Interview mit Justus Schmitz und Bernd Möller

"Wir freuen uns mit dem Deco Team auf den Publikumstag"


BTH: 2001 war kein leichtes Jahr für die Branche. Wie haben Sie abgeschnitten?

Justus Schmitz: Umsatzmäßig lagen wir 2000 knapp über 200 Millionen DM in der Gruppe. Dieses Jahr werden wir einen Planumsatz von 220 Mio. DM erreichen - mit unserer neuen Tochter Pippig & Reichel.

Bernd Möller: Die Branche hat in diesem Jahr im Dekobereich ein Umsatzminus von 6 % und bei der Gardine sogar von 11 % hinnehmen müssen. Dagegen konnten wir uns noch ganz gut schlagen. Wir führen das darauf zurück, das wir immer regelmäßig in neue Kollektionen und neue Materialien investiert haben. Trotz Schwankungen innerhalb der einzelnen Quartale steigen wir in diesem Jahr im Inland mit einem kleinen Plus aus, schließen im Ausland allerdings mit einem kleinen Minus ab. Im Objektgeschäft fehlten uns in diesem Jahr die herausragenden größeren Aufträge. Trotzdem konnten wir hier ebenfalls ein kleines Plus gegenüber dem Vorjahr erwirtschaften.

BTH: Eigentlich zieht das Geschäft nach dem obligatorischen Sommerloch im September wieder an. Dieses Jahr nicht, vielmehr war der September ausgesprochen schlecht. Viele machen die Terroranschläge vom 11. September dafür verantwortlich. Ist das tatsächlich so oder werden sie nur als Grund vorgeschoben?

Schmitz: Nein, die internationale Situation im September hat sich tatsächlich sehr negativ ausgewirkt. Nach dem 11. September waren die Geschäfte katastrophal. Wir hatten Einbrüche im zweistelligen Bereich und für den Rest des Septembers ist unser Auftragseingang zm 25 % zurückgegangen. Die Reaktionen kommen beim Verbraucher aus dem Bauch heraus. Wir erleben derzeit eine Art Angstsparen beim Verbraucher.

Möller: Seitdem hat sich die Situation wieder stabilisiert - zumindest was das Inlandsgeschäft von Drapilux angeht. Ich denke, wenn wir im neuen Jahr die Euro-Umstellung hinter uns haben, wird auch wieder mehr Zuversicht beim Verbraucher herrschen.

BTH: Mit welchen Erwartungen gehen Sie überhaupt in das Jahr 2002?

Schmitz: Parameter dafür, dass das kommende Jahr besser wird, erkenne ich zur Zeit nicht. Ein Bruttoinlandsprodukt von 0,7 % Wachstum lässt sich für das kommende Jahr keine positiven Erwartungen zu.

Letztlich leben wir von zwei Faktoren: Am wichtigsten ist für uns das Verbraucher-Vertrauen - darin, dass sein Arbeitsplatz sicher ist und die Wirtschaft einigermaßen läuft.

Und dann muss es uns gelingen, mehr Aufmerksamkeit für unsere Produktsparte zu wecken. Wir können auf die Dauer nicht akzeptieren, dass ein so wichtiger Bereich wie Wohnen und Einrichten immer wieder hinter Urlaubsreisen und Autos zurücksteht. Deshalb machen wir ja jetzt diese aufwändige Aktion mit dem Publikumstag auf der Heimtextil. Das ist eigentlich eine Art Selbstverteidigung. Welche andere Waffe haben wir den sonst gegen die anderen Branchen, als dass wir gemeinsam ein Event inszenieren und versuchen, möglichst große Aufmerksamkeit zu erzielen?

BTH: Die Deko- und Gardinenbranche ist lange von der Konjunkturflaute relativ verschont geblieben. Inzwischen hat es sie auch mit voller Wucht getroffen: Fusionen, Übernahmen, Kostenspar-Programme sind die Folge. Was sind - außer den Konsumunlust, unter der alle leiden - die hausgemachten Probleme der Branche?

Schmitz: Die hohe Lagerhaltung und die überlange Produktion werden zum Problem - gerade bei sehr modischer Ware mit einer Lebensdauer von zwei, maximal drei Jahren. Modetrends nehmen keine Rücksicht auf Produktionskapazitäten.

Und wo bleiben die Überhänge einer Produktion? Früher gingen sie in den Libanon oder nach Singapur; mittlerweile sind diese Märkte relativ anspruchsvoll geworden und wollen auch nur noch aktuelle Ware haben...

Möller: Bei Drapilux laufen viele Artikel über fünf, sechs, teilweise sieben Jahre. Man muss eine gesunde Mischung haben, damit sich das ganze System der hohen Lagerhaltung rechnet.

BTH: Auch Sie haben zugekauft. Wie weit ist Ihre Tochter Pippig & Reichel integriert? Haben Sie Synergie-Effekte realisieren können?

Schmitz: Ich wollte Pippig & Reichel gerne im Unternehmensverbund haben, um die Planung von neuen Artikeln wirklich langfristig gestalten zu können. Dabei sollte Pippig & Reichel immer eigenständig und autark bleiben, auch der Vertrieb soll autonom bleiben. Dazu haben wir zunächst einen Geschäftsführer gesucht und es ist und auch gelungen, einen wirklich guten zu gewinnen, der insbesondere bei Möbelstoffen gelungene neue Kollektionen aufgelegt hat.

Synergie-Effekte zu realisieren, ist nicht ganz einfach. Wir arbeiten aber daran, Vorteile in der EDV-Struktur und im Marketing zu schaffen. Auch tauschen wir Artikel aus; so soll Pippig & Reichel einige Stoffe speziell für Drapilux entwickeln.

BTH: Nicht nur in der Industrie findet ein Umbruch statt, auch die Handelslandschaft verändert sich tiefgreifend. Spüren Sie das bei Ihren Kunden? Hat sich Ihre Kundenstruktur verändert?

Möller: Nein, trotz erkennbarer Veränderungen innerhalb der Vertriebsschienen hat sich die Kundenstruktur bei Drapilux dank hoher Loyalität kaum verändert. Der Schwerpunkt liegt nach wie vor im spezialisierten Facheinzelhandel, der das gesamte Servicespektrum abdeckt. Seit einigen Jahren gehen wir hier in Richtung selektiver Vertrieb und bauen auf die Kunden, die sich auch mit uns identifizieren. Bau- und Heimwerkermärkte oder ähnlich gelagerte Großvertriebsformen bedienen wir bewusst nicht.

BTH: Was heißt selektiver Vertrieb? Wie unterstützen Sie denn Ihre Zielkunden bzw. binden Sie an sich?

Schmitz: Unsere etwa 5.000 aktiven Kunden wissen, dass reine Handwerkskompetenz heute gegenüber dem Endverbraucher nicht mehr ausreicht; man muss beispielsweise auch Kompetenz in der Farbberatung besitzen. Wir wollen unsere Kunden hier qualifizieren und veranstalten deshalb Schulungen mit einer Raumausstattermeisterin, die gleichzeitig auf Farbpsychologie spezialisiert ist.

Auf gute Resonanz ist auch Drapilux-Dialog beim Fachhandel gestoßen. Dieses Dekoset, das aus Display, Verbraucherbroschüre und Dekoschals besteht, bieten wir unseren Kunden seit letztem Frühjahr an.

Im Objektbereich demonstrieren unsere Objektberater Kompetenz durch Trendcollagen. Diese Trendkollektion gibt es als Folder in vier Farben.
Möller: Wir konzentrieren uns auf den klassischen Fachhandel, der das gesamte Servicespektrum abdeckt. Seit einigen Jahren gehen wir hier in Richtung selektiver Vertrieb und bauen auf die Kunden, die sich auch mit uns identifizieren.

BTH: Haben Sie auch unter den Verbrauchern einen "Wunschkunden" für Drapilux definiert?

Möller: Als kompetenter Nischenanbieter von individuellen hochwertigen Raumkonzepten bedienen wir als Zielgruppe den modisch aufgeschlossenen Verbraucher von etwa 30 Jahren mit einem Wohnstoffprogramm im mittleren bis gehobenen Genre. Den Sortimentsschwerpunkt bilden Spezialitäten im Bereich buntgewebter Stoffe in zeitgemäßem Design.

BTH: Zur Heimtextil 2002 präsentieren Sie sich zum ersten Mal mit dem Deco Team. Warum sind Sie erst jetzt beigetreten? Was hat vorher dagegen gesprochen?

Schmitz: Warum erst jetzt? Die Antwort ist ganz einfach. Das wesentliche Marketingkriterium bei Deco Team war der Auftritt auf der Heimtextil-Messe. Wir hatten aber einen sehr attraktiven Stand an prominenter Stelle direkt am Eingang - den wir eigentlich nicht ungestraft aufgeben konnten. Das ist der einzige Grund, warum wir nicht schon früher beim Deco Team eingestiegen sind.

Möller: Außerdem hoffen wir, dass wir mit Deco Team auf dem Publikumstag einen guten Zugang zum Verbraucher haben werden.

Schmitz: Wobei uns klar ist, dass man schon einen gewaltigen Etat braucht, um den Verbraucher wirklich zu erreichen. Diese Größenordnung haben wir noch nicht, aber ich hoffe, dass wir trotzdem etwas bewirken können

BTH: Denken Sie da an Gemeinschaftswerbung?

Schmitz: Die Idee Gemeinschaftswerbung läuft im Grunde separat. Dafür bräuchten wir mehr grosse Anbieter mit im Boot. Und die zum Beitritt zu bewegen wird mühsam, zumal die zum Teil eigenen Verbraucherkampagnen fahren, wie Ado - die übrigens der ganzen Branche nutzt, wie ich glaube.

BTH: Es muss ja nicht gleich eine Gemeinschaftswerbung mit den üblichen und bekannten Problemen sein. Sinnvoll wäre aber sicher, wenn Deco Team über den Messe-Auftritt hinaus in irgendeiner Form aktiv wäre.

Schmitz: Sie haben Recht: Es genügt nicht, wenn wir nur einmal einen Anstoss für den Fachbesucher und auf dem Publikumstag geben, wo es vom Zufall abhängt, wer dorthin kommt und wer nicht. Wir müssen Botschaften hin zum Verbraucher tragen, nicht nur einen Anstoß geben.

Es muss uns gelingen, mehr Aufmerksamkeit für unsere Produktsparte zu wecken. Wir können auf die Dauer nicht akzeptieren, dass ein so wichtiger Bereich wie Wohnen und Einrichten immer wieder hinter Urlaubsreisen und Autos zurücksteht.
aus BTH Heimtex 12/01 (Wirtschaft)