Gläserne Werkstatt bietet Einblicke

Ein Erfa-Besuch und der Wunsch, sich nach zwei Jahren Corona einen neuen, frischen „Anstrich” zu verleihen, waren ausschlaggebend dafür, dass Victoria Lettl ihrem Fachgeschäft in Starnberg ein gründliches Makeover verordnet hat. Herzstück der Neugestaltung ist die gläserne Werkstatt, die sich perfekt in das neue Laden-Layout integriert. Umsetzung und Konzept überzeugte die Jury, die dafür den Heimtex Star 2023 in der Kategorie „Vorbildlicher Ladenbau” vergibt.

Raumdekor Lettl ist ein gut eingeführtes Fachgeschäft für gehobene Raumausstattung im finanzkräftigen Starnberg. Im Jahr 1949 von Großvater Karl Lettl als Malereibetrieb gegründet, hat sich das Unternehmen im Laufe der Jahre kontinuierlich verändert. 1977 steigen Sohn Karl Lettl jun. und seine Ehefrau Barbara in das Familienunternehmen ein und beziehen neue Geschäftsräume in der Hauptstraße. Aus „Farben – Tapeten Lettl” wird in der zweiten Generation „Raumdekor Lettl“. Die Umfirmierung schlug sich fortan auch in der Sortimentsgestaltung nieder: Zu den Farben und Lacken nebst Malereizubehör gesellten sich in den Folgejahren immer mehr textile Deko Produkte wie Gardinen und Teppiche.

Mit der Renovierung hat Victoria Lettl ein lang gehegtes Projekt umgesetzt: die gläserne Werkstatt. Die Kunden sollen live sehen, wie ihre Dekorationen konfektioniert werden und so einen Eindruck davon erhalten, wie die Preise für Handwerks-Leistungen zustande kommen.

Zum 30jährigen Bestehen von Raumdekor Lettl wird der Staffelstab 2007 an die dritte Generation abgegeben: Victoria Lettl, Tochter von Karl und Barbara Lettl, übernimmt das elterliche Unternehmen nach ihrer Ausbildung zur Raumausstatterin und dem Erwerb des Textil Betriebswirts in Nagold. Mit der Übernahme der Geschäftsführung einher geht ein kompletter Umbau des Ladens und eine klare Straffung und Neuausrichtung des Sortiments: der Farbenbereich wird deutlich reduziert, dafür wird das Segment Gardinen und Wohntextilien ausgebaut. Das sei, so sagt Victoria Lettl rückblickend, eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit gewesen, da die Konkurrenz der umliegenden Baumärkte im Bereich Farben und Lacke zu groß geworden war.

Anspruchsvolle Kunden

Näherei und Polsterei, die zwischenzeitlich ausgelagert waren, werden wieder ins Haus geholt und Victoria Lettl entscheidet sich, im Jahr 2007 einer Erfa Gruppe beizutreten. Mit mittlerweile elf Mitarbeitern werden die Kunden aus Starnberg und Umgebung bis hin nach München fachkundig beraten. Die Kundenstruktur ist, wie Lettel sagt, bunt gemischt aber insgesamt sehr anspruchsvoll. „Wir merken aber schon, dass es immer weniger alt eingesessene Starnberger gibt.”

Das Sortiment von Raumdekor Lettl ist inzwischen klar auf Textilien fokussiert. Gardinen, Deko- und Polsterstoffe stehen heute an erster Stelle, gefolgt von Produkten rund um den innenliegenden Sonnenschutz. Auch beim Thema Bodenbelag konzentriert sich der Betrieb auf Teppichboden und Teppiche nach Maß. „Wir sind auch auf dem Boden sehr textil”, sagt Victoria Lettl. Aufhängesysteme für Fensterdekorationen, Tapeten, Farben und Wohnaccessoires runden das Portfolio des Fachbetriebes ab.

2022 ist Zeit für die nächste Zäsur. „Wie vielen anderen ging es uns auch so, dass wir nach Corona eine Veränderung brauchten, etwas frischen Wind”, resümiert Victoria Lettl den Entschluss, dem Ladengeschäft eine neue Optik zu verpassen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Näherei im Untergeschoss angesiedelt. Genau das wollte Lettl mit der Renovierung ändern. „Ich hatte schon lange die Idee einer gläsernen Werkstatt im Kopf, jetzt war die Gelegenheit, das umzusetzen.”

Gläserne Werkstatt

Um die Näherei und Polsterei im Verkaufsraum zu integrieren, musste ein nicht unerheblicher Teil der Verkaufsfläche geopfert werden. Aber wohin mit den zahlreichen Mustern und Musterbüchern ? Not macht erfinderisch und so entstand die Idee zu einer überdimensional großen Theke, in der sämtliche Musterbücher versteckt werden können. Ein ortsansässiger Schreiner fertigte diese nach einem eigenen Entwurf von Victoria Lettl an, Vater Karl war zuständig für die Gestaltung der Front. Dem neuen Laden-Layout liegt das Konzept einer Hotel Lobby zugrunde: die Rezeption als Empfangszone, darum verschiedene kleine Lounges angeordnet, die hier als Beratungszone dienen und als Clou der Blick in die „Küche”, die bei Raumdekor Lettl die Werkstatt ist.

Innenliegender Sonnenschutz nimmt im Angebot bei Raumdekor Lettl einen großen Raum ein.

„Alles, was wir zeigen, verkaufen wir gut”, weiß Victoria Lettl. „Unser Schaufenster und unser guter Ruf sind unsere beste Werbung, deshalb legen wir großen Wert darauf, immer wieder neu zu dekorieren, um unseren Kunden möglichst viele Impulse und Anregungen zu geben.” So wurde auch die 4 x 4 Meter große Schaufensterfront im Zuge der Renovierung erweitert und zum Ladengeschäft hin geöffnet. Das schafft mehr Platz und sorgt für Transparenz.

Wie kann man Endverbraucher stärker an das Thema textile Einrichtung heranführen ? Welche Informationen sind in der Kommunikation wichtig ? Um diesen Fragen nachzuspüren, hat Victoria Lettl in ihrer Erfa-Gruppe unter dem Begriff „Mein Wohnpaket.de” ein Konzept für Endverbraucher etabliert. Nach Stilwelten sortiert, werden dort kleine oder wahlweise große Mini- bzw. Maxi-Pakete geschnürt, die der Kunde online bestellen kann, um bei sich Zuhause eigene Wohnideen umzusetzen. Je nach Größe besteht das Paket aus einer Fensterdekoration, passenden Wohntextilien wie Kissen und Plaids, Wandfarben oder Tapeten zur Gestaltung einer Akzent-Wand. Alle Artikel werden auf Maß angefertigt.

Mit dem Konzept hofft Victoria Lettl, mehr Menschen für das Thema Wohnen zu begeistern und zu einer Wertschätzung und einem Bewusstsein für handwerkliche Leistungen beizutragen. Hier sieht die Geschäftsfrau noch erheblichen Handlungsbedarf. „Es kann nicht sein, dass wir als Raumausstatter dauerhaft für Beratungsleistungen und Service wie Aufmaß nehmen, nichts berechnen.”

Michaela Fischer