Tyrler seit 1825 Studio Handels GmbH - Vorbildliches Nachhaltigkeitskonzept 2025
Tyrler seit 1825, Innsbruck
Nachhaltigkeit ist kein Waldspaziergang
Beim Tyrler in Innsbruck, dem Fachgeschäft für Bettwäsche und Heimtextilien, wird mit viel Enthusiasmus alles dafür getan, so nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Das fängt beim Reinigungs- und Reparaturservice an und gipfelt in der C2C-zertifizierten Produktlinie unter der Eigenmarke Mary Rose, deren Heimtextilien zu einhundert Prozent biologisch abbaubar sind.
Im Herzen der Innsbrucker Altstadt, im österreichischen Tirol, befindet sich das Traditionshaus Tyrler. 2002 bezogen der heutige Geschäftsführer Dr. Karl Gostner und sein Mitinhaber Stefan Grabher mit ihrem Team die 500 Quadratmeter große Verkaufsfläche. 2025 wird 200-jähriges Jubiläum gefeiert, denn gegründet wurde das Fachgeschäft 1825 von Peter Tyrler, der die Leitung an seine Tochter Notburga übergab. Es war also eine Frau, die den Grundstein legte. Nicht weniger modern als eine weibliche Firmenleitung im 19. Jahrhundert, ist der hohe Stellenwert, der bei Tyrler längst der Nachhaltigkeit eingeräumt wird.
Dass Nachhaltigkeit in ausgewählten Bettenfachgeschäften ein alter Hut ist, wird auch hier deutlich. Seit vielen Jahrzehnten werden bei Tyrler Daunendecken und -kissen gereinigt. „Zwanzig Jahre lang stand ich teilweise selbst an der Maschine“, erzählt Dr. Gostner, dessen Familie das Unternehmen in den 1970ern übernommen hat. Das Geschäft mit der Reinigung läuft gut. Viele Konkurrenten haben ihre Maschinen abgebaut, die Maschinenbauer die Produktion eingestellt. Jetzt, wo Nachhaltigkeit ein großes gesellschaftliches Thema ist, lässt sich dieser Service natürlich gut vermarkten. „Die Daunenreinigung zeigt, man muss Nachhaltigkeit nicht immer neu erfinden“, betont Stefan Grabher, Geschäftspartner von Dr. Gostner und Gründer der Textileigenmarke Mary Rose, ansässig in Dornbirn in Vorarlberg.
Seit Anfang der 1990er-Jahre arbeiten die beiden an einer Transformationsstrategie hin zu mehr Verantwortlichkeit. „Wir haben 1993 die erste Bio-Baumwolle verkauft. Die 90er waren ganz okay in Sachen Nachhaltigkeit. Nur hat man es damals Öko oder Bio genannt“, erinnert sich Grabher. „Dann kamen die 2000er, Fast Fashion und aus Deutschland ,Geiz ist geil’.“ Bei Tyrler war man allerdings nicht bereit, der Wegwerfgesellschaft in die Hände zu arbeiten. Die Philosophie des Unternehmens lautet: Nachhaltigkeit auf ganzer Linie! Dieses Konzept fußt auf vier Säulen: Arbeitsbedingungen, Rohstoffe, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz. Die Produkte der Eigenmarken werden in verschiedenen Bereichen von Zertifizierern und Auditierer kontrolliert und mit den entsprechenden Labels bedacht. Und mit denen lässt sich wunderbar werben.
„Wir sind zum Beispiel Fair Wear Mitglied“, erklärt Grabher. „Wir sind sogar Fair Wear Leader. Im Bereich Heimtextilunternehmen weltweit die einzigen.“ Die Österreicher produzieren auch in China und in der Türkei. „Baumwolle wächst nicht in Vorarlberg“. Das, so Grabher, muss er auch immer wieder seinen Kundinnen und Kunden erklären. Er besucht die Produktionsstätten mehrfach im Jahr. Zusätzlich kontrolliert die Fair Wear Foundation, ob dort sozial faire Arbeitsbedingungen herrschen. Die bei der Produktion verwendeten Rohstoffe sind GOTS-zertifiziert, es kommt also nur Bio-Baumwolle zum Einsatz. Alle Federn und Daunen bei Tyrler sind Downpass zertifiziert und somit umweltfreundlich und ethisch unbedenklich. Was die Kreislaufwirtschaft angeht, sind viele Produkte der Eigenmarke „cradle to cradle“ (C2C) zertifiziert. Die Produkte der C2C Gold Linie sind vegan und biologisch abbaubar. „Textilprodukte sind oftmals Sondermüll“, erklärt Grabher ein Branchenproblem. „Wir haben es aber geschafft, dass unsere Produkte eben kein Sondermüll sind und auch nicht unbedingt thermisch verwertet werden müssen. Warum einen Rohstoff verbrennen, wenn ich ihn rückführen kann?“
Verantwortungsbewusst shoppen: Tyrler weist überall im Geschäft auf das wichtige Thema Nachhaltigkeit hin.
Getreu dem Motto „ein Zertifikat ist gut, Kontrolle ist besser“ haben die Geschäftspartner mithilfe der Universität Innsbruck wissenschaftlich eruiert, in wie vielen Tagen die von ihnen produzierten C2C Bettwäschen und Handtücher abgebaut und zu Nährstoffen transformiert werden. „Ich habe mir vorher gedacht, wenn die Ware in 100 Tagen privat kompostierbar wäre, wäre das klasse“, erinnert sich Grabher. Das Ergebnis: Unter Laborbedingungen sind die Textilien in nur 35 Tagen rückstandslos kompostierbar.
Auch in der vierten Säule des hauseigenen Wertesystems, dem Klimaschutz, engagiert sich die Unternehmensführung. 2020 bekam die Marke Mary Rose dafür den Vorarlberger Klimaschutzpreis verliehen und war Finalist beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis. 2023 folgte dann für die C2C Produktlinie der European Green Products Award, bei dem Klimaschutz ebenfalls eine zentrale Rolle spielt. Die Tatsache, dass nicht immer alles lokal stattfinden kann, Fachkräftemangel ist einer der Gründe, heißt nicht, dass man seinen ökologischen Fußabdruck nicht im Blick hat. Davon sind auch Dr. Gostner und Stefan Grabher überzeugt. Ein effizienter LKW, eine Solaranlage auf der Produktionsstätte in der Türkei sind zwei Schritte in die richtige Richtung.
Der Fokus auf Tradition, Erfahrung und Service spiegelt sich auf der gut durchdachten Ausstellungsfläche wider.
Natürlich werden bei Tyrler auch Fremdwaren von Firmen angeboten, die eventuell einen geringeren Wert auf Nachhaltigkeit legen. Deshalb werden alle Lieferanten in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen bewertet. So lädt das Haus in Innsbruck jeden zum verantwortungsbewussten Shoppen ein. Die Logos der Zertifizierer und Auditierer sind omnipräsent und werden anschaulich erklärt. Es gibt auch ein Rückgabesystem: „Wir nehmen bei uns gekaufte Bettwäsche zurück und geben den Kunden dafür einen 10 Prozent Gutschein für ihren nächsten Einkauf“, so Dr. Gostner. In Rumänien werden die ausgemusterten Stücke zu Teppichen handgewebt und wandern wieder in den Verkauf. Zweimal im Jahr werden Flohmärkte veranstaltet, bei denen gereinigte Second-Hand-Bettwäsche, Musterstücke und leicht beschädigte Waren reduziert verkauft werden. Im Reparaturservice werden Knöpfe angenäht und Reißverschlüsse ausgetauscht. „Repair, Reuse, Recycle“ und der biologische Kreislauf am Ende des Lebenszyklus, so sollten Nachhaltigkeitskonzepte aussehen. Auch in der Textilbranche. Dass das möglich ist, zeigen Dr. Gostner und Stefan Grabher.
Unternehmerischer Nutzen lässt sich daraus auch ziehen. „Wenn ich Händlern etwas empfehlen darf, dann wäre es das, das Stöckchen der Nachhaltigkeit ganz schnell aufzunehmen“, so Grabher. „Ich würde Nachhaltigkeit viel fundamentaler sehen. Das ist die Handelschance. Das ist die Kommunikationsquelle. Das ist die Art, wie ich wertig verkaufen kann. Das ist die Quelle wie ich Umsatzzuwachs bekomme. Wir haben aktuell einen Umsatzzuwachs bei Tyrler und Mary Rose – das verdanken wir ausschließlich unserer Konzeption.“ Ökologie und Ökonomie schließen sich nicht aus, sondern befruchten einander. Und auch das ist ein schöner Kreislauf.
Vorbildliches Nachhaltigkeitskonzept des Jahres 2025