Gestalterin, Therapeutin – und „Butler“

In Katja Schulzes Beratungsgesprächen geht es meist um mehr als nur um die neue Wohnraumgestaltung: Die Raumausstattermeisterin mit systemischer Coaching-Ausbildung spürt gemeinsam mit ihren Kunden zentralen Wünschen und Themen nach – und findet dadurch kreative, individuelle Lösungen, die perfekt passen. Für ihr „vorbildliches Wohncoaching“ erhält sie den Heimtex Star 2023.

„Wer sind Sie, und wer wollen Sie sein ?“ Was sich zunächst anhört wie eine Frage aus der Lebensberatung, bedeutet oft den Beginn einer wunderbaren Wohnraumtransformation: von der Chaosbude zum liebevoll-kreativ gestalteten Nest. Von der kahlen Neubauwohnung zum individuellen Zuhause. Immer so, dass es zu den jeweiligen Bewohnerinnen und Bewohnern passt: zu ihrer Lebenseinstellung, ihren Bedürfnissen, ihrem Charakter. Manchmal kommt dabei etwas ganz anderes heraus, als die Auftraggeber sich anfangs vorgestellt haben – ein echter Aha-Moment ist das dann.

Raumausstattermeisterin und systemische Beraterin

Die Therapeutin, die zwischen den Menschen und ihren vier Wänden vermittelt, ist die Raumaustattermeisterin und Feng-Shui-Beraterin Katja Schulze, die zusätzlich über eine mehrjährige systemische Coaching-Ausbildung verfügt: ein ganzheitlicher psychotherapeutischer Ansatz, der das gesamte Umfeld der ratsuchenden Person mit einbezieht. „Tatsächlich wollte ich ursprünglich Psychologin werden“, erzählt Schulze. „Dann ist es anders gekommen, und ich habe meine Leidenschaft fürs Gestalten zum Beruf gemacht.“ Die Faszination für die menschliche Psyche ließ sie trotzdem nicht los, jetzt kombiniert sie in ihren Beratungsgesprächen beides.

Ihren eigenen Wohnstil beschreibt Katja Schulze als „kreativ-minimalistisch“.

Wie man sich das vorstellen kann ? Ganz locker und ungezwungen: Zunächst schildert der Kunde bei Kaffee oder Tee, was er an seinen Räumen verändern will. Man kommt ins Gespräch, Katja Schulze hört aufmerksam zu, greift behutsam Themen auf. Lässt der Kunde sich darauf ein, gewinnt die Unterhaltung an Tiefe; bald geht es nicht mehr bloß um die Einrichtung. „Kennen Sie diese sehr intensiven Zuggespräche mit fremden Menschen ?“ So ähnlich sei es in Schulzes Beratungsgesprächen. Denn: Will jemand seine Wohnräume neu gestalten, will er häufig auch sein Leben ein bisschen verändern. „Und wenn für mich so etwas durchklingt, kommt bei mir der Systemcoach durch, und ich frage genauer nach: Was genau stört Sie an Ihrem bisherigen Leben ? Was möchten Sie ändern ? Wie sehen Sie sich, und wo möchten Sie hin ?“

Service aus Leidenschaft und Überzeugung

Klar, dass es gleichzeitig auch ganz praktisch um Bedarfsklärung geht. Um Stauraum, darum, ob Haustiere vorhanden sind. Ob die Bewohner viel Besuch bekommen, wo ihre Kinder spielen, ob sie sich jeweils Rückzugsräume wünschen. Entsprechend wird geplant. Bei der Umsetzung stehen Katja Schulze zwei Auszubildende und drei Gesellen zur Seite. Außerdem kooperiert sie mit ihr bekannten Handwerksbetrieben: mit Malern, Tischlern, Bodenlegern. „Aber wenn der Kunde jemand anders beauftragen will, ist das auch okay.“ Stellt sich bei der Ideenfindung heraus, dass die Elektrik neu verlegt werden muss, weiß Schulze, wen sie hinzuziehen kann. „Wenn gewünscht, kümmere ich mich um die gesamte Einrichtung – mit allem, was dazugehört.“ Nach zwölf Jahren Selbstständigkeit in der Region Bremerhaven kennt die quirlige, kommunikative Raumausstatterin viele Menschen; sie ist eine ausgezeichnete Netzwerkerin. „Ich liebe es, Leute zu hofieren. An mir wäre ein guter Butler verlorengegangen.“ Katja Schulze ist aus Überzeugung und mit Leidenschaft bei der Sache, das wird deutlich. „Klar, ich will auch Geld verdienen – aber ich freue mich, wenn ich die Menschen mit meiner Arbeit ein bisschen glücklicher machen kann.“

Die Qualität ihrer Arbeit spricht sich in der ländlich-familiär geprägten Region herum, also wenden sich die meisten aufgrund von Empfehlungen an den Raumausstatterbetrieb. Die Aufträge reichen von einzelnen Vorhängen über die Einrichtung von Räumen bis hin zu ganzen Wohnungen oder Häusern, auch einige Objekte sind dabei. Immer mal wieder sind es auch Ehepaare, die kurz vor der Rente noch einmal renovieren wollen – oder die ihr Haus verkaufen, um in eine Stadtwohnung zu ziehen, und entsprechend viel Geld für die Raumgestaltung zur Verfügung haben. Gerade bei diesen Projekten steckt laut Schulze „häufig ein Beziehungsthema mit drin“. Da heißt es für sie: sensibel sein, aufmerksam zuhören, vermitteln … und Wohnlösungen finden, die für beide passen. „Bei älteren Menschen geht es ja auch oft um die Bewusstwerdung, dass der Umzug vermutlich der letzte sein wird. Wenn ich das anspreche, sind die Menschen in der Regel erleichtert.“ Und weil Schulze schon einige solcher Aufträge umgesetzt hat, kann sie den Kunden aus ihrem Erfahrungsschatz berichten, ihnen von vorigen gelungenen Projekten erzählen, sie „ein bisschen an die Hand nehmen“, wie sie sagt.

Bewohnte Ausstellungsräume

Je nach Projektgröße gibt es ein, zwei drei oder mehr Beratungstermine, bis alles geklärt ist. Eine Regel sei, dass es keine Regel gebe. Inspirieren lassen können sich die Kunden unter anderem in Katja Schulzes nach Feng Shui gestaltetem neuem Ladengeschäft, das fließend in das insgesamt 95 m2 große Haus übergeht, das sie mit ihrer Tochter bewohnt. Auch diese Räume stehen den Kunden offen. Und: (Fast) alles darin ist verkäuflich: der Esstisch, die chicen, samtbezogenen Stühle. Ob sie das nicht komisch fände, wenn Kunden durch ihre Zimmer liefen, hätten Freunde und Bekannte sie gefragt. „Überhaupt nicht“, sagt sie, „im Gegenteil: Ich bin ja selbst auch immer bei den Leuten zu Hause. Auf diese Weise kann ich ihnen etwas zurückgeben. Wir zeigen uns unsere Räume gegenseitig.“

Das Ladengeschäft mit den angeschlossenen Wohnräumen ist ein klimaneutraler Neubau, den Katja Schulze mit ihrer Tochter erst im Juni 2022 bezogen hat. Ergeben hat sich der Umzug durch „Glück im Unglück“ und – wie so oft bei Katja Schulze – viel Kreativität, Spontaneität und Netzwerk-Geschick: Zunächst war ihr Raumausstatterbetrieb an einem anderen Standort in Loxstedt untergebracht, den Schulze aber wenig repräsentativ fand. Über einen Bekannten erfuhr sie von einem Grundstück, das zum Verkauf stand und perfekt erschien. Während der Planungsphase wurde ihr wegen Eigenbedarfs der Mietvertrag für das Haus gekündigt, in dem sie mit ihrer Tochter lebte. „Ich habe zunächst nach einem anderen Mietobjekt für uns gesucht … aber dann habe ich gesagt: „Ach, komm, wir haben jetzt ein Grundstück, dann bauen wir eben unsere Wohnräume mit dran und nutzen sie gleichzeitig als Ausstellungsfläche.“

„Das Wichtigste ist Authentizität“

Ihren eigenen Wohnstil beschreibt Katja Schulze als „kreativ-minimalistisch“. Die Räume sind farbenfroh und fantasievoll eingerichtet, aber ohne Firlefanz. Ausdrucksstarke Töne und ungewöhnliche Ideen machen der Raumausstattermeisterin Spaß, hier fährt sie zur Höchstform auf. „Wenn ich einen besonders guten Einfall habe, spüre ich ein Ziehen im Nacken. Dann weiß ich: Das ist es!“ Wie zum Beispiel im Gespräch mit einem Interessenten, der eigentlich nur den richtigen Grauton für seine Wände gesucht hat … bis Katja Schulze ihm den Vorschlag unterbreitete, doch auf eine Wand eine digital gedruckte Fototapete aufzubringen. Der Kunde ließ sich mutig darauf ein, und so entstand ein toller, geschmackvoller Blickfang. „Die Leute, die mich kennen, vertrauen mir, dass es schon gut wird, wenn ich etwas plane. Und am Ende sind sie dankbar dafür, dass sie eben etwas Individuelles haben, womit sie sich identifizieren.“

Auch die Wohnräume stehen den Kunden offen. Und: (Fast) alles darin ist verkäuflich.

Natürlich kann Katja Schulze auch cremefarben, beige und grau, Ton-in-Ton und ganz dezent. Letztlich erscheine das einigen Kunden doch am sichersten, gerade in den ländlichen Regionen. „Das ist natürlich völlig in Ordnung; ich setze um, womit sich die Auftraggeber am wohlsten fühlen, und sorge dann dafür, dass es richtig gut wird.“ Das Wichtigste sei Authentizität: dass die Räume letztlich auch zu ihren Bewohnern passten. Niemandem wird etwas aufgezwungen. Und nicht immer immer berühren die Gespräche persönliche Themen. Zum einen sei das einfach nicht jedermanns Sache oder Wunsch, zum anderen gehe es manchmal auch ganz geradeheraus um ein einzelnes Plissee oder einen Vorhang. „Ich bin gut genug ausgebildet, um herauszuspüren, wie weit ich mich vortrauen darf“, so Schulze. „Grundsätzlich bin ich ja auch Unternehmerin; ich muss nicht alles in Frage stellen.“

Katja Schulze holt die Menschen dort ab, wo sie stehen. Und bleibt dabei immer sich selbst treu. Das bedeutet, dass die überzeugte Veganerin keine Tierprodukte mehr verkauft: keine Lederprodukte und auch nichts, das Federn oder Daunen enthält. Gleichzeitig hat sie sich den Kindheitstraum erfüllt, ein großes Auto zu fahren. Über Instagram kommuniziert sie sehr spontan und lebhaft ihre Ideen und Gedanken; immer mal wieder finden in ihren Räumen Feng-Shui-Abende statt. „Es ist mir ein persönliches Anliegen zu zeigen, dass man auch anders leben kann – ohne dabei dogmatisch zu sein“, erklärt Schulze, für die der Beruf gleichzeitig Berufung ist.

Meike Stewen