Wilhelm Hachtel - Ehrenpreis für das Lebenswerk 2017
Wilhelm Hachtel, MHZ Hachtel

Wilhelm Hachtel, MHZ Hachtel

Im Einsatz für den Sonnenschutz


„Warum bekommt ein 59-Jähriger eine Auszeichnung für sein Lebenswerk ?“, fragt Wilhelm Hachtel angesichts der Nachricht, dass ihm eben dafür der Heimtex-Star 2017 verliehen wird. Darum: Geehrt werden gemeinhin Persönlichkeiten – und dies völlig unabhängig von ihrem Alter –, die sich durch ein besonderes unternehmerisches Wirken hervorgetan haben, aber auch in einer ehrenamtlichen Tätigkeit aktiv und engagiert sind. Beides trifft allemal auf Wilhelm Hachtel zu, den Gesellschafter von MHZ Hachtel.

Mit Charisma und schwäbischem Understatement leitete Wilhelm Hachtel weit über drei Jahrzehnte den Sonnenschutz-Hersteller MHZ Hachtel in Leinfelden-­Echterdingen erfolgreich in zweiter Generation. Daneben amtierte er vierzehn Jahre als Vor­sitzender im Verband innenliegender Sicht- und Sonnenschutz (ViS). Inzwischen hat der Diplom-Ökonom zwar beide Positionen an seine jeweiligen Nachfolger übergeben. Dennoch bleibt er weiterhin dem Metier eng verbunden.

In der Branche gilt Wilhelm Hachtel als Visionär und Vordenker, der Zukunftsthemen erkennt und anstößt. Sein Leitgedanke: „Wie stelle ich mich zu den Menschen, zur Umwelt, zur Schöpfung ?“ Untrennbar mit ihm verknüpft ist die Initiative „Energiesparen mit Sonnenschutz“, auf den Weg gebracht 2009 im Rahmen einer ViS-­Jahrestagung. Ein Thema, das er „mit Begeisterung und Leidenschaft“ betreibt, weil es ihm besonders am Herzen liegt.

Manager im Unruhestand

„Die Sonnenschutz-Branche hat die Aufgabe, den Menschen ein nachhaltiges Leben hinter Fenstern zu ermöglichen“, ist ein typisches Hachtel-Zitat, prägnant formuliert und auf den Punkt gebracht. Beim Publikum ist der talentierte Redner für seine klugen, geistreichen Ansprachen und Vorträge bekannt und beliebt. Als rhetorisches Stilmittel streut er immer wieder eingängige Sätze ein, damit die Botschaft bei den Zuhörern ankommt und lange nachwirkt. Dabei untermauert er seine Thesen mit einem fundierten Wissen und hat dazu stets die passenden Zahlen, Daten und Fakten parat.

Auch wenn Wilhelm Hachtel von sich behauptet, im Ruhestand zu sein, hat der tatkräftige Manager diesen nicht wirklich angetreten. Er hat neue, spannende Aufgaben in der Verbandsarbeit übernommen, ist als Unternehmensberater tätig und gibt Coaching-Seminare. „Das ist der zweite Teil meines Lebens. Den ersten Teil habe ich schwerpunktmäßig MHZ gewidmet“, meint der Sohn des Firmengründers.

Wilhelm Hachtel sen. legte im Jahr 1930 mit dem „Mechanischen Hachtel Zug“ (MHZ), den Grundstein für den Betrieb am Stammsitz Musberg, einem Stadtteil von Leinfelden-Echterdingen. Ende der 50er Jahre erfand er die Kunststoffvorhangschiene, die Erfolgsgeschichte schrieb und MHZ bald zu einem führenden Anbieter moderner Dekorationselemente machte. Aktuell umfasst das Angebot in Maßanfertigung innen- und außenliegenden Sonnenschutz, Vorhangstangen und -schienen sowie Insektenschutz. Die Unternehmensgruppe beschäftigt rund 1.400 Voll- und Teilzeitkräfte und setzt etwa 140 Mio. EUR um. MHZ agiert im In- und Ausland mit fünf Tochtergesellschaften und neun Produktionswerken.

Schon als Kind in der Firma

„Mein Kinderzimmer befand sich innerhalb der Werksmauern in Musberg“, blickt Wilhelm Hachtel in die ausgehenden 50er-Jahre zurück. Die Firma sei „immer Teil der Familie“ gewesen. Die zählte vierzehn Kinder aus zwei Ehen: drei Söhne, einer starb im Kindesalter, und elf Töchter. Der 4-jährige Wilhelm durfte damals bei MHZ die Hauspost austragen. „Schon als kleiner Junge hat sich so etwas wie eine Selbstwirksamkeits­erfahrung ergeben“, analysiert er – die Erkenntnis, etwas lernen und bestimmte Aufgaben ausführen zu können. Bis zu seinem 17. Lebensjahr hatte Hachtel bereits alle Abteilungen in der Vorhangschienen-Produktion durchlaufen, vom Maschinenbau bis zur Spritzguss-Fertigung. Anschließend folgte ein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Stuttgarter Universität Hohenheim. Bis heute profitiere er von den dort vermittelten Kompetenzen, „große Mengen an Information methodisch zu strukturieren und zu durchdringen, bis hin zur Verbalisierung und Visualisierung“.

Ende der 1970er Jahre bahnte sich in der Branche ein Umbruch an. „Der Vorhangschienenmarkt ist damals implodiert, kollabiert“, sagt Hachtel. Großflächenanbieter boten preiswerte standarisierte Systeme an, maßgefertigte Schienen wurden deshalb immer weniger nachgefragt. Wilhelm Hachtel sen. blieb der Niedergang seiner Erfindung aber erspart. „1972, das Jahr mit dem höchsten Vorhangschienen-Ausstoß, war sein Todesjahr“, erinnert sich der Sohn. Was hat der MHZ-Gründer denn von Sonnenschutz­produkten gehalten ? Als er einmal darauf angesprochen wurde, habe er „relativ erzürnt“ geantwortet: „So etwas kommt mir nicht ins Haus!“

Neuausrichtung auf Sonnenschutz

Wilhelm Hachtel, MHZ Hachtel
Lange Jahre war Wilhelm Hachtel als Vorsitzender des Verbandes innenliegender Sonnenschutz aktiv.
Ein Wunsch, der sich allerdings nicht erfüllen sollte. Der Markt verlangte eine Neuausrichtung. Die Geschäftsführung musste auf die schwindende Nachfrage nach MHZ-Schienen reagieren und entschied klar: „Wir transformieren in Sonnenschutz.“ Das erste, 1976 eingeführte Produkt waren Vertikallamellen, zunächst gestartet mit einer Einmannfertigung, aber schnell wachsend. Anfangs gab es noch Optimierungsbedarf. „Ich bin als Student oft zu Endkunden gefahren und habe abgerissene Abstandshalter repariert“, stellt Wilhelm Hachtel zu seinen handwerklichen Fähigkeiten fest, die er bis heute pflegt und zusammen mit Gartenarbeit zu seinen Hobbys zählt.

Im Januar 1983 trat der junge Hachtel mit 26 Jahren in das Unternehmen ein und übernahm die Leitung der allgemeinen Verwaltung, das Controlling und war zugleich Assistent der Geschäftsführung. „Die beiden älteren Herren, einer davon mein Schwager, haben mich wohlwollend kritisch und durchaus konstruktiv auf meine Aufgabe vorbereitet“, erinnert er sich dankbar. Der Gesellschaftervertrag sah vor, dass der Junior an seinem 30. Geburtstag – im Juli 1987 – zum Geschäftsführer avanciert, mit Zuständigkeit für Vertrieb und Marketing.

In der Anfangsphase hatte der frisch gebackene Manager allerdings eine harte Nuss zu knacken. Für die Schienen-Produktion gab es 29 Werke, in der Regel Großschreinereien mit bis zu 1.000 m² Fertigungsfläche. Das waren deutlich zu große Kapazitäten. Der Großteil der Standorte musste geschlossen oder zum Konfektionsbetrieb für Jalousien, Rollos & Co. umgebaut werden. Über 600 Entlassungen standen an, die es sozialverträglich zu regeln galt. „Die Unternehmenskultur in Richtung Vertrieb auszurichten, war de facto meine Kernaufgabe über 20 Jahre“, betont Wilhelm Hachtel. Für den einzelnen Kunden verfügbar zu sein, war dabei sein Anspruch, gemäß dem Marketing-Begriff „Clienting – persönliche Nahbarkeit“.

Die oberste Führungsebene ist bei MHZ historisch mit drei Personen besetzt. Wilhelm Hachtels Bruder Jochen Hachtel ist seit 1998 Teil der Geschäftsführer-Troika, zuständig für den Bereich Technik und Produktion. Der Maschinenbau-­Ingenieur sei der „kreative Kopf“ in der Firma. Dritter im Bunde ist ein bewusst „familienneutraler“ Finanzgeschäftsführer. Die Unternehmensgruppe hat inzwischen den zweiten großen Generationswechsel absolviert. Wilhelm Hachtel übergab im Sommer 2015 den Stab an seinen Neffen Andreas Kopetschny, einen Enkel des Firmengründers. „Es ist schön, dass nun die dritte Generation erfolgreich am Ruder ist“, freut er sich über die Nachfolgeregelung. „Aber mancher ist erstaunt gewesen über den Zeitpunkt und die Geschwindigkeit meines Ausscheidens aus dem operativen Geschäft.“ Seine eigenen drei erwachsenen Kinder sind nicht im Familien­unternehmen tätig, es bestünden aber „Optionen“.

Aktiv in Verbänden und Initiativen

Gerne erinnert sich der MHZ-Gesellschafter an seine Vorstandstätigkeit beim ViS von 2001 bis 2014. „Es gibt im Verband auf der Basis der persönlichen Beziehung eine sehr offene Kultur.“ Das sei eine „zentrale Stärke“, die ihn motiviert habe, sich einzubringen. Unter seiner Ägide als Vorsitzender hat er der Branche entscheidende Impulse gegeben, allen voran mit der Initiative „Energieeffizienter Sonnenschutz“. Zudem wurden die Qualitätssicherung mit Verbands­marken verstärkt, PR-Aktionen initiiert und die ViS-­Geschäftsstelle in den Heimtextilien-­Verband in Wuppertal integriert.

Hachtels Verdienst ist auch, dass man das Netzwerken mit Nachbarverbänden ausbaute. Mit der jüngst von ihm angestoßenen „Koordinations­gruppe V“ führt er diese Aufgabe mit großem persönlichem Einsatz weiter. Industrie- und Handelsverbände aus dem innen- und außenliegenden Sonnenschutz bilden einen losen Verbund, um ihre Schlagkraft zu erhöhen, auch auf EU-Ebene. Und Wilhelm Hachtel verhandelt jetzt als Repräsentant für dieses Netzwerk in Brüssel.

Das Eigenheim der Familie Hachtel in Musberg liegt nur fünf Gehminuten von der MHZ-­Zentrale entfernt. „Es war ein Bekenntnis zum Unternehmen, mich hier anzusiedeln“, sagt der Hausherr. Die luftige Glas-Holzkonstruktion des 1994 bezogenen Hauses auf einem traumhaften Grundstück setzt stark auf die passive Energie­nutzung mit Lüftung und automatisiertem Sonnen­schutz. Womit wir wieder beim Lebensthema von Wilhelm Hachtel sind: „Es ist unsere Kernaufgabe, zukunftsträchtige Märkte zu entwickeln, die nicht im Bereich ökologischer Risiken liegen“ – auch so ein typisches Hachtel-Zitat.pla

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