Der Raumausstattung Keyser - Vorbildlicher Generationswechsel 2025
Der Raumausstatter Keyser, Straubing
Auf Umwegen zum Traumjob
Judith Ebenbeck war keines der Unternehmerkinder, das im Familienbetrieb ein und aus geht. Auch mit ihrem Studium der Kunstgeschichte zeichnete sich nicht ab, dass sie die Geschäfte ihres Vaters einmal übernehmen würde. Jetzt ist es doch so gekommen, und zwar auf vorbildliche Weise. Für diesen Generationswechsel geht der Heimtex Star 2025 nach Straubing.
Der Raumausstatter Keyser im niederbayerischen Straubing hat schon einige Führungswechsel hinter sich. Der 1948 von Magnus Keyser gegründete Betrieb wurde 1966 in die Hände der Brüder Rupert und Hermann Ebenbeck übergeben. Von da an sollte es aus den zwei Familienzweigen immer eine Doppelspitze in der Geschäftführung geben. Auf Rupert Ebenbeck folgte sein Sohn Walter, auf Hermann Ebenbeck dessen Sohn Martin. Dass Walter Ebenbeck seine Firmenanteile einmal an seine Tochter abgeben würde, war allerdings nicht abzusehen.
Vom Kunststudium zu einem Job wie gemalt
„Ich habe in München meinen Bachelor in Kunstgeschichte gemacht“, erzählt Judith Ebenbeck. „Dann wurde ich in von der Agentur, für die ich gearbeitet habe, mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Kulturförderung von BMW betraut.“ Dabei hat sie viel gelernt, aber der Agenturalltag war hart und wenig lukrativ; es folgte eine Zeit des beruflichen Umbruchs.
Im Dezember 2015 ging das Lebenswerk ihres Vaters in Flammen auf, das Firmengebäude in der Straubinger Innenstadt brannte vollständig ab. Walter Ebenbeck machte sich umgehend an den Wiederaufbau – und in der Tochter wuchs der Wunsch, doch ins Unternehmen einzusteigen. „Das alte Gebäude war lange ein reiner Zweckbau, den wir als Lager genutzt haben“, erklärt Judith Ebenbeck. „Dann hat man in die Front zwei Schaufenster geschnitten und von hier aus verkauft.“ Im Gegensatz dazu wirkte er Neubau deutlich attraktiver auf die Tochter. „Ich habe mir gedacht, dass ich hier so viel selbst gestalten und entscheiden, ja mir meinen eigenen Traumjob basteln könnte.“
Erst Praktikum, dann Weiterbildung
Gesagt, getan: Judith Ebenbeck fing im Oktober 2016 noch vor der Wiedereröffnung bei ihrem Vater an. Die Erfahrungen aus dem Agenturalltag kamen ihr sofort zugute: Sie hat das Eröffnungs-Event geplant und Marketingaufgaben übernommen. „Ich bin aber nicht als Geschäftsführerin einmarschiert, sondern habe mir in einem Traineeship alles in Ruhe angeschaut.“
Aus dem Praktikum wurde eine Festanstellung mit der Aussicht, die Firma einmal zu übernehmen. Ebenbeck näherte sich dieser Zukunftsaussicht mit Ernsthaftigkeit und Realismus: „Mir war klar, dass mich Kunstgeschichte nicht auf den betriebswirtschaftlichen Teil einer Unternehmensleitung vorbereitet hat.“ Sie machte deshalb eine berufsbegleitende Weiterbildung über die Akademie Handel, an deren Ende der IHK-Abschluss Geprüfte Handelsfachwirtin stand. Dass sie den praktischen Teil im familieneigenen Haus absolvierte, war von Vorteil.
Das 2015 abgebrannte Firmengebäude wurde durch einen imposanten Neubau ersetzt. Dafür gab es 2018 schon einen Heimtex Star.
Außerdem war sie Stipendiatin der Rid Stiftung und durchlief das Programm „Unternehmensführung im Handel“. Judith Ebenbeck ist vom Angebot der von Dr. Günther Rid (Bettenrid) gegründeten Stiftung begeistert: „Das Programm ist sehr auf Führungspositionen augelegt. Es geht im Grunde darum, den Nachwuchs des bayerischen Einzelhandels zu fördern.“ Unterrichtet wurde in Blöcken zu Schwerpunkten wie Marketing, Betriebswirtschaft oder Personal. Beim Thema Personal und Führungsstil spricht sie heute von „liebevoller Penetranz“. Veränderungen durchzusetzen, sei nicht immer leicht. Doch es hilft, dass die junge Chefin Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen intensiver in Entscheidungen einbezieht und mitarbeiterfreundliche Neuerungen wie flexible Arbeitszeitmodelle etabliert hat.
Schrittweise Übergabe
Gut gerüstet durch die Weiterbildungen war es schließlich an der Zeit, den Übergabeprozess einzuleiten. 2020 wurden mit einem Steuerberater die Formalien geklärt. 2021 bekam Judith Ebenbeck die Firmenanteile ihres Vaters überschrieben. Die andere Hälfte hält nach wie vor dessen jüngerer Cousin Martin. Gemeinsam führen sie das Geschäft, dessen Schwerpunkt bei Bodenbelägen liegt; von den aktuell 14 Beschäftigten sind sieben Bodenleger. Vorhänge, Möbelstoffe und innenliegender Sonnenschutz, vereinzelt Polsterarbeiten und der Verkauf von Möbeln ergänzen das Geschäft.
Mit der Übernahme der Anteile wuchsen sowohl die Verantwortung als auch Judith Ebenbecks unternehmerischer Aufgabenbereich. Die Einsatzplanung der Bodenleger fällt heute genauso in ihr Zuständigkeit wie die Betreuung der Großkunden sowie die Kalkulation dieser Aufträge. Walter Ebenbeck hat diese Dinge schrittweise an seine Tochter übergeben. Auch weil das gut gelungen ist, war er zuletzt nur noch drei Tage die Woche im Haus.
Für eine reibungslose Übergabe ließ sich das gut eingespielte Vater-Tochter-Team von dem Unternehmensberater Dieter Perk vom FHR-Verbund beraten. So etwas empfiehlt die Chefin auch anderen Familien, die am Generationswechsel arbeiten. Sie selbst hat schnell von den Tipps des Profis profitiert und nennt ein konkretes Beispiel: „Mein Vater war immer vor mir in der Firma, zur gleitenden Anfangszeit der Bodenleger, und hat mit ihnen alles besprochen. Als ich dann kam, saßen schon alle in ihren Autos und meinten zu mir, für mich sei nichts mehr zu tun.“ Nachdem dies als Problem erkannt wurde, kam der Seniorchef später in den Betrieb. Seitdem laufen die morgendlichen Besprechungen mit der Juniorchefin.
Notwendiges bewahren und Neues etablieren
Neben den Dingen, die Judith Ebenbeck von ihrem Vater übernehmen konnte, hat sie auch Neuerungen etabliert: „Wir rechnen anders ab. Die Zeit für Kleinigkeiten wie das Bügeln von Gardinen wird jetzt an den Kunden weiterverrechnet.“ Außerdem gab es einen Wechsel des Steuerberaters – von einem aus der Generation ihres Vaters zu einem aus der Generation der Tochter. Und sie hat sich um Förderungen der KfW und der Stadt Straubing für die Begrünung von Schotterflächen vor der Firma gekümmert.
Das Sortiment umfasst neben Teppichböden, Designbelägen, Parkett und Kork sowie Vorhängen, Möbelstoffen und Sonnenschutz auch Möbel und Accessoires.
Eine größere Herausforderung in naher Zukunft wird es sein, wenn sich mehrere Mitarbeiter in den verdienten Ruhestand verabschieden und für diese Ersatz gefunden werden muss. Dabei könnten ihre neuen Ansätze beim Ausbilden Früchte tragen. „Die Männer verkaufen bei uns Böden, die Frauen Gardinen. Das will ich ändern. Unser aktueller Auszubildender ist der erste, der in beide Abteilungen reinschnuppern soll.“
All diese Neuerungen hat der Vater miterlebt und abgenickt. Seit Januar 2025 ist das vorbei, er hat sich endgültig aus dem Betrieb zurückgezogen. Seine Tochter ist sich sicher, dass er sich ohne die Firma nicht langweilt. Und noch etwas weiß und beruhigt sie: „Wenn ich ihn anrufe und es wichtig ist, wird er auch in Zukunft sofort herkommen.“
Vorbildlicher Generationswechsel des Jahres 2025