Perugia entfernt versetzt indes Margaritelli in eine Welt, die Italiens Norden zu wirtschaftlicher Blüte verholfen hat. Das Parkettwerk in Miralduolo di Torgiano und der Listone- Giordani-Shop in Magione wirken wie feingeschliffene Diamanten in einer Umgebung, die von Landwirtschaft und Städten mit mittelalterlichen Palazzi und Kirchen beherrscht wird. Zwar gibt es hier auch leistungsfähige Unternehmen, aber keines gleicht Margaritelli.
Händler und Handwerker, die das Parkettwerk bei Kundenreisen kennenlernten, bringen ihre Eindrücke auf den gleichen Nenner: Einzigartig!
Seitdem der mächtige vollklimatisierte und vollautomatisierte Logistik-Neubau hinzugekommen ist, hinterläßt der gesamte Werkskomplex noch größere Wirkung. In das Hochregallager, das 750.000 qm fasst, wird kaum mehr als ein kurzer Einblick gewährt; bereits äußerlich wirkt der Bau wie ein Hochsicherheitstrakt - allerdings mit der Eleganz eines Luxusliners.
Das Verlangen nach blitzblanker Ordnung und absoluter Präzision bestimmt die gesamte Produktion. Laborverhältnisse außen wie innen: Auf dem gesamten Werksgelände kein Stäbchen, kein Stäubchen, in den Produktionshallen disziplinierte Arbeitsfreude. Wer bei Margaritelli arbeitet, gehört zu einer Elite und hat Grund, stolz darauf zu sein.
Heute produziert Margaritelli Zweischichtparkett in Italien und nach den gleichen Qualitätskriterien dreischichtiges Parkett in Frankreich (Parqueterie Bérichonne). Der Produktion vorgeschaltet ist das unternehmenseigene Laubsägewerk in Fontaines/ Frankreich - ein Paradeunternehmen wie das Werk in Italien. Von dort kommen die von Margaritelli verarbeiteten Decklagen.
Visionäre und leidenschaftliche Macher
Ohne ausgeprägte Persönlichkeiten ist ein solches Unternehmensprofil nicht möglich. Den Eindruck fast unnahbarer Perfektion, den das Unternehmen vermittelt, relativieren die Menschen, die die Marke Listone Giordano zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Diese Menschen waren leidenschaftliche Macher und - hier ist der Begriff angebracht - Visionäre. An erster Stelle zu nennen: Guiseppe Margaritelli und Prof. Guglielmo Giordano, beide begeisterte Holzliebhaber und ideenreiche Perfektionisten. Professor Giordano fand das Prinzip, nach dem der Unternehmer Margaritelli den weltweit ersten zweischichtigen Parkettstab für vollflächige Verklebung entwickelte. Eine kleine Sammlung historischer Schriftstücke, Werkzeuge und Artefakte, die in Magione gezeigt wird, dokumentiert den Siegeszug des Listone Giordano Parketts von den Anfängen bis zur weltweiten Verbreitung. 1984 entstand der erste Prototyp des neuen Parkettstabes. Die Serienproduktion begann 1985.
Margaritelli ist ein Familienunternehmen nach italienischer Tradition, in dem Familienmitglieder stets wichtige Funktionen ausüben: Dario und Fernando Margaritelli im Engineering-Bereich, Maria Antonia Margaritelli, die Ehefrau von Guiseppe Margaritelli, in der Exportabteilung. Familien- und Firmenoberhaupt Guiseppe Margaritelli selber ist seit einiger Zeit Präsident des Unternehmens. Seine Energie und sein Einfluß bleiben sichtbar, aber das operative Geschäft liegt inzwischen in den Händen der Nachfolgegeneration: Luca Margaritelli obliegt Geschäftsführung und Produktpolitik, Andrea Margaritelli leitet Marketing und Vertrieb.
Ein "Mann der ersten Stunde", der als 20-Jähriger bereits mit Prof. Giordano zusammenarbeitete, ist Francesco Marinacci, heute Generaldirektor des Werks. Bis heute ist er für Innovationen zu begeistern. In zwanzig Jahren trug er so maßgeblich dazu bei, Listone Giordano Parkett nicht nur zu einem Begriff, sondern fast schon zur Legende zu machen. Inzwischen steht Margaritelli vor der Herausforderung, die Einzigartigkeit seines Produkts - längst nicht mehr das einzige seiner Art - nachdrücklich zu behaupten. Daran arbeiten u.a. auch Exportleiter Gianluca Gargaglia und Luca Stacchiotti, der speziell für den Europa-Vertrieb und die deutschsprachigen Länder zuständig ist.
"Durch und durch durchdacht"
Eine Besonderheit des Listone Giordano-Parketts liegt in der speziellen, in Fontaines praktizierten Sägemethode. Der Riftschnitt bzw. "Moreau-Schnitt" beschreibt den Querschnitt eines geviertelten Rundholzes mit daraus gesägten Lamellen mit aufrecht stehenden Jahresringen. Der Wettbewerbern erkennt das "unübertroffene Knowhow" in Fontaines an. Ausnahmslos europäische Holzarten werden dort gesägt. Importierte Hölzer, darunter die Exoten, werden bislang als Schnittware bezogen.
Aber es gibt bereits Pläne, in Südamerika ein eigenes Sägewerk zu installieren und damit die Erfahrung und Produktqualität aus Fontaines zu übertragen. Viele dortige Holzarten sind für die Parkettproduktion gut geeignet und wirtschaftlich interessant, weil das Angebot an FSC-zertifiziertem Holz bereits relativ umfangreich ist. Schon jetzt hat Margaritelli als neue Holzarten Cabreuva, Sirari und Morado ins Lieferprogramm aufgenommen. Wegen guter Beziehungen zu Greenpeace, die Margaritelli nicht strapazieren möchte, wird auf gefährdete afrikanische Holzarten möglichst verzichtet. Aformosia gibt es nicht mehr, Wenge ist ohnehin schwer zu beschaffen und wird durch Panga Panga ersetzt, an die Stelle von Doussie soll mittelfristig Sirari treten.
Die Sperrholzträgerplatten kommen größtenteils aus Finnland. Das Birkensperrholz ist, abhängig von den Abmessungen der herzustellenden Stäbe, 6 mm oder 9 mm dick (fünf- oder achtfach verleimt) und unterliegt einer strengen Eingangskontrolle: Werkseigene Besonderheit ist die Ultraschallprüfung, die Mängel in der Verleimung aufspürt. Zudem läuft nichts ohne den Nachweis eines gleichbleibend homogenen Feuchtegehalts.
Untadelige Sperrholzträger, die in die Produktion gelangen, werden auf der Unterseite fein und auf der Oberseite, wo es beim Verleimen auf ein optimales Haftvermögen ankommt, etwas weniger fein geschliffen. Die Verleimung erfolgt bei nur 40 Grad C und wird bei besonders empindlichen Holzarten sogar noch geringer eingestellt. Die auf jede Holzart individuell abgestimmte Dosierung von Wärme, Druck und Pressdauer gehört mit zu den Qualitätsrezepten von Margaritelli. Der sensible und schonende Umgang mit Holz macht eine Ruhezeit nach dem Pressvorgang entbehrlich. Die Produktion im Werk bei Perugia führt die Trägerplatten mit den Decklagen aus Fontaines zusammen. In Miralduolo werden die 6 mm-Decklagen sorgsam getrocknet und fünffach sortiert.
Jetzt kommen auch geölte Oberflächen
Die Oberflächenbehandlung bot bis vor kurzem - neben der mit 20 % relativ häufigen rohen Ausführung - nur die versiegelte Variante. Sie folgt einem speziellen Verfahren. Per Walzenauftrag werden vier Grundierungen mit jeweils nachfolgender UV- Härtung und anschließendem Zwischenschliff vorgenommen, bevor die dreifache Verschleißschicht im Walzenauftrag aufgebracht wird. Das Verfahren hat sich seit 1992 bewährt. Erst in letzter Zeit haben neue Produkte zu Abwandlungen geführt: Der Lack ist noch strapazierfähiger geworden, und der Glanzgrad wurde reduziert - was selbst die Hochglanz-gewohnten Südeuropäer inzwischen akzeptieren.
Sogar bei geölten Böden ist Südeuropa auf den Geschmack gekommen. Für Margaritelli war dies der Zeitpunkt, um erstmals eine geölte Oberfläche anzubieten: "Natürlich nicht UV-getrocknet, sondern in konventioneller Weise geölt", wie hervorgehoben wird. Die entsprechende Landhausdiele aus antikisierter Eiche oder Lärche, die ab April aus der Parqueterie Bérichonne kommt, wurde auf der Münchener Bau vorgestellt. Als nächstes Margaritelli-Produkt ist "Plank" für eine geölte Oberfläche vorgesehen.
Für Margaritelli eröffnet sich mit Öl eine neue Perspektive - auch für das Thema Natur und Kunst. Davon zeugt das künstlerische Design, das sich das Unternehmen beim Firmenauftritt, in der Werbung und bei der Gestaltung der Listone-Giordano-Shops zugelegt hat. Und dazu passt auch, dass sich Giuseppe Margaritelli in Italien als Kunst- und Kulturmäzen engagiert. Voraussetzung dafür ist der wirtschaftliche Erfolg. Als ein Vorbild mag Benetton gelten: Die Autobahn-Raststätten in Italien wandelten unter seiner Regie innerhalb kurzer Zeit ihr "Spelunken"-Image total. Vor allem aber wurde Benettons Shop-Konzept wegweisend - auch für Margaritelli.
aus
Parkett Magazin 01/03
(Wirtschaft)